Des Todes Liebste Beute
wartete, die Nerven zum Äußersten gespannt. Sie hatte Mayhews Panzer aufgebrochen. Endlich.
Mayhew trat einen Schritt auf sie zu, aber Reagan hielt sie an der Schulter zurück. »Kristen«, sagte er, »sie ist es nicht wert.«
Einen Moment lang sah es so aus, als ob Reagan gewonnen hatte, und Zoe spürte den Stich der Enttäuschung. Doch dann trat Mayhew noch einen Schritt vor. »Erstens, Miss Richardson, ist der korrekte Ausdruck ›dauerhaft vegetativer Zustand‹, und ich bin sicher, dass die Angehörigen der Menschen, die sich in einem solchen befinden, es zu schätzen wissen, wenn Sie in dieser Hinsicht etwas taktvoller sein könnten. Zweitens verwalten Sie durch dieses Mikrofon, Miss Richardson, und Sie, Sir, durch die Kamera ein recht großes Stück Macht. Ich kann nur hoffen, dass Sie sie dazu einsetzen werden, den unschuldigen Opfern zu helfen, anstatt weiterhin neue Brandherde zu setzen.« Dann ging sie, und Reagan legte erneut seinen Arm um sie, und Zoe sah, wie sie sich an ihn lehnte.
Und einen klitzekleinen Moment lang wünschte sich Zoe, dass auch sie jemanden zum Anlehnen gehabt hätte. Doch plötzlicher Zorn verdrängte die Anwandlung. Diese kleine hochnäsige Ziege. »Kamera stopp«, fauchte sie. Scott senkte die Kamera, sah jedoch weiterhin Mayhew hinterher, und sein respektvoller Blick fachte Zoes Zorn nur noch mehr an. »Sag ja kein einziges Wort«, fuhr sie ihn an und rauschte an ihm vorbei.
Sie hatte noch etwas vorzubereiten.
Mittwoch, 25. Februar, 22.30 Uhr
»Wer ist Leah Broderick? Sagen Sie es mir doch.«
Voller Verachtung sah er auf Hillman herab. Der Mann war arrogant und mächtig, wenn er in seinem Gerichtssaal saß, doch jetzt war er zu einem zitternden Würmchen geworden. Wenn Leah ihn nur einmal so hätte sehen können!
Er hatte Hillman relativ leicht aus dem Lieferwagen in den Keller schaffen können. Hillman hatte sich zwar nicht auf die Bahre legen wollen, aber ein kleiner Schlag auf den Kopf hatte ihn dann doch überredet. Als der Richter wieder zu Bewusstsein gekommen war, hatte er eine Stunde lang nur an den Stricken gezerrt. Und dann hatte er zu jammern begonnen. Es war sehr befriedigend, solche Arroganz zerfallen zu sehen.
Er zog seine Waffe, ignorierte Hillmans entsetztes Flehen um Gnade und schoss ihm eine Kugel durchs linke Knie. Ein schriller Schrei, der Körper zuckte, und Hillman begann zu schluchzen. Wieder wünschte er sich, dass Leah ihn so hätte sehen können.
»Nur eine Vorsichtsmaßnahme, Richter Hillman. Ich möchte nicht riskieren, dass Sie mir weglaufen.« Das rechte Knie explodierte mit derselben Wucht wie das linke, und Hillman schrie wieder. Er bückte sich, um sein Werk zu begutachten. Blut floss, also verband er die Wunden. »Ich will nicht, dass Sie verbluten, Richter. Jedenfalls jetzt noch nicht. Darum kümmern wir uns später. Jetzt aber habe ich etwas Besonderes für Sie.« Er ging zur Anlage und drückte auf die Wiedergabe-Taste. »Ich habe mir die Freiheit genommen, die Mitschrift eines bestimmten Prozesses auf Band zu sprechen. Hören Sie gut zu. Bald wissen Sie wieder, was Sie getan haben.«
Dann ging er nach oben und legte sich aufs Bett. Er war erschöpfter, als er hätte sein dürfen. Er hatte noch ein paar Stunden Zeit zum Schlafen, dann würde er wieder auf Jagd gehen.
Mittwoch, 25. Februar, 23.40 Uhr
»Wie geht’s Kristen?«, fragte Mia, statt ihn zu begrüßen.
»Gut.«
Viel besser als gut,
dachte Abe zufrieden. »Sie wartet an meinem Schreibtisch.«
Mias Miene war durchtrieben. »Ich hoffe, ich habe euch nicht bei irgendwas gestört. So spät ruft man ja eigentlich nicht an.«
Abe schüttelte den Kopf, versuchte das selbstgefällige Grinsen zu unterdrücken und scheiterte kläglich. »Schon okay. Ich habe nur gedöst.« Neben Kristen. In ihrem Bett. Seine Hand auf ihrer Brust, ihr süßer Hintern an seinen Hüften. Das Leben war schön.
Mia grinste verschmitzt. »Auf dem Sofa.«
»Aber selbstverständlich«, log er und sah ihr Grinsen, bevor sie sich wegdrehte. Er deutete auf das Fenster zum Verhörraum. »Wer ist es?«
»Craig Dunning. Fahrer und Leibwächter des ehrenwerten Richters Edmund Hillman.«
»Der vermisst wird.«
»Ja.« Sie öffnete die Tür, trat ein und setzte sich neben den Mann, der nervös aufblickte. Er war Mitte dreißig und drehte seine Chauffeursmütze in der Hand. »Das ist mein Partner, Mr. Dunning.«
Abe streckte die Hand aus. »Abe Reagan.«
Dunnings Hand war feucht, aber sein
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