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Des Todes Dunkler Bruder

Des Todes Dunkler Bruder

Titel: Des Todes Dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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verzweifelt, ihn nicht zu verlieren.
    Ich wartete auf eine Lücke im Verkehr und zog rasch auf die Gegenfahrbahn. Ich war an dem Corniche vorbei und gab Gas, schloss zu dem Transporter auf. Versuchte, nicht zu schnell zu fahren, keinen Verdacht zu erregen, schloss aber langsam die Lücke zwischen uns.
    Er war drei Ampeln vor mir, dann zwei.
    Dann schaltete seine Ampel auf Rot, und bevor ich mich darüber freuen und aufholen konnte, sprang meine ebenfalls um. Ich bemerkte mit einiger Überraschung, dass ich mir auf die Lippen biss. Ich war angespannt, ich, Dexter, der Eiswürfel. Ich spürte menschliche Furcht, Verzweiflung und emotionalen Stress. Ich wollte diesen Transporter einholen und hineinsehen, oh, wie ich mich danach sehnte, meine Hand auf diesen Transporter zu legen, die Tür zum Fahrerhaus zu öffnen, hineinzuschauen …
    Und dann was? Ihn eigenhändig verhaften? Ihn an der Hand zur lieben Detective LaGuerta führen? Schau mal, was ich gefangen habe? Darf ich ihn behalten? Es war ebenso wahrscheinlich, dass er mich behielt. Er befand sich im Jagdmodus, und ich zockelte hinterher wie ein lästiger kleiner Bruder. Und warum zockelte ich hinterher? Wollte ich mir nur beweisen, dass er es war, der Er, dass Er hier draußen herumschlich und ich nicht verrückt war? Und falls ich nicht verrückt war – woher wusste ich dann Bescheid? Was ging in meinem Gehirn vor? Vielleicht war verrückt alles in allem doch die bessere Lösung.
    Ein alter Mann schlurfte vor meinem Auto her, überquerte die Straße mit unglaublich langsamen und schmerzhaften Schritten. Ich beobachtete ihn einen Augenblick und wandte meinen Blick dann wieder nach vorn zum Kühltransporter.
    Seine Ampel war auf Grün umgesprungen. Meine nicht.
    Der Transporter beschleunigte rasch, fuhr hart am Tempolimit nach Norden, seine Rücklichter schrumpften unter meinem Blick, während ich darauf wartete, dass meine Ampel umsprang.
    Was sie sich zu tun weigerte. Und so fuhr ich zähneknirschend – ruhig, Dex – über die Ampel, wobei ich den alten Mann knapp verfehlte. Er schaute weder auf, noch kam er aus dem Tritt.
    Auf diesem Abschnitt des Biscayne Boulevard war Tempo fünfzig vorgeschrieben. Was in Miami hieß, dass man auf keinen Fall unter siebzig fahren durfte, wollte man nicht von der Straße gefegt werden. Ich beschleunigte auf hundert, steuerte durch den schwachen Verkehr, verzweifelt bemüht, den Abstand zu verringern.
    Die Lichter des Transporters verschwanden, als er um eine Kurve fuhr – oder war er abgebogen? Ich beschleunigte auf hundertzwanzig und donnerte an der Abfahrt zum Causeway 79 vorbei, um die Kurve am Public Market und auf die lange Gerade, wobei ich panisch nach dem Transporter Ausschau hielt.
    Und ihn entdeckte. Dort – vor mir – - er kam mir entgegen.
    Der Bastard hatte gedreht. Hatte er mich im Nacken gespürt? Meine Abgase gerochen, die an ihm vorüberwehten? Egal – er war es, zweifellos derselbe Transporter, und während ich an ihm vorbeiraste, bog er auf den Causeway ab.
    Ich fuhr mit kreischenden Reifen auf einen kleinen Parkplatz, bremste, wendete und fuhr mit Vollgas zurück auf den Biscayne Boulevard, diesmal in Richtung Süden.
    Weniger als ein Block und ich bog ebenfalls auf den Causeway ab. Weit, weit vor mir, fast an der ersten Brücke, sah ich die winzigen roten Lichter zwinkern, mich verspotten. Mein Fuß stemmte sich auf das Gaspedal, und ich raste weiter.
    Mittlerweile war er auf der Auffahrt zur Brücke und wurde schneller, hielt den Abstand zwischen uns konstant. Was bedeutete, dass er Bescheid wusste, bemerkt hatte, dass er verfolgt wurde. Ich trat meinen Wagen noch heftiger, arbeitete mich voran, Meter um Meter.
    Und dann war er fort, über den höchsten Punkt der Brücke und auf der anderen Seite hinab, viel zu schnell in Richtung North Bay Village verschwindend. Das war eine stark von Streifenwagen kontrollierte Gegend.
    Wenn er zu schnell fuhr, würde man ihn bemerken und herauswinken. Und dann … Jetzt war ich oben auf der Brücke und vor mir … Nichts.
    Die leere Straße.
    Ich bremste ab und sah von meinem Aussichtspunkt oben auf der Brücke in alle Richtungen. Ein Wagen kam mir entgegen – nicht der Transporter, nur ein Mercury Marquis mit verbeulter Stoßstange. Ich fuhr auf der anderen Seite die Brücke hinunter.
    Am Ende der Brücke teilte der Causeway North Bay Village in zwei Wohngebiete. Hinter einer Tankstelle zur Linken beschrieb eine Reihe von Häuserblöcken mit Eigentumswohnungen

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