Des Todes Liebste Beute
durften. Er ist wegen sexueller Nötigung vor Gericht gestellt worden. Er hat vor sieben Jahren versucht, ein Mädchen zu vergewaltigen, aber sie steht nicht auf Ihrer Opferliste, Kristen. Ich habe schon nachgesehen. Sie heißt June Erickson.«
Kristen dachte angestrengt nach. »Der Name sagt mir nichts. Können wir mit ihr reden?«
Murphy zog ein Gesicht. »Falls wir sie ausfindig machen. Ihre Familie ist kurz nach dem Prozess umgezogen. Ich habe mit Nachbarn gesprochen, die mir erzählt haben, dass das Mädchen in der Schule anschließend arge Pro-bleme gehabt hat. Sie ist wohl ziemlich angefeindet worden, weil sie Jenkins angezeigt hat. Anscheinend war er damals ein ziemlich beliebter Typ gewesen. Wie auch immer – ich habe eine Liste von Ericksons und gehe sie heute durch. Ich sage Bescheid, wenn ich etwas finde.«
»Okay, dann wissen wir jetzt, wie wir weitermachen«, sagte Spinelli. »Abe und Mia suchen Genny O’Reilly. Murphy nimmt sich das Erickson-Mädchen vor. Kristen, Sie kümmern sich um Paul Worth, aber verlassen Sie das Gebäude nicht allein. Falls jemand ein Paket bei Ihnen zu Hause abgibt, das mit Hillman zu tun hat, wird uns der Officer vor Ihrer Einfahrt informieren.«
»Und Sie?«, fragte Abe.
»Ich halte uns die Politiker und Reporter vom Hals, die uns erzählen wollen, wie wir unseren Job machen sollen.«
Kristen reichte ihm ihre neuste Liste. »Die Hillman-Fälle mit Verteidigern und Angeklagten. Wenn wir davon ausgehen, dass es eine Verbindung gibt und dies seine Rache betrifft, wird eine der Personen auf der Liste der nächste sein.«
Donnerstag, 26. Februar, 9.30 Uhr
Vater Ted Delaney von der Sacred-Heart-Kirche schien sich selbst gern ein wenig in der Rolle des Detektivs zu sehen, und als Vorlage hatte ihm eindeutig
Columbo
gedient. Nachdem Abe ihm erklärt hatte, wonach sie suchten, stürzte er sich mit einem Feuereifer in die Sache, der ihnen ein Lächeln entlockte.
»Ich war damals natürlich noch nicht der Gemeindepriester, wie Sie sich denken können«, sagte er und schob die Brille auf der Nase hoch. »Ich bin erst seit 1965 hier. Zwei Generationen davor war das Vater Reeds Kirche. Er war 1943 schon alt. Er ist gestorben, bevor der Krieg vorbei war, glaube ich.«
»Wir haben uns schon gedacht, dass wir den Priester, der sie damals verheiratet hat, nicht mehr lebend antreffen würden«, sagte Abe. »Aber können Sie sich an irgendwelche Barnetts in der Gemeinde erinnern? Sie hieß Genny, er Colin.«
»Im Moment nicht, aber damals war die Gemeinde noch viel größer.« Er sah sie über die Brillengläser hinweg leicht vorwurfsvoll an. »Heutzutage gehen nicht mehr so viele Leute in die Kirche.«
Abe kämpfte gegen den Drang an, betreten auf seine Schuhe zu blicken. »Ja, Sir«, sagte er. »Wie steht es mit dem Geburtenregister? Das Baby müsste, falls es eins gegeben hat, so um den März 1944 geboren sein.«
Delaney nahm ein dickes Buch und ging mit knotigen Fingern durch die Seiten. Endlich sah er auf. »Ein Sohn. Getauft auf den Namen Robert Henry Barnett. 2. März 1944.«
Einen Schritt weiter. »Hatten sie noch andere Kinder, Vater?«, fragte Abe.
»Wenn Sie etwas Zeit haben, sehe ich nach.«
Nach einer Weile, die ihnen wie eine Ewigkeit vorkam, hatte Delaney etwas gefunden. »Eine Tochter. Iris Anne, 12. Mai 1946.« Wieder fuhren seine Finger über die Seiten. »Und noch einen Sohn. Colin Patrick. 30. September 1949.«
»Ist es möglich, dass Genny noch lebt?«, fragte Mia.
»Sie müsste bald achtzig sein«, gab Delaney zurück. »Das Sterberegister ist woanders. Warten Sie hier, ich sehe nach.«
Als er fort war, wandte Abe sich an Mia. »Sie haben nicht ihren Erstgeborenen Colin Patrick genannt.« Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Mia zog eine Braue hoch. »Sieben-Monats-Baby. Das war doch vorprogrammiert. Ich würde gerne wissen, ob Colin senior es vorher wusste oder überrascht war, weil das Söhnchen satte zwei Monate zu früh kam.«
»Sie hat den ersten Robert Henry genannt.«
»Hank ist die Kurzform für Henry.«
Abe nickte. »Entweder war Colin senior der gutmütigste Mann der Welt, oder Genny hat ihm das Kind und den Namen untergejubelt. Harte Sache – den Erstgeborenen nach dem biologischen Vater zu nennen.«
»Hoffen wir, dass wenigstens noch eins der Barnett-Kinder in Chicago lebt.«
»Wenn der gute Vater zurückkommt, werden wir fragen.«
Donnerstag, 26. Februar, 10.30 Uhr
Frustriert legte Kristen den Hörer auf. Die
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