Des Teufels Werk
man es von ihr erwarten würde«, antwortete Peter mit einem Lächeln.
»Ihr wären Heirat und Enkelkind in der korrekten zeitlichen Reihenfolge lieber gewesen?«
Er nickte.
»Das trifft auf die meisten Mütter zu.« Ich schüttelte bedauernd den Kopf. »Das zeigt nur, wie man sich in den Menschen täuschen kann. Ich hätte gewettet, dass Madeleine sich einen reichen älteren Mann geangelt und ihr Kind brave neun Monate nach der Eheschließung zur Welt gebracht hat. Wo haben sie und Nathaniel sich kennen gelernt? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie schon immer ein Kunstfreak war, der in sämtliche Ausstellungen gerannt ist.«
»Hier.« Peter klopfte mit dem Fuß auf den Boden. »Ungefähr da, wo Sie jetzt stehen. Ich unterhielt mich gerade mit Nathaniel, als Madeleine aufkreuzte. Er hatte überhaupt keine Chance, nachdem sie erfahren hatte, wer er war. Ich verstehe allerdings bis heute nicht, was ihn so hingerissen hat – vielleicht war es die Bewunderung pur, die er von ihr bekommen hat. Sie wusste zwar nicht, wo bei einem Pinsel hinten und vorne ist, aber sie verstand es hervorragend, ihm zu schmeicheln.«
Nachdem sie erfahren hatte, wer er war
…? »Lebte er in Winterbourne Barton?«
»Nicht direkt.«
»Was soll das heißen?«
Peter starrte in seinen Kaffee. »Das müssen Sie schon selbst herausbekommen – Sie brauchen dazu sicher keine höhere Mathematik.«
Ich begriff nicht, worauf er hinauswollte. »Warum können Sie es mir nicht sagen?«
»Der hippokratische Eid«, versetzte er gutgelaunt. »Ich würde Patienten verlieren, wenn ich meinen Mund nicht halten könnte – schon gar in so einem Nest wie diesem, wo Gerüchte sich wie Lauffeuer ausbreiten. Im Übrigen finde ich das Leben zu kurz, um anderer Leute Kriege zu führen.«
Kriege …?
»Ich kenne hier nur zwei Personen, die sich anscheinend gegenseitig hassen wie die Pest –« Ich brach ab, als ich begriff. »Ach so! Die Kunstakademie – Panikattacken – hat Madeleine ihn Jess ausgespannt? Sind sie deswegen verfeindet?« Ich sah ihm an, dass ich Recht hatte. »Kein Wunder, dass Jess Schmeichelei nicht mag. Das muss ein ganz wunder Punkt bei ihr sein, wenn Madeleine damit so viel erreicht hat.«
»Sie war selbst schuld«, sagte Peter ohne Mitleid. »Sie war in ihrer Kritik an Nathaniels Arbeit viel zu schonungslos. Mit so etwas lässt sich nun mal nicht gut leben. Da war Madeleines bewundernde Anteilnahme weit angenehmer.«
»Aber wenn jetzt bei seinen Bildern die Spannung weg ist, hätte er die Kritik vielleicht gebraucht.«
»Zweifellos – aber er ist nicht so ein starker Mensch wie Jess. Er ist beleidigt, wenn er nicht gehätschelt wird.«
»Der scheint ja eine schöne Nervensäge zu sein«, sagte ich schroff bei der Erinnerung an ein oder zwei Männer dieser Sorte in meiner eigenen Vergangenheit. »Wie lange waren die beiden zusammen?«
Er antwortete nicht gleich, sondern überlegte wahrscheinlich erst, was er mir mit gutem Gewissen erzählen konnte. »Das ist kein Geheimnis. Zwei Jahre. Sie hat ihn in ihrem ersten Semester kennen gelernt. Es hätte vielleicht gehalten, wenn sie in London geblieben wäre, aber nach dem Unfall wurde die Sache ziemlich hoffnungslos. Sie richtete ihm auf dem Hof ein Atelier ein, aber im Sommer dreiundneunzig benutzte er es schon nicht mehr.« Nachdenklich trank er einen Schluck Kaffee. »Sie hat die Trennung nur deshalb schwer genommen, weil er sie Madeleines wegen verließ. Sie hätte nicht einmal mit der Wimper gezuckt, wenn es eine andere Frau gewesen wäre.«
»Und was hat Lily dazu gesagt?«
»Wieso interessieren Sie sich so sehr für Lilys Reaktionen?«, fragte er, von neuem amüsiert.
»Ich frage mich einfach, wieso Jess weiterhin so engen Kontakt mit ihr hielt«, antwortete ich mit einem Schulterzucken. »Wenn Madeleine mir einen Mann ausgespannt hätte, wäre ich nicht rübergegangen und hätte ihrer Mutter den Rasen gemäht. Nur mal angenommen, Madeleine wäre genau in dem Moment mit meinem Exfreund aufgekreuzt. Das wäre doch wahnsinnig peinlich gewesen. Und ich hätte Angst gehabt, dass sie sich hinter meinem Rücken über mich lustig machen.«
»Ich weiß nicht, ob Jess so etwas berühren würde. Was andere über sie reden, lässt sie völlig kalt.«
»Heute vielleicht, aber damals doch sicher nicht. Wenn alles sie immer kalt gelassen hätte, hätte sie nie Panikattacken gehabt«, sagte ich.
Peter strich sich nachdenklich das Kinn, so als hätte ich ihn an etwas erinnert,
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