Des Todes Liebste Beute
Händedruck hätte Steine zerquetschen können. »Ich habe Sie im Fernsehen gesehen.«
»So lebt man als Berühmtheit«, sagte Abe trocken. »Also – wann haben Sie Richter Hillman zum letzten Mal gesehen?«
»Gegen fünf.«
»Und Sie waren wo?«
Dunning rutschte vor Unbehagen auf seinem Stuhl hin und her. »Auf dem Parkplatz der Verleihfirma.«
Mia verdrehte die Augen. »Kommen Sie, Dunning, es ist spät. Reden Sie nicht um den heißen Brei herum.«
Dunning sah sie finster an, entschied sich aber schließlich, zu tun, was sie gesagt hatte. »Jeden Mittwoch hole ich den Richter vom Gerichtsgebäude ab und bringe ihn zur Mietwagenfirma. Wir … wir tauschen die Autos. Er nimmt meinen, und ich warte in der Limousine, bis er zurückkommt. Aber heute ist er nicht zurückgekommen.«
Mia machte eine ungeduldige Geste. »Und wohin fährt er?«
Dunning zögerte. »Er trifft sich mit seiner Mätresse.«
Abe schüttelte den Kopf. »Erst Alden, jetzt auch noch Hillman. Schläft denn keiner der Typen mehr mit seiner eigenen Frau? Okay, Mr. Dunning, wir brauchen Einzelheiten. Um wie viel Uhr kommt Hillman normalerweise zurück? Wo trifft er diese Frau? Wie heißt sie?«
»Sie heißt Rosemary Quincy, und sie treffen sich in einem Hotel in Rosemont. Normalerweise ist er gegen halb sieben wieder da, spätestens um sieben.«
Mia fuhr sich mit der Zunge über die Zähne. Es war deutlich, dass sie sich einen Kommentar zu Hillmans Standvermögen verkneifen musste. »Und wie lange haben Sie gewartet?«
Wieder rutschte Dunning auf dem Stuhl umher. »Bis halb zehn. Dann bin ich nach Hause gefahren. Aber um halb elf rief Rosemary an. Sie hat das Hotel verlassen und seinen Wagen – ich meine, meinen Wagen – entdeckt. Sie erzählte mir, dass er schon vor Stunden gegangen ist, und machte sich Sorgen wegen der ganzen Morde.«
»Und warum hat sie uns nicht informiert?«, fragte Mia.
»Sie hat wohl gehofft, dass sie ihren Namen aus der Sache heraushalten könnte.«
»Das wird wohl nichts«, bemerkte Abe. »Und was ist mit Mrs. Hillman? Weiß sie Bescheid?«
Dunning leckte sich nervös über die Lippen. »Worüber? Die Affäre oder dass er vermisst wird?«
»Beides«, sagte Mia.
»Ob sie über Rosemary Bescheid weiß, kann ich nicht sagen. Aber weil er nicht nach Hause gekommen ist, hat sie mich angerufen. So gegen acht. Und ich …«
»Sie haben ihr gesagt, dass er irgendwo noch zu tun hat«, beendete Mia verärgert den Satz.
»Ja. Hören Sie, ich bin aus freiem Willen hergekommen. Kann ich jetzt gehen?«
Abe gab ihm einen Notizblock und einen Stift. »Schreiben Sie uns bitte zuerst Name und Adresse dieser Rosemary auf. Außerdem brauchen wir eine Beschreibung von Ihrem Wagen und das Nummernschild. Danach können Sie gehen.« Er winkte Mia, und gemeinsam verließen sie den Raum. Abe machte die Tür zu und betrachtete Dunning durch das Fenster. »Vielleicht ist Hillman wohlauf.«
»Vielleicht hat Mrs. Hillman herausgefunden, dass er eine Affäre hat, und ihn aus Wut umgebracht«, sagte Mia.
»Aber du glaubst nicht daran.«
»Nein. Und du auch nicht.« Mia rieb sich beide Wangen. »Verdammt, langsam bin ich es leid. Los, nehmen wir uns Kristens Liste vor.«
Donnerstag, 26. Februar, 8.00 Uhr
Kristen betrachtete die grimmigen Gesichter der Menschen, die um den Tisch herum saßen. Die Atmosphäre war angespannt. Und wen wunderte es, dachte sie. Ein Richter wurde vermisst. Die Presse war aufgebracht, und die Herren und Damen Juristen umso mehr.
Spinelli drückte sich mit den Daumen gegen die Schläfen. »Bitte sagen Sie mir, dass wir am Wagen irgendetwas gefunden haben.«
»Nichts.« Selbst Jack war entmutigt. »Nicht eine winzig kleine Spur.«
»Und niemand hat irgendetwas gesehen«, fügte Abe hinzu.
Kristen räusperte sich. »Ich weiß, dass Sie alle meine Listen nicht mehr sehen können, aber ich habe trotzdem noch eine. Alle Sexualstraftaten, die ich unter Hillmans Vorsitz verhandelt habe. Ich habe bereits mit einigen der ehemaligen Kläger gesprochen. Die meisten sind noch immer verbittert. Aber keiner scheint ein Trauma in den letzten drei Monaten erlitten zu haben.«
»Irgendwelche Namen, auf die wir schon vorher gestoßen sind?«, wollte Mia wissen.
»Nur einen. Katie Abrams.«
»Die Fünfjährige, die den Freund ihrer Mutter ›verführt‹ hat«, sagte Spinelli verächtlich.
Auch Kristen spürte, wie der Zorn erneut in ihr aufstieg, als sie an Katie Abrams und das grobe Fehlurteil des Richters
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