Des Teufels Werk
inzwischen schmeißt sie wahrscheinlich mit Vasen nach ihm.«
»Ich verstehe nicht. Was für einen Vorsprung?«
»Bei der Scheidung – beim Streit um die gemeinsame Eigentumswohnung, um das Sorgerecht für das Kind. Wenn er schnell genug gehandelt hätte, hätte er Madeleine, noch bevor sie dahintergekommen wäre, dass sie übergangen worden war, vielleicht überreden können, alles ihm zu überlassen – auch das Kind. Sie hatte im Prinzip auch schon zugestimmt, unter der Bedingung, dass er weder auf Barton House noch auf Lilys Geld Anspruch erhob.« Sie nahm meine angewiderte Miene über die Art, wie hier ein Kind verschachert werden sollte, lächelnd zur Kenntnis. »Sie benützt Hugo als Druckmittel, weil sie weiß, dass Nathaniel niemals ohne ihn gehen wird. Das mit den Vasen war kein Witz.«
»Aber –« Das alles überstieg mein Begriffsvermögen. »Heißt das, dass er eine Scheidung will und sie nicht?«
»Nicht direkt. Sie wird sich sofort von ihm scheiden lassen, wenn sie über das Haus hier verfügen kann, aber keinesfalls vorher. Dann müssten sie nämlich die Wohnung verkaufen und sich den Erlös teilen, und darauf hat sie überhaupt keinen Bock.«
»Warum nicht?«
»Weil sie dann mit ihrer Hälfte in einem spießigen kleinen Vorort wie Neasden landen würde. Im Moment wohnen sie in Pimlico. Mit einem Mann zusammenzuleben, den sie hasst, ist ihr immer noch lieber als sozialer Abstieg. Das Taschengeld von Lily bekommt sie jetzt ja nicht mehr. Aber Nathaniels Gehalt ist wenigstens –« Jess brach abrupt ab, als heiseres Gebell aus fünf Hundekehlen die nächtliche Stille draußen zerriss. »Okay«, sagte sie ruhig und umfasste den Stiel der Axt mit beiden Händen. »Wir haben Besuch. Was wollen Sie tun? Feststellen, wer es ist oder abwarten und die Polizei anrufen?«
Ich starrte sie in hellem Entsetzen an. Hatten wir denn eine Wahl?
»Sie entscheiden«, sagte sie mit gefährlich blitzenden Augen, während draußen die Hunde unablässig weiterbellten. »Wollen Sie den Wichser vertrimmen, dass ihm Hören und Sehen vergeht – oder ihn in seinem Glauben bestärken, dass Frauen leichte Beute sind?«
Ich hätte gern gesagt, wir könnten ja beides tun – die Polizei anrufen
und
den Wichser vertrimmen. Ich hätte gern gesagt, es sei vielleicht gar nicht MacKenzie. Ich hätte gern gesagt, dass ich Todesangst hatte. Aber sie war schon auf halbem Weg durchs Zimmer, während ich noch überlegte, und ich konnte es sie doch nicht allein mit dem aufnehmen lassen, was da draußen wartete. Also packte ich den Spazierstock und ging mit ihr. Was hätte ich sonst tun sollen?
Hinterher ist man immer schlauer, aber da ist ja der Adrenalinschub, der einen im kritischen Moment antreibt, auch schon wieder verebbt. Ich hatte so viel Vertrauen zu Jess und ihren Hunden, dass ich unser Verhalten keineswegs tollkühn fand. Trotz allem, was sie mir erzählt hatte – von ihren Panikattacken und dem Selbstmordversuch –, und trotz meiner persönlichen Erfahrung mit ihrer offenkundigen Beunruhigung an dem Tag, als ich sie von der Küche aus angerufen hatte, war sie für mich nie jemand, der sich leicht fürchtete. Das war
meine
Rolle. Connie Burns war der Feigling, der mit eingezogenem Kopf in der Ecke kauerte, nicht Jess Derbyshire.
Das Absurde war, dass es zu Furcht überhaupt keinen Anlass gab. Der späte Besuch war nicht MacKenzie, sondern Peter im Kreis bellender Mastiffs, und Jess machte ihn natürlich erst einmal fertig, weil er uns so einen Schrecken eingejagt hatte. Sie rief die Hunde zu sich und kanzelte ihn dafür ab, dass er nicht vorher angerufen hatte. »Ich hätte dir leicht das Ding hier auf den Kopf schlagen können«, fauchte sie ihn wütend an, während sie mit der Axt vor ihm herumfuchtelte.
Er sah im Licht, das aus der offenen Hintertür und dem Küchenfenster strömte, genauso wütend aus. »Ich hätte
natürlich
angerufen, wenn ich geahnt hätte, dass du mir diese verdammten Biester auf den Hals hetzst«, versetzte er. »Was ist denn in sie gefahren? Sie haben mich noch nie vorher angebellt. Da kriegt man es ganz schön mit der Angst.«
»Das ist der Zweck der Übung«, gab sie bissig zurück. »Du hast dich ja auch noch nie an sie angeschlichen. Was willst du überhaupt noch? Es ist fast elf Uhr.«
Er holte ein paarmal tief Luft, um sich zu beruhigen. »Ich war auf der Heimfahrt von einer Ärzteveranstaltung in Weymouth, hatte bei dir auf dem Hof kein Glück, sah, dass bei Connie noch Licht
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