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Des Todes Dunkler Bruder

Des Todes Dunkler Bruder

Titel: Des Todes Dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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Deborah am anderen Ende. »Ich glaube, mir wird schlecht.«
    »Na ja, ich werde dir nicht die fiebernde Stirn kühlen, Schwester. Eine Menge Arbeit wartet.«
    »Meine Güte«, wiederholte sie. Doch dann: »Was für Arbeit?«
    »Sag mal«, fragte ich sie. »Bist du schlecht angeschrieben, Schwester?«
    »Ich bin müde, Dexter. Und ich bin noch nie in meinem Leben so stinkig gewesen. Sprich doch einfach Klartext.«
    »Ich frage, ob du dich in etwas befindest, was Dad immer die Hundehütte zu nennen pflegte. Ist dein Name im Department ein Schimpfwort? Wurde dein berufliches Ansehen in den Dreck gezogen, beschädigt, besudelt, runtergemacht, in Frage gestellt?«
    »Abgesehen von LaGuertas Dolch in meinem Rücken und der Einstein-Sache? Mein berufliches Ansehen ist im Arsch«, sagte sie mit größerer Verbitterung, als ich bei jemandem ihres Alters für möglich gehalten hätte.
    »Gut. Es ist wichtig, dass du nichts mehr zu verlieren hast.«
    Sie schnaubte. »War mir ein Vergnügen. Ich stecke drin, Dexter. Wenn ich noch tiefer sinke, koche ich demnächst Kaffee in der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit. Worauf willst du hinaus, Dex?«
    Ich schloss die Augen und lehnte mich in meinem Sessel zurück. »Du wirst – vor dem Captain und der gesamten Abteilung – zu Protokoll geben, dass du Daryll Earl für den falschen Mann hältst und überzeugt bist, dass sich ein weiterer Mord ereignen wird. Du wirst ein paar zwingende Gründe dafür anführen, die sich aus deinen eigenen Ermittlungen herleiten, und dich für kurze Zeit zum Gespött der Polizei von Miami machen.«
    »Das bin ich bereits«, erwiderte sie. »Das wird nicht weiter schwierig. Aber gibt es irgendeinen Grund dafür?«
    Ich schüttelte den Kopf. Manchmal konnte ich kaum glauben, wie naiv sie war. »Schwesterherz«, sagte ich. »Du hältst Daryll Earl doch nicht wirklich für schuldig?«
    Sie antwortete nicht. Ich konnte sie atmen hören, und mir ging auf, wie müde sie sein musste, genauso müde wie ich, aber ohne den Energiestoß, den ich aus meinem Wissen, Recht zu haben, bezog. »Deb?«
    »Der Typ hat gestanden, Dex«, sagte sie schließlich, und ich hörte die völlige Erschöpfung in ihrer Stimme.
    »Ich … ich habe mich auch vorher schon geirrt, selbst wenn … Ich meine, er hat gestanden. Heißt das nicht, dass … Scheiße. Vielleicht sollten wir aufgeben, Dex.«
    »Oh, ihr, die ihr schwachen Glaubens seid«, erwiderte ich. »Sie hat den falschen Mann, Deborah. Und du wirst jetzt die ganze Sache wieder aufrollen.«
    »Klar.«
    »Daryll Earl McHale ist unschuldig«, sagte ich. »Daran besteht nicht der geringste Zweifel.«
    »Selbst wenn du Recht hättest, na und?«, sagte sie. Jetzt war die Reihe an mir zu zwinkern und zu staunen.
    »Bitte?«
    »Gut, sieh mal, wenn ich dieser Killer bin, dann begreife ich doch, dass ich jetzt vom Haken bin, oder? Seit der andere Mann verhaftet wurde, ist die Gefahr für mich vorüber. Warum höre ich nicht einfach auf? Oder ziehe irgendwo anders hin und fange dort neu an?«
    »Unmöglich«, sagte ich. »Du begreifst nicht, wie dieser Typ tickt.«
    »Ja, logisch«, sagte sie. »Wie kommt’s, dass du es weißt?«
    Ich zog es vor, das zu ignorieren. »Er wird hier vor Ort bleiben, und er wird wieder morden. Er muss uns allen zeigen, was er von uns hält.«
    »Und das wäre?«
    »Nichts Gutes«, gab ich zu. »Mit der Verhaftung eines so offensichtlichen Blödmanns wie Daryll Earl haben wir etwas sehr Dummes getan. Das ist komisch.«
    »Haha«, machte Deb humorlos.
    »Wir haben ihn beleidigt. Wir haben sein Werk diesem flachschädeligen, hirntoten Bauerntrampel zugeschrieben. Das ist, als sagte man Jackson Pollock, eine Sechsjährige könne genauso gut malen.«
    »Jackson Pollock? Der Maler? Dexter, dieser Typ ist ein Schlächter!«
    »Deborah, auf seine Weise ist er ein Künstler. Und so sieht er sich auch.«
    »Um Himmels willen. Das ist das Dümmste …«
    »Vertrau mir, Deb.«
    »Sicher vertraue ich dir. Warum sollte ich dir nicht vertrauen? Dir zufolge haben wir einen verärgerten Künstler, der nirgendwo anders hinzieht, richtig?«
    »Richtig«, bestätigte ich. »Er muss es wieder tun, und es muss unter unserer Nase stattfinden, und vermutlich wird es diesmal ein wenig größer ausfallen.«
    »Willst du damit sagen, dass er als Nächstes eine dicke Hure umbringt?«
    »Größer in der Anlage, Deborah. Ein verbessertes Konzept. Spritziger.«
    »Oh, spritziger. Sicher. Wie mit einem Häcksler.«
    »Die

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