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Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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fassen.
    Vielleicht war es auch Peter ungemütlich. »Ich seh mal nach«, sagte er und stand auf. »Aber hören Sie bitte auf, so ein verdammt ängstliches Gesicht zu machen. Man müsste schon auf Wasser wandeln können, um an diesen Kötern vorbeizukommen.« Er lächelte. »Glauben Sie mir. Ich habe noch die blauen Flecken.«

17

    Wie lange wartet man unter solchen Umständen? In meinem Fall sehr lange. Ich sagte mir, Peter und Jess hätten ein kleines Gespräch unter vier Augen, und es wäre das Gescheiteste, sie dabei in Ruhe zu lassen, aber ich klebte die ganze Zeit am Fenster und beobachtete Jess' Hunde, wie sie durch den Garten streiften. Irgendwann entdeckten mich zwei hinter dem Glas und kamen mit wedelnden Schwänzen angetrottet, voll Hoffnung auf etwas Essbares. Konnte an diesen Hunden jemand unbemerkt vorbeigekommen sein? Die Logik sagte nein, doch der Instinkt sagte etwas andres, und mir stellten sich sämtliche Haare auf. Wenn MacKenzie von irgendetwas eine Ahnung hatte, dann von Hunden.
    Ich erinnere mich, dass ich mir eine Zigarette anzünden wollte, aber meine Hände zitterten so heftig, dass ich die Flamme nicht einmal in die Nähe der Zigarette brachte. Würde Peter, der wusste, wie leicht ich in Panik geriet, mich wirklich Jess' wegen einfach hier sitzen lassen, ohne mich wenigstens durch einen Zuruf, dass alles in Ordnung sei, zu beruhigen? Und wieso konnte ich die beiden nicht hören? Seine Art um Jess zu werben ging mit gutmütigen Frotzeleien einher, und er war unfähig, mehr als ein paar Minuten mit Jess zu sprechen, ohne zu lachen.
    Schließlich beschloss ich, die Polizei anzurufen. Es sprach zwar alles dafür, dass sie bei ihrer Ankunft allenfalls Jess und Peter auf frischer Tat auf dem Sofa ertappen würden, aber das hätte mir nicht gleichgültiger sein können. Mit Freuden würde ich jedes Bußgeld wegen falschen Alarms bezahlen, wenn ich nur nicht allein durch diesen Flur gehen musste.

    Woody Allen hat einmal gesagt: »Ich bedaure nur eins in meinem Leben, dass ich nicht ein anderer bin.« Das ist komisch, wenn man es nicht ernst meint, aber ernst gemeint ist es Ausdruck reiner Verzweiflung. Ich wäre lieber jeder andere gewesen als Connie Burns, als ich zum Telefon in der Küche griff und entdeckte, dass die Leitung tot war. Ich wusste sofort, was das bedeutete. Irgendwann nachdem ich meinen Eltern die E-Mail geschickt hatte, war die Leitung durchgeschnitten worden. In der eitlen Hoffnung auf ein Wunder, riss ich mein Handy aus der Tasche und hielt es hoch über meinen Kopf, aber es zeigte sich, wenig überraschend, kein Zeichen für eine Verbindung zum Netz.
    Die Panik kehrte in Wellen zurück, und mein erster Impuls trieb mich zu tun, was ich vorher getan hatte – mich in die Küche einzusperren, die Lichter auszuschalten und mich in irgendeine Ecke zu ducken, die vom Fenster aus nicht sichtbar war. Allein konnte ich MacKenzie nicht gegenübertreten. Er hatte mir alle Kampfbereitschaft ausgetrieben, als er mir seinen Penis in den Mund gerammt und mir befohlen hatte, für die Kamera zu lächeln. Das konnte ich nicht noch einmal ertragen. Dieser Geruch und dieser Geschmack rissen mich noch immer jede Nacht aus den schlimmsten Alpträumen. Was machte es, wenn er andere tötete, Hauptsache, er tötete nicht mich!
    Ich kann nicht behaupten, dass das, was mich dann doch hinaustrieb, Courage war oder eine plötzliche Anwandlung von Heldenmut. Eher schon die Erinnerung an meine E-Mail an Alan Collins bezüglich alter Chinesen, Todesstrahlen und der Schwierigkeit, mit Schuld umzugehen. Alles, was mich heute belastete, würde um das Zehnfache schwerer wiegen, wenn ich in Zukunft mit Jess' und Peters Blut an den Händen würde leben müssen. Ich wollte so schnell wie möglich zur nächsten Anhöhe laufen und einen Polizeinotruf machen. Aber als ich die Hintertür aufmachte, kamen mir die Hunde entgegen, und ich hatte das starke Gefühl, dass es grundfalsch wäre, jetzt loszusprinten. Sie würden entweder zu bellen anfangen und damit MacKenzie auf den Plan rufen, oder sie würden mich einkreisen und umrennen.
    Ich ging also ganz langsam auf den Anbau zu und hoffte, sie würden das Interesse verlieren und mich über den Rasen zur Hauptstraße laufen lassen. Aber das geschah nicht. Jeder meiner Schritte wurde von fünf geschmeidigen Schatten begleitet. Für ihre Größe waren sie ungewöhnlich leise. Das einzige Geräusch, das ich von ihnen hörte, war das Rascheln der über das Gras streifenden

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