Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Todes Dunkler Bruder

Des Todes Dunkler Bruder

Titel: Des Todes Dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
Vom Netzwerk:
musste …, und wollte ich das eigentlich?
    Es war zu viel. Ich brauchte Schlaf, bevor ich mich damit befassen konnte.
    Ich wimmerte nicht gerade, als ich in mein Bett kroch, aber es fehlte nicht viel. Ich ließ mich rasch vom Schlaf übermannen, ließ mich in die Dunkelheit fallen. Und ich bekam tatsächlich volle zweieinhalb Stunden Schlaf, bevor das Telefon klingelte.
    »Ich bin’s«, sagte die Stimme am anderen Ende.
    »Selbstverständlich bist du das«, sagte ich. »Deborah, nicht wahr?« Und natürlich war sie es.
    »Ich habe den Kühltransporter gefunden.«
    »Nun, herzlichen Glückwunsch. Das ist eine gute Nachricht.«
    Am anderen Ende herrschte Schweigen.
    »Deb?«, fragte ich schließlich. »Das ist doch eine gute Nachricht, oder?«
    »Nein«, antwortete sie.
    »Oh!« Ich spürte, wie das Schlafbedürfnis in meinem Schädel pochte wie ein Teppichklopfer auf einem Gebetsteppich, aber ich versuchte mich zu konzentrieren.
    »Ähm, Deb, was hast du … was ist passiert?«
    »Ich habe das Spiel gewonnen«, sagte sie. »Alles vollkommen abgesichert. Fotos und Fahrgestellnummer, alles. Dann habe ich LaGuerta wie eine gute Pfadfinderin Bericht erstattet.«
    »Und sie hat dir nicht geglaubt?«, fragte ich ungläubig.
    »Vermutlich hat sie das.«
    Ich versuchte zu zwinkern, aber meine Augen wollten weiter zukleben, deshalb gab ich auf. »Es tut mir Leid, Deb, einer von uns redet Unsinn. Ich oder du?«
    »Ich habe versucht, es ihr zu erklären«, sagte Deb mit sehr leiser, sehr erschöpfter Stimme, die mir das fürchtbare Gefühl gab, ohne Schöpfeimer unter den Wellen zu versinken. »Ich habe nichts ausgelassen. Ich war sogar höflich.«
    »Das ist sehr gut«, lobte ich. »Was hat sie gesagt?«
    »Nichts«, erwiderte Deb.
    »Überhaupt nichts?«
    »Überhaupt nichts«, wiederholte Deb. »Außer eine Art ›Danke‹, wie man es dem Typen hinwirft, der den Wagen einparkt. Und dann hat sie mich komisch angelächelt und sich abgewendet.«
    »Ja, aber, Deb«, sagte ich. »Du kannst von ihr wirklich nicht erwarten, dass …«
    »Und dann habe ich herausgefunden, warum sie so gelächelt hat«, fuhr Deb fort. »Als wäre ich eine ungewaschene Halbblöde und sie hätte endlich herausgefunden, wo man mich einbuchten könnte.«
    »O nein«, stöhnte ich. »Willst du damit sagen, du bist raus aus dem Fall?«
    »Wir sind alle raus aus dem Fall, Dexter«, sagte Deb so müde, wie ich mich fühlte. »LaGuerta hat eine Verhaftung vorgenommen.«
    Mit einem Mal herrschte viel zu viel Schweigen in der Leitung, ich konnte plötzlich nicht mehr denken, aber wenigstens war ich jetzt hellwach. »Was?«, sagte ich.
    »LaGuerta hat jemanden verhaftet. Einen Typ, der in der Arena arbeitet. Sie hat ihn in Gewahrsam und ist vollkommen überzeugt, dass er der Killer ist.«
    »Das ist nicht möglich«, wehrte ich mich, obwohl ich wusste, dass es durchaus möglich war bei dieser hirntoten Hure. LaGuerta, nicht Deb.
    »Ich weiß, Dexter. Aber sag das mal LaGuerta. Sie ist sicher, den Richtigen erwischt zu haben.«
    »Wie sicher?«, fragte ich. Mein Kopf drehte sich, und mir war ein wenig übel. Ich konnte wirklich nicht sagen, warum.
    Deb schnaubte. »In einer Stunde gibt sie eine Presse-konferenz«, sagte sie. »Was sie betrifft, ist er es definitiv.«
    Das Hämmern in meinem Schädel wurde zu laut, um Debs nächste Worte zu verstehen. LaGuerta hatte eine Verhaftung vorgenommen? Wen? Wen konnte sie nur festgenagelt haben? Konnte sie wirklich alle Anhaltspunkte, den Geruch, das Gefühl, den Geschmack dieser Morde ignoriert und jemanden verhaftet haben? Niemand, der diese Morde begangen hatte – noch beging! –, würde einer Null wie LaGuerta gestatten, ihn zu fassen.
    Niemals. Darauf würde ich mein Leben verwetten.
    »Nein, Deborah«, sagte ich. »Nein. Unmöglich. Sie hat den falschen Mann.«
    Deborah lachte, ein müdes Mir-steht’s-bis-hier-Cop-Lachen. »Klar«, sagte sie. »Ich weiß das. Du weißt das. Aber sie weiß es nicht. Und soll ich dir mal was Komisches verraten? Er weiß es auch nicht.«
    Das ergab überhaupt keinen Sinn. »Was willst du damit sagen, Deborah? Wer weiß es nicht?«
    Sie lachte wieder dieses schreckliche, leise Lachen. »Der Typ, den sie verhaftet hat. Ich schätze, er ist fast so durcheinander wie LaGuerta, Dex. Er hat nämlich gestanden.«
    »Was?«
    »Er hat gestanden, Dexter. Der Bastard hat gestanden.«

12
    S ein Name war Daryll Earl McHale, und er war, was wir gerne einen doppelten Verlierer nannten. Von den

Weitere Kostenlose Bücher