Des Teufels Werk
Pfoten. Nicht einmal ihren Atem vernahm ich, aber das lag vielleicht daran, dass meiner laut genug für uns alle war.
Nach ungefähr zwanzig Metern machte ich Halt. Ich konnte nicht glauben, dass MacKenzie im Haus war. Wie sollte er an den Hunden vorbeigekommen sein? Es sei denn, er war eingebrochen, bevor Jess mit ihnen gekommen war. Aber warum hatte er dann gewartet? Warum hatte er die Telefonleitung erst durchgeschnitten, nachdem ich meinen Eltern gemailt hatte? Ich war den ganzen Tag allein gewesen und dann noch einmal eine gute Stunde zwischen Jess' erstem und zweitem Besuch. Er hätte tun können, was er vorgehabt hatte, und wieder verschwinden. Es war doch unsinnig, andere Menschen hineinzuziehen.
Von diesen Überlegungen war es nur ein kleiner Sprung zu der felsenfesten Überzeugung, dass ich im Begriff war, genau das zu tun, was er wollte – mich ihm hilflos auszuliefern, indem ich mich aus dem Haus entfernte. Logisch zu denken fällt schwer, wenn man Angst hat. Ziemlich panisch machte ich kehrt, um zum Haus zurückzugehen, und sah MacKenzie vor mir.
Er saß an meinem Schreibtisch, die Hände hinter dem Kopf gefaltet, den Blick auf den Bildschirm meines Laptops gerichtet. Er lachte plötzlich und drehte den Stuhl, um mit jemandem zu sprechen, der sich hinter ihm befand. Ein grauenvolles Gefühl der Unvermeidlichkeit überfiel mich, als ich flüchtig Peters Gesicht erkannte, bevor MacKenzie die Drehung mit dem Stuhl vollendete und die Sicht auf Peter wieder versperrte.
Derselbe Polizist, der gefragt hatte, worüber Jess und ich gesprochen hatten, als wir allein gewesen waren, meinte, ich hätte mich vielleicht anders verhalten, wenn MacKenzie ihr den gleichen Respekt entgegengebracht hätte, den er Peter entgegenbrachte. »Ich nehme an, die schlimme Art und Weise, wie dieser Mann Ms. Derbyshire behandelte, hat Sie bewogen, ihm entgegenzutreten? Sind Sie deshalb ins Haus zurückgekehrt, weil Sie sahen, dass sie in Schwierigkeiten war?«
Ich schüttelte den Kopf. »Jess war von draußen gar nicht zu sehen. Ich habe sie erst gesehen, als ich das Vestibül erreichte.«
»Aber Sie vermuteten, dass sie in Not war?«
»Vermutlich, ja. Ich sah Peter an, dass er Angst hatte – was beinahe mit Sicherheit bedeutete, dass es um Jess genauso stand.« Ich verstand nicht, was er mit seinen Fragen wollte. »Hätten Sie keine Angst, wenn bei Ihnen jemand ins Haus einbrechen würde?« Ich schwieg einen Moment. »Ich wusste, dass er sie umbringen würde – es bereitete ihm Genugtuung, Frauen zu quälen.«
»Und wieso hatten
Sie
keine Angst, Ms. Burns?«
»Aber natürlich hatte ich Angst. Todesangst!«
»Warum sind Sie dann nicht bei Ihrem ursprünglichen Plan geblieben« – er warf einen Blick in seine Aufzeichnungen –, »zur nächsten Anhöhe zu laufen und mit Ihrem Handy zu telefonieren? Wäre das nicht vernünftiger gewesen, als wieder ins Haus zu gehen?«
»Ja, natürlich, aber –« Ich schüttelte den Kopf. »Ich verstehe Sie nicht. Was für eine Antwort erwarten Sie von mir? Dass es dumm war, ins Haus zurückzukehren? Da bin ich vollkommen Ihrer Meinung. Ich war die kopflose Idiotin. Ich habe erst gehandelt und dann nachgedacht.«
»Sie haben immerhin lange genug nachgedacht, um eine Axt mitzunehmen«, bemerkte er milde.
»Und? Hätte ich es mit bloßen Händen mit MacKenzie aufnehmen sollen?«
Ich schlich auf bloßen Füßen durch den Flur und zog die grüne Tür vorsichtig einen Spalt auf. Sobald ich hindurchgeschlüpft war, schloss sie sich lautlos hinter mir. MacKenzie hatte die Lautstärke an meinem Computer hochgedreht, und ich hörte meine eigene Stimme aus den Lautsprechern. Das Betteln war unverkennbar, auch wenn ich nur wenige Worte verstehen konnte, die sich ständig wiederholten: »Bitte nicht – bitte nicht – bitte nicht…«
Der Ton wurde plötzlich abgestellt. »Bist du das, Connie?«, sagte er mit seinem mir so schrecklich vertrauten Glasgower Akzent. »Ich hab dich schon erwartet, Feder. Komm, zeig dich.«
Woher wusste er, dass ich hier war? Ich hatte kein Geräusch gemacht. Ich machte auch jetzt kein Geräusch.
»Du weißt, was passiert, wenn du nicht folgst«, warnte er mit einem Grunzen der Belustigung. »Dann muss ich mir deine Freundin vornehmen. Schön ist sie nicht, aber ihr Mundwerk scheint zu funktionieren.«
Mich überlief es kalt beim Klang seiner Stimme, und es kostete mich eine Menge Willenskraft, an die offene Tür zu treten. Ich hasste seine Art zu sprechen.
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