Des Teufels Werk
Gesicht. »Ich hätte ihm sagen müssen, wie schlecht es ihr ging, dann hätte er das nicht getan.«
»Das hatte ihm doch bestimmt Madeleine schon erzählt.«
»Glaube ich nicht«, widersprach Jess. »Die beiden reden ja kaum noch miteinander.«
»Sagt wer? Nathaniel?«
»Er hat nicht gelogen.«
»Ach, hören Sie auf!«, sagte ich verärgert. »Der Mann ist doch ein komplettes Arschloch. Wechselt die Seiten, wie es ihm gerade passt, schwenkt seinen Pinsel vor jeder Frau, die bereit ist, ihn zu bewundern, und bildet sich dann ein, er brauchte nur da wieder anzuknüpfen, wo er abgebrochen hat. Glauben Sie vielleicht, er erzählt Madeleine, wohin er fährt, wenn er hier herunterkommt, um Sie zu besuchen? Nie im Leben. Das tut kein treuloser Ehemann.«
Jess griff sich verzweifelt an den Kopf. »Sie sind schlimmer als Peter. Ich bin schließlich nicht total blöde, falls Sie es noch nicht gemerkt haben sollten. Vielleicht erinnern Sie sich, dass
ich Ihnen
gesagt habe, was für ein Schwein Nathaniel ist. Ich mag ihn nicht. Ich habe ihn nie gemocht. Nur eine Weile –
geliebt.«
»Warum wollen Sie ihn dann schützen?«
Jess war an diesem Abend voller Seufzer. »Das tue ich doch gar nicht«, erklärte sie. »Ich versuche nur zu verhindern, dass dieses ganze verdammte Schlamassel noch weiter ausufert. Ich bin der Meinung, mein Leben gehört keinem außer mir. Haben Sie noch nie gewünscht, sie könnten ein Geheimnis so tief vergraben, dass niemand es je aufdecken wird?«
Doch, natürlich, und das wusste sie auch.
16
Einer der Hunde kläffte plötzlich hoch und schrill, und wir sahen einander erschrocken an. Als es danach still blieb, atmete Jess auf. »Sie spielen nur«, sagte sie. »Wenn da draußen jemand wäre, würden sie alle gemeinsam bellen. Aber richtig.«
Ich teilte ihr Vertrauen nicht. »Ist die Hintertür noch abgeschlossen?«
»Ja.«
Ich schaute zum Fenster, aber die Dunkelheit draußen war undurchdringlich. Wenn der Mond aufgegangen war, so befand er sich hinter Wolken, und mir kam in den Sinn, wie deutlich ich vorhin Jess in der erleuchteten Küche gesehen hatte, angestrahlt wie eine Schauspielerin im Rampenlicht. Gerade so deutlich sichtbar waren wir beide jetzt für jeden, der draußen stand.
»Wir sind hier nicht im günstigsten Zimmer«, sagte ich nervös. »Es ist das einzige, das keine zwei Ausgänge hat.«
»Wenn Sie Angst haben, dann rufen Sie die Polizei an«, schlug Jess vernünftig vor, »aber die werden frühestens in zwanzig Minuten hier anrücken – und ich würde lieber nicht blinden Alarm schlagen. Das ist eine weite Fahrt für nichts und wieder nichts. Die Hunde beschützen uns schon.«
Ich bückte mich, um Spazierstock und Axt aufzuheben, die auf dem Boden lagen. »Nur für den Fall«, sagte ich und reichte ihr den Stock. »Ich nehme die Axt.«
»Anders herum wäre es mir lieber«, entgegnete sie lächelnd. »Mit Ihnen und dem Ding da in einem geschlossenen Raum, das ist mir nicht geheuer. Entweder hauen Sie es sich selbst auf den Kopf, wenn Sie versuchen, es in die Höhe zu schwingen – oder Sie lassen es fallen, und es kracht mir auf den Schädel. Falls Sie irgendwo in den Armen Muskeln haben, ist mir das bisher nicht aufgefallen. Hier.« Sie tauschte die Waffen und legte die Axt neben sich auf den Stuhl. »Nehmen Sie den Stock beim unbeschwerten Ende und versuchen Sie, seine Beine zu treffen. Wenn Sie Glück haben, brechen Sie ihm die Kniescheiben. Wenn Sie Pech haben, brechen Sie sie mir.«
Ich nehme an, man merkte mir meine Angst an, denn sie lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf den Computerbildschirm. »Sie wollten doch wissen, wie es kam, dass uns am Ende mehr Land gehörte als den Wrights. Welche Version wollen Sie hören? Die meiner Großmutter oder die von Lily?«
Sie tat das nur, um mich abzulenken, denn freiwillig rückte sie niemals mit Informationen heraus. Ich nahm mich zusammen und versuchte, auf ihre Frage einzugehen, während mein Ohr weiterhin darauf konzentriert blieb, jedes mir unbekannte Geräusch zu registrieren. »Sind sie denn so unterschiedlich?«
»Wie Tag und Nacht. Wenn man meiner Großmutter glaubt, hat mein Urgroßvater das Land gekauft, als Lilys Vater das Tal verhökerte, um die Erbschaftssteuern bezahlen zu können. Alles auf dieser Seite der Straße wurde von einem Mann namens Haversham aufgekauft, alles auf unserer Seite nahmen wir. Joseph Derbyshire nahm dafür ein Darlehen auf und vergrößerte unseren Besitz von fünfzig auf
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