Des Todes Liebste Beute
dachte. »Ja, genau.« Kristen warf Todd Murphy, der ebenfalls wieder dabei war, einen Blick zu. »Aber Murphy hat nach Arthur Monroes Tod die Familie genau unter die Lupe genommen. Katies Mutter sitzt wegen Drogenbesitzes im Gefängnis, und Katie ist bei einer Pflegefamilie untergebracht. Ich habe mit der Frau vom Jugendamt gesprochen, die Katie noch vor zwei Wochen gesehen hat. Das Mädchen soll recht glücklich dort sein.«
»Was ist mit den Pflegeeltern?«, fragte Spinelli. »Da was zu finden?«
»Wasserdichte Alibis«, sagte Murphy ruhig.
»Verdammt und zugenäht.« Spinelli seufzte. »Wie geht’s weiter? Miles?«
»Kommt drauf an.« Westphalen hielt die Hand hoch, als Spinelli verärgert den Kopf schüttelte. »Es kommt drauf an, ob Hillman eher ein zufälliges Opfer ist oder ob der Richter von Anfang an sein Ziel gewesen ist. Er hat seit Montag nicht mehr zugeschlagen. Vielleicht war er einfach müde. Vielleicht ist er aber auch jetzt so weit, uns zu zeigen, worauf seine Rache eigentlich abzielt.«
»Falls Hillman nur einer von vielen ist, haben wir nicht mehr als gestern«, sagte Abe. »Aber falls es letztendlich um Hillman geht – ist danach Schluss?«
»Ich kann mich nicht dazu durchringen, von der Idee mit dem Muster abzugehen«, sagte Kristen. »Er ist so reglementiert. Alles wird immer auf dieselbe Art gemacht. Und der Fokus liegt stets auf dem Opfer.«
»Und Ihnen«, sagte Mia.
»Und mir. Irgendwie spiele ich eine Rolle in der Sache. Aber es geht vor allem um die Opfer. Denkt an die Grabsteine und die Briefe. Ich bin nur das P. S. Die Opfer sind die Hauptsache. Vielleicht bin ich übersensibilisiert, weil ich in den letzten Tagen mit vielen gesprochen habe, aber ich höre immer wieder dasselbe. Die Opfer, die ihr Recht nicht bekommen haben, machen das System dafür verantwortlich. Sie geben dem Täter die Schuld, dem Verteidiger, mir, dem Richter. Es ist ein ganzes Paket.«
»Wie die, die er Ihnen auf die Schwelle stellt«, bemerkte Miles. »Interessante Parallele.«
»Worauf wollen Sie hinaus, Kristen?«, fragte Jack. »Wo ist die Verbindung? Katie Abrams?«
Kristen schüttelte den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht. Zum einen, weil es in Katies Leben in letzter Zeit nichts gegeben hat, was ein Auslöser sein könnte. Zum anderen, weil es leider niemanden gibt, dem Katie so wichtig ist, dass er die Tat rächen wollte. Das ist einer der Faktoren, die den Fall so unerträglich gemacht haben. Nein, ich denke, es muss jemand anderes sein.«
»Vielleicht sind wir alle auf dem Holzweg, und es handelt sich bloß um einen durchgeknallten Typen, der mit alldem nichts zu tun hat«, sagte Mia. »Vielleicht hat er Sie in der Presse gesehen und einfach beschlossen, Ihnen das alles zu widmen. Wie John Hinckley Jr. mit Jodie Foster damals. Vielleicht sind Sie die einzige Verbindung.«
»Dann haben wir gar nichts«, erwiderte Kristen tonlos. »Weil er so clever ist, uns nichts zu hinterlassen als eine Kugel, einen Teilabdruck und einen Becher Kaffee.«
Spinelli seufzte. »Was war denn in der Hütte gestern? Irgendwelche Fingerabdrücke, Jack?«
»Ein paar Teilabdrücke auf den Bilderrahmen, aber sie befanden sich unter einer dicken Staubschicht. Auf der Zeitung haben wir auch welche gefunden. Sie können von jedem stammen, aber wir haben sie durch den Computer laufen lassen. Sie passen nicht zu dem, den wir auf Contis Leiche gefunden haben. Auf den Bildern stand hinten etwas drauf. Auf einem ›Worth: Henry, Callie, Hank und Paul‹. Auf dem anderen ›Hank und Genny, 1943‹.«
Abe schrieb es auf seinen Block. »Also war Paul der zweite Sohn. Im Archiv haben wir ja erfahren, dass das Grundstück nach Henrys Tod an Paul überging. Genny hat jemanden namens Colin Barnett geheiratet. Wir haben die Kirchengemeinde, das Jahr und ein Bild von Genny. Ich denke, wir sollten dem nachgehen, denn das ist unsere einzige Spur.«
»Und wir haben Paul Worth«, warf Mia ein. »Er könnte die Gussform seines Vaters haben.«
Abe nickte mit einem schuldbewussten Lächeln. »Du hast natürlich Recht. Er ist auch noch da. Wir müssen auch diese Spur verfolgen.«
»Ich kümmere mich darum«, sagte Kristen. »Wenn ihm das Grundstück gehört, dann müsste es Steuerunterlagen geben.«
»Gut.« Spinelli schrieb alles auf die Tafel. »Noch was?«
»Eines noch.« Murphy beugte sich am anderen Ende des Tisches leicht vor. »Marc hat mich gebeten, mir Aaron Jenkins’ Akte vorzunehmen, die wir inzwischen einsehen
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