Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
Vom Netzwerk:
hat sie ja auch nicht geliebt. Sonst hätte er sie nicht Madeleines wegen verlassen.«
    Ich erwiderte seinen Blick. »Da spricht Jess, nehme ich an, nicht Sie.«
    Er nickte. »Nathaniel würde sofort zu ihr zurückkehren, wenn sie das geringste Interesse zeigte – Sie haben keine Ahnung, wie oft er hier unten war, um für sich zu werben, aber entweder sieht sie es nicht oder es interessiert sie wirklich nicht.«
    »In dieser gleichgültigen Pose fühlt sie sich wohl«, murmelte ich. »Ich kenne niemanden, der so kompromisslos anderen Leuten aus dem Weg geht. Vielleicht hat sie ja Angst vor Beziehungen. Ich dachte anfangs, dass sie ganz schön den Ton angibt, aber vielleicht mag sie sich ja auch nur nicht zu sehr vereinnahmen lassen. Ist das der Grund, weshalb sie das Bild, das die Leute von ihr haben, nicht korrigiert? Weil es ihr lieber ist, nicht gemocht zu werden, als etwas von sich hingeben zu müssen?«
    Peter schien amüsiert. »Möglich, aber es ist auch ihr Wesen. Sie ist ein harter Brocken – das war sie immer schon. Lily ist genauso. Man muss den Stein geduldig behauen, um den Menschen darunter zu erreichen, und es gibt nicht viele, die bereit sind, sich die Mühe zu machen.«
    Es hätte mich interessiert, ob ihm bekannt war, dass Lily Jess' Tante war. »Dann muss es ein Gen sein«, sagte ich.
    Seine Erheiterung schlug in Überraschtheit um, aber er versuchte nicht, Ahnungslosigkeit vorzutäuschen. »Mein Gott! Sie sind entweder eine verdammt gute Journalistin, oder Sie haben ihr mit Erfolg eingeredet, dass Sie es keinem Menschen erzählen werden. Gibt es eigentlich etwas, was sie Ihnen
nicht
gesagt hat?«
    »Eine ganze Menge, nehme ich an, aber wenn Sie mir eine Liste von allem Wissenswerten geben, sage ich Ihnen, was ich davon weiß und was nicht.«
    Er lachte. »Keine Chance. Sie wissen, ich habe einen Eid abgelegt.«
    Ich dachte, ich würde ihn da einmal ein wenig provozieren, aber ich wollte nicht, dass Jess es mitbekam. Ich lauschte auf Schritte von draußen, aber es war alles still. »Natürlich, nur habe ich den Eindruck, dass Sie mit diesem Eid ziemlich willkürlich umgehen«, sagte ich. »Auf meinem Anrufbeantworter ist eine Nachricht von Madeleine, da erzählt sie mir, dass Sie ihr die Hölle heiß gemacht haben, weil sie über diesen Selbstmordversuch von Jess damals gesprochen hat. Sie können es sich gern anhören, wenn Sie möchten. Es ist alles noch da.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, danke. Mir reicht mein eigener Anrufbeantworter.« Er spielte mit seinem Glas. »Was sie sagt, trifft zu. Ich
habe
ihr gesagt, was Sie mir erzählt hatten. Es tut mir Leid, wenn Sie das stört, aber ich wollte Madeleine spüren lassen, wie verärgert ich war.«
    »Es stört mich nicht«, entgegnete ich. »Ich bin nur neugierig. In der Nachricht wird angedeutet, dass
Sie
Madeleine das von Jess erzählt haben … und ich weiß noch, wie unbehaglich Ihnen war, als ich es das erste Mal in Ihrer Küche erwähnte. Sie wollten mir weismachen,
Lily
hätte zu viel geredet, aber ich glaube, so war es gar nicht, wie?«
    »Nein.« Er trank einen Schluck Wein. »Ich war's. Ich dachte, wenn Madeleine erführe, wie verzweifelt Jess über den Verlust ihrer Familie war, würde sie dem armen Ding ein bisschen Luft zum Atmen lassen und Nathaniel aufgeben.« Er hielt kurz inne. »Ich hätte es besser wissen müssen.«
    Ich sagte nichts, sondern lauschte wieder nach Schritten. Ich glaube, ich habe mich unbewusst darüber gewundert, dass von draußen überhaupt nichts zu hören war. Ich weiß jedenfalls noch, dass ich das Gefühl einer beklemmenden Stille hatte. Mindestens hätten wir das Knirschen des Kieses und das Öffnen der Autotür hören müssen.
    »Sie hatte nichts Eiligeres zu tun, als es brühwarm Nathaniel zu erzählen«, fuhr Peter fort. »Er war in London, als es passierte, Madeleine konnte also bei der Interpretation der Ereignisse ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Herauskam eine aufgedonnerte Version dessen, was sie Ihnen erzählt hat, in der Jess zur schizophrenen Paranoikerin avancierte. Da bekam der gute Nathaniel es vollends mit der Angst zu tun.«
    Mich interessierte jetzt die fortgesetzte Stille mehr als Nathaniel. »Hätten wir inzwischen nicht etwas hören müssen?«, fragte ich, mich zum Fenster wendend. »Was tut Jess Ihrer Meinung nach da draußen?«
    »Ich vermute, sie sucht die Hunde.«
    »Wieso ruft sie sie dann nicht? Kann es sein –« Ich brach ab, nicht bereit, den Gedanken in Worte zu

Weitere Kostenlose Bücher