Des Todes Liebste Beute
Frau erzählte. »Was ist aus Robert geworden?«
Wieder wurde ihr Gesicht weich. »Danach wurde es für ihn zu Hause noch schlimmer. Schließlich ist er abgehauen. Das hat Iris Anne nie verwinden können.«
Miss Keene wohl auch nicht, wie er vermutete. »Was meinen Sie mit ›es wurde schlimmer‹? Wie war es denn vorher?«
Keene sah ihn wütend an. »Mr. Barnett war immer sehr streng zu dem Jungen. Iris und Colin konnten tun, was immer sie wollten, aber Robert musste richtig schuften. Und wenn er auch nur einmal irgendwas falsch machte, dann bekam er den Rohrstock zu spüren. Irgendwann lief er weg, wie ich schon sagte. Ich habe ihn nie wieder gesehen.«
»Miss Keene«, sagte Mia leise. »Was ist aus dem Jungen geworden, der Colin getötet hat?«
Keene ließ den Blick wieder auf die Schleife sinken. »Er kam ins Gefängnis. Eine von diesen Jugendstrafanstalten. Als er wieder draußen war, geriet er ziemlich schnell in eine Kneipenschlägerei und wurde erstochen. Genau wie Colin.« Sie hielt die Schleife ins Licht. »Ausgleichende Gerechtigkeit nannte die Zeitung das damals. Der Typ, der es getan hat, ist nie geschnappt worden. Die meisten dachten, er hätte sich einfach ein paar Feinde gemacht, aber Iris und ich haben uns gefragt, ob Robert nicht vielleicht zurückgekommen war.« Sie seufzte. »Natürlich war das kindisch. Nur Wunschdenken. Ein paar Jahre später dachte ich einmal, ich hätte ihn gesehen, aber ich habe mich getäuscht.«
»Wo war das?«
»Bei der Beerdigung. Iris und die Eltern kamen bei einem Autounfall um.«
»Tut mir Leid«, murmelte Mia, und Keene zuckte die Achseln.
»Das ist fast fünfundzwanzig Jahre her.« Dann überraschte sie Mia, indem sie sie anlächelte. »Aber danke. Sie war meine beste Freundin.«
»Warum glauben Sie, dass er es bei der Beerdigung doch nicht war, Miss Keene?«, wollte Abe wissen.
»Ich habe ihn gerufen, aber er hat nicht reagiert. Mein Robert wäre nie so unhöflich gewesen.«
»Nur noch eine Frage, Miss Keene, dann sind wir wieder weg«, sagte Mia. »Haben Sie Bilder, vielleicht eins von Robert?«
»Oje. Vielleicht habe ich irgendwo ein altes Jahrbuch aus der Schule, aber ich habe keine Ahnung, wo.«
Mia gab ihr eine Karte. »Es ist sehr wichtig für uns, dass wir ein Bild von ihm finden. Mein Name und meine Nummer stehen hier drauf. Falls Sie etwas finden, rufen Sie uns dann an?«
Donnerstag, 26. Februar, 15.00 Uhr
»Mr. Conti wird Sie jetzt empfangen.«
Zoe fuhr nervös zusammen. Nun, da sie hier war, fand sie ihre Idee, Conti um ein Interview zu bitten, nicht mehr ganz so berauschend, insbesondere da man ihr nicht erlaubt hatte, Scott mitzunehmen. Er hatte sie nicht einmal im sendereigenen Wagen herfahren dürfen. Sie folgte dem Butler, der einen schwarzen Nadelstreifenanzug mit einem weißen Hemd und einer schwarzen Fliege trug.
Al Capone für Arme,
dachte sie, froh, dass sie beim Sender angekündigt hatte, wohin sie fahren würde.
»Miss Richardson«, ließ der Butler verlautbaren und bedeutete ihr mit einer Geste, Jacob Contis privates Arbeitszimmer zu betreten. Conti saß an seinem Tisch und musterte sie mit verengten Augen. Drake Edwards stand neben ihm. Sie nahm an, dass Edwards locker wirken wollte, aber er strahlte eine solch geballte Kraft aus, dass ›locker‹ der letzte Ausdruck war, der einem bei seinem Anblick in den Sinn kam. Einen Moment lang starrte sie ihn fasziniert an, dann wandte sie sich an Conti.
»Vielen Dank, dass Sie mich empfangen. Mein aufrichtiges Beileid. Der Tod Ihres Sohnes hat uns alle erschüttert.«
Conti schwieg, aber Edwards zeigte auf den einzigen Stuhl im Raum. »Setzen Sie sich, Miss Richardson«, sagte er sanft. »Bleiben Sie eine Weile bei uns.«
Dieser Satz klang beinahe unheilvoll, aber Zoe dachte nicht daran, sich einschüchtern zu lassen. Sie setzte sich, wobei sie darauf achtete, ein gutes Stück Bein zu zeigen. »Ich möchte um ein offizielles Interview bitten.«
Edwards zog eine Braue hoch. »Warum sollte Mr. Conti an einem Interview interessiert sein?«
»Es hat in dieser Woche mehrere Anschläge auf Kristen Mayhew und verschiedene, ihr nahe stehende Personen gegeben«, sagte Zoe.
Contis Miene blieb reglos, während Edwards sie amüsiert musterte. »Und inwiefern betrifft uns das?«
Zoe wusste durchaus, dass er sie verspottete. »Es gibt Vermutungen, dass Sie daran beteiligt sind, Mr. Conti. Die Polizei war heute Morgen hier.«
»Die Polizei hat uns gegenüber keinerlei derartige
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