Des Todes Dunkler Bruder
Ort und Stelle zurück und wirbelte zur Tür herum, gerade als er eintrat und mich sah.
»Mein Gott«, sagte ich. »Du bewegst dich ja leise. Also hast du doch eine Ninja-Ausbildung gehabt.«
»Ich habe zwei ältere Brüder«, antwortete Vince. »Das kommt aufs Gleiche raus.«
Ich hielt die weiße Papiertüte hoch und verneigte mich. »Meister, ich bringe ein Geschenk.«
Er betrachtete neugierig die Tüte. »Möge Buddha dich segnen, Grashüpfer. Was ist es?«
Ich warf ihm die Tüte zu. Sie prallte gegen seine Brust und fiel zu Boden. »So viel zur Ninja-Ausbildung«, bemerkte ich.
»Mein fein abgestimmter Körper braucht Kaffee, um reibungslos zu funktionieren«, behauptete Vince, während er sich hinunterbeugte, um die Tüte zu bergen.
»Was ist hier drin? Das tut weh.« Er langte stirnrunzelnd in die Tüte. »Wehe, das sind Leichenteile.« Er zog die riesige Zimtschnecke heraus und beäugte sie.
»Ay, caramba. Mein Dorf wird in diesem Jahr nicht hungern. Wir sind sehr dankbar, Grashüpfer.« Er verneigte sich mit hochgehaltenem Gebäck. »Eine zurückgezahlte Schuld ist ein Segen für uns alle, mein Kind.«
»Wenn das so ist«, erwiderte ich. »Hast du den Vorgangsordner über den, den sie gestern Abend an der Old Cutler Road entdeckt haben?«
Vince biss ein großes Stück von der Schnecke ab. Auf seinen Lippen glitzerte die Glasur, während er langsam kaute. »Mmmm«, sagte er und schluckte. »Fühlen wir uns ausgeschlossen?«
»Falls du mit wir Deborah meinst, ja, tun wir«, erwiderte ich. »Ich habe ihr versprochen, einen Blick für sie in die Akte zu werfen.«
»Gum«, sagte er, den Mund voller Gebäck. »Wenschn isch ne Menn Buud da.«
»Vergebt mir, Meister«, sagte ich. »Eure Sprache klingt fremd in meinen Ohren.«
Er kaute und schluckte. »Ich habe gesagt, wenigstens ist diesmal eine Menge Blut da. Aber du bist immer noch das Mauerblümchen. Sie haben Bradley angefordert.«
»Kann ich die Akte sehen?«
Er biss ab. »Er bebd nusch …«
»Wie wahr. Und im Klartext?«
Vince schluckte. »Ich habe gesagt, er lebte noch, als sein Bein abgetrennt wurde.«
»Menschliche Wesen sind außerordentlich robust, nicht wahr?«
Vince stopfte sich das gesamte Teilchen in den Mund und zog die Akte heraus, reichte sie mir herüber und biss gleichzeitig ein großes Stück von dem Berliner ab. Ich griff nach dem Ordner.
»Ich werde jetzt verschwinden«, verabschiedete ich mich. »Bevor du wieder zu reden versuchst.«
Er zog den Berliner aus dem Mund. »Zu spät«, sagte er.
Ich ging langsam zurück zu meinem kleinen Büroverschlag, während ich den Inhalt der Akte überflog. Gervasio Cesar Martez hatte die Leiche entdeckt. Seine Aussage war oben aufgeheftet. Er war ein Sicherheitsmann, Angestellter bei Sago Security System. Er arbeitete seit vierzehn Monaten für sie und war nicht vorbestraft.
Martez hatte die Leiche um zirka 22:17 Uhr abends entdeckt und sofort die Umgebung abgesucht, bevor er die Polizei rief. Er wollte den Pendejo schnappen, der das getan hatte, weil niemand so etwas tun sollte und sie es getan hatten, während er, Gervasio, Dienst hatte. Das war, als wenn sie es ihm angetan hätten, verstehen Sie? Deshalb wollte er das Ungeheuer persönlich schnappen.
Aber das war nicht möglich gewesen. Er hatte keine Spur des Täters gefunden, nirgends, und so hatte er die Polizei gerufen.
Der arme Mann hatte es persönlich genommen. Ich teilte seinen Zorn. Solche Brutalität sollte verboten werden.
Selbstverständlich war ich sehr dankbar, dass sein Ehrgefühl mir Zeit zum Entkommen verschafft hatte. Und ich hatte Moral immer für nutzlos gehalten.
Ich bog um die Ecke in mein kleines dunkles Zimmer und lief LaGuerta direkt in die Arme. »Ha«, sagte sie. »Sie können nicht besonders gut sehen.« Aber sie rührte sich nicht.
»Ich bin kein Morgenmensch«, erklärte ich. »Meine Biorhythmen befinden sich bis mittags auf dem Tiefpunkt.«
Sie sah mich aus einem Zoll Entfernung an. »Auf mich wirken sie ganz okay«, sagte sie.
Ich glitt um sie herum an meinen Schreibtisch. »Kann ich der erhabenen Majestät von Recht und Gesetz heute Morgen ein wenig behilflich sein?«, erkundigte ich mich.
Sie starrte mich an. »Sie haben eine Nachricht«, sagte sie. »Auf dem Anrufbeantworter.«
Ich schaute zu dem Gerät hinüber. Stimmte genau, das Lämpchen blinkte. Diese Frau war wirklich eine Detektivin.
»Irgendein Mädchen«, sagte LaGuerta. »Sie klang irgendwie verschlafen und glücklich. Haben
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