Des Teufels Werk
wurde. Er war nicht der wahre Zankapfel. Der war immer Lily.«
»Vielleicht ist es Geschwisterrivalität«, meinte ich ironisch. »Sie sind doch nicht etwa Halbschwestern? Könnte Lily mal etwas mit Jess' Vater gehabt haben?«
Peter lachte prustend. »Höchstens in volltrunkenem Zustand. Seine Mutter war ihr Dienstmädchen, Herrgott noch mal! Unmöglich.«
»So was kommt vor.«
»Aber nicht in diesem Fall«, sagte er entschieden. »Zu so etwas hätte sich Frank Derbyshire niemals hinreißen lassen. Dazu hatte er seine Frau viel zu gern.«
»Und umgekehrt – Madeleines Vater und Jess' Mutter?«
Er schüttelte den Kopf. »Jenny Derbyshire hatte einen besseren Geschmack. Außerdem wäre es nur Geschwisterrivalität, wenn Lily Jess' Mutter gewesen wäre – und das war sie nicht. Ich garantiere, dass Jess eine echte Derbyshire ist.« Er sagte es mit einem Nachdruck, als wäre jeder Gedanke, es könnte anders sein, eine Beleidigung. »Die Eifersüchtige ist in erster Linie Madeleine. Sie interessierte sich nicht die Bohne für ihre Mutter, bis Jess begann, sich um sie zu kümmern. Da überschüttete sie sie plötzlich mit Fürsorge – und Lily spielte nicht mit. Madeleine war um ihre Mutter nie so eifrig bemüht wie damals, als Jess nach dem Tod ihrer Eltern sie regelmäßig zu besuchen begann.«
»Und warum hat Lily nicht mitgespielt?«
»Sie wusste, dass diese plötzliche Zuwendung nicht von Dauer sein würde, sondern Madeleine sie fallen lassen würde wie eine heiße Kartoffel, sobald sie wieder die Oberhand hatte. Ich glaube, Lily fand, ihr nütze es am meisten, wenn sie die beiden gegeneinander ausspielte.«
»Da hat sie wahrscheinlich Recht gehabt.«
Wieder schüttelte Peter den Kopf. »Sie hat es ein bisschen zu weit getrieben – es schadete ihr nur selbst. Sie nannte Jess im Beisein von Madeleine immer ihre ›kleine Verfolgerin‹, und Madeleine nannte sie vor Jess immer ihre ›kleine Schmarotzerin‹. Sehr klug war das nicht von ihr. Wenn die beiden einander gemocht hätten, hätten sie es als Scherz genommen, aber da sie überhaupt nichts füreinander übrig hatten« – sein Lächeln war bitter –, »schürte es nur den Hass.«
»Und wer hat das Gerücht von der Lesbe in die Welt gesetzt? Ich meine, Jess war doch mit einem Mann befreundet gewesen – wieso sagen ihr dann alle nach, sie wäre lesbisch? Hat sie auch mit Frauen etwas gehabt?«
Ein Ausdruck des Widerwillens flog über Peters Gesicht. »Ich glaube, das geht nur sie allein etwas an.«
»Aber warum denn?«, fragte ich überrascht. »Es ist doch nichts Verbotenes. Sie haben doch nichts gegen Homosexuelle, oder?«
Er funkelte mich ärgerlich an. »Natürlich nicht.«
»Von wegen ›natürlich nicht‹! Der ganze Rest von Winterbourne Barton verabscheut doch Homosexuelle. Zustände wie in Simbabwe sind das – fünfzig Jahre hinterher und Scheuklappen rechts und links. Robert Mugabe duldet keine Schwulen, also tut es auch sonst keiner – wenn er nicht einen Kopf kürzer gemacht werden will.«
Peter rieb sich die Augen. »Bei ihr auf dem Hof arbeiten zwei Frauen – Julie und Paula. Sie leben ganz offen als Paar zusammen, vielleicht hat es damit etwas zu tun. Die jüngere, Julie, ist Harry Sothertons Enkelin – das ist der alte Mann, der früher bei Jess' Vater gearbeitet hat und auch jetzt noch auf dem Hof aushilft. Er hat Jess vor etwa zehn Jahren gebeten, Julie Arbeit zu geben. Sie war fünfundzwanzig und verheiratet, trennte sich aber wenig später von ihrem Mann und zog mit ihren Kindern bei Jess ein. Sie blieb etwa zwei Monate, ehe sie mit Paula zusammenzog – da fing das Gerede an.«
»Wieso?«
Sein Mund bekam einen zynischen Ausdruck. »Jess war gewissermaßen die Kupplerin. Sie hat die beiden miteinander bekannt gemacht und Paula eingestellt, damit Julie sich ihre Arbeitszeiten nach den Bedürfnissen der Kinder einteilen konnte. Jetzt wechseln sie und Paula sich mit den Arbeitszeiten ab, so dass immer eine von ihnen da ist, um die Kinder zur Schule zu bringen und wieder abzuholen. Es klappt ganz prima.« Er schien ein ›Aber‹ anhängen zu wollen, besann sich dann jedoch anders.
»In Winterbourne Barton findet man es trotzdem unmöglich, dass zwei Lesben Kinder großziehen, stimmt's?«
»Harrys Frau auf jeden Fall. Sie hat zu dem Thema eine Menge zu sagen – und ihrer Meinung nach ist Jess an allem schuld.«
»Weil sie den beiden Arbeit gibt?«
»Weil sie ihre Enkelin in diesen Sumpf der Sittenlosigkeit und
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