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Des Todes Dunkler Bruder

Des Todes Dunkler Bruder

Titel: Des Todes Dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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Sie eine Freundin, Dexter?«
    Die befremdliche Andeutung einer Herausforderung lag in ihrer Stimme.
    »Sie wissen doch, wie es ist«, sagte ich. »Frauen sind heutzutage so dreist, und wenn man so hübsch ist wie ich, verlieren sie völlig den Kopf.« Vielleicht eine etwas unglückliche Wortwahl; während ich es sagte, musste ich an den Frauenkopf denken, der vor gar nicht so langer Zeit nach mir geworfen worden war.
    »Passen Sie auf«, sagte La Guerta. »Früher oder später wird eine kleben bleiben.« Ich hatte keinen blassen Schimmer, wovon sie sprach, aber es war eine sehr beunruhigende Vorstellung.
    »Da haben Sie sicher Recht«, sagte ich. »Und bis dahin, carpe diem. «
    »Was?«
    »Das ist Latein«, sagte ich. »Es bedeutet, beklage dich bei Tageslicht.«
    »Was wissen Sie über die Sache von gestern Abend?«, fragte sie plötzlich.
    Ich hielt die Akte hoch. »Ich schau sie mir gerade an.«
    »Es ist nicht derselbe«, sagte sie stirnrunzelnd. »Egal was diese Arschlöcher von Reportern behaupten. McHale ist schuldig. Er hat gestanden. Das war jemand anders.«
    »Ich nehme an, es scheint ein bisschen viel für einen Zufall«, sagte ich. »Zwei brutale Mörder gleichzeitig.«
    LaGuerta zuckte die Achseln. »Wir sind in Miami, was erwarten die denn? Solche Typen machen hier Urlaub. Da draußen laufen eine Menge Bösewichte rum. Ich kann nicht alle schnappen.«
    In Wahrheit konnte sie nicht mal einen schnappen, es sei denn, er warf sich von einem Gebäude direkt in den Fahrersitz ihres Autos, aber es schien nicht der geeignete Augenblick, dies zu erwähnen. LaGuerta trat näher und schnippte mit einem dunkelroten Fingernagel gegen den Ordner. »Sie müssen hier drin etwas für mich finden, Dexter. Um zu beweisen, dass es nicht derselbe war.«
    Mir ging ein Licht auf. Sie wurde unter Druck gesetzt, vermutlich von Captain Matthews, einem Mann, der glaubte, was in den Zeitungen stand, solange sie seinen Namen richtig schrieben. Und sie brauchte Munition, um zurückzuschlagen. »Natürlich war es nicht derselbe«, versicherte ich ihr. »Aber warum kommen Sie zu mir?«
    Sie starrte mich einen Moment unter halb geschlossenen Lidern an, ein merkwürdiger Effekt. Ich glaubte, diesen Blick in einigen der Filme gesehen zu haben, in die Rita mich geschleift hatte, aber warum LaGuerta ihn aufsetzte, konnte ich mir beim besten Willen nicht erklären.
    »Ich lasse Sie bei der 24-Stunden-Besprechung mitmachen«, sagte sie. »Auch wenn Doakes Sie am liebsten tot sehen würde. Ich sorge dafür, dass Sie bleiben können.«
    »Vielen herzlichen Dank.«
    »Weil Sie manchmal eine Eingebung haben. Bei Serien-morden. Das sagen alle. Dexter hat manchmal eine Eingebung.«
    »Ach, wirklich?«, sagte ich. »Ich habe doch nur ein oder zwei Mal gut geraten.«
    »Und ich brauche jemanden im Labor, der etwas finden kann.«
    »Warum fragen Sie dann nicht Vince?«
    »Er ist nicht so gerissen«, sagte sie. »Sie finden etwas.«
    Sie stand immer noch unangenehm nah vor mir, so nah, dass ich ihr Shampoo riechen konnte. »Ich werde etwas finden«, sagte ich.
    Sie nickte in Richtung Anrufbeantworter. »Werden Sie zurückrufen? Sie haben keine Zeit, um Muschis hinterherzujagen.«
    Sie war noch immer nicht zurückgewichen, und ich brauchte einen Moment, bevor mir klar wurde, dass sie die Nachricht auf dem Gerät meinte. Ich schenkte ihr mein bestes diplomatisches Lächeln. »Ich glaube, sie jagt mich, Detective.«
    »Ha. Sie haben mich verstanden.« Sie bedachte mich mit einem langen Blick, dann drehte sie sich um und ging hinaus.
    Ich weiß nicht, warum, aber ich beobachtete ihren Abgang. Ich konnte an nichts anderes denken. Kurz bevor sie um die Ecke aus meinem Blickfeld verschwand, strich sie ihren Rock über den Hüften glatt, drehte sich um und sah mich an. Dann war sie fort, auf in Richtung der unergründlichen Mysterien der Mordermittlungsdiplomatie.
    Und ich? Der teure, trottelige Dexter? Was blieb mir übrig? Ich sank in meinen Bürostuhl und drückte die Abspieltaste meines Anrufbeantworters. »Hi, Dexter. Ich bin’s.« Na klar. Und so seltsam es war, die langsame, leicht heisere Stimme, die wie ich klang, gehörte Rita. »Mmm … ich denke an gestern Abend. Ruf mich an, mein Herr.« Wie LaGuerta sehr richtig beobachtet hatte, klang sie irgendwie müde und glücklich. Offensichtlich hatte ich jetzt eine richtige Freundin.
    Wo würde dieser Wahnsinn enden?

18
    I ch saß eine Weile einfach so da und dachte über die grausame Ironie des

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