Des Todes Liebste Beute
sah zu, wie sie sich zum Schlafengehen zurechtmachte. Bisher hatte er dazu noch keine Gelegenheit gehabt. Die anderen Male, die sie in ihrem Bett gelandet waren, hatten sie sich hastig die Kleider vom Leib gerissen und waren übereinander hergefallen. Aber heute Abend durfte er einfach nur zusehen. Er hatte es immer geliebt, Debra dabei zu beobachten. Er hatte die Nähe so sehr vermisst, und dass er nun wieder eine solche Vertrautheit erleben durfte, kam ihm beinahe wie ein Wunder vor.
Kristen hielt inne, ihre Finger am mittleren Knopf ihrer Bluse. Sie spürte, dass er sie unverwandt ansah. Er hatte sich Kissen hinter den Rücken gestopft und lehnte halb aufgerichtet am Kopfende des Bettes, die langen Beine müßig ausgestreckt. Sie sah über die Schulter und schauderte über die Glut in seinem Blick. »Warum siehst du mich an?«
Sein Lächeln war sinnlich und glückselig zugleich, und es raubte ihr den Atem. »Weil du so schön bist. Lass dich nicht stören. Mach einfach weiter.«
Sie sah wieder an ihrer Bluse herab, konzentrierte sich auf den Knopf, hielt ihre Hände nur mühsam vom Zittern ab. Sie musste es ihm sagen.
Jetzt, Kristen.
Doch stattdessen beschäftigte sie sich mit ihren Kleidern, zog sie aus, hängte sie auf, wie es ihre Gewohnheit war, und stand schließlich nur noch in BH und Slip vor ihm. Es raschelte auf dem Bett, dann war er hinter ihr, und sie spürte seine Wärme als ein Brennen im Rücken. Er legte die Hände auf ihre Schultern, küsste sie in den Nacken. Sie neigte den Kopf und schauderte wieder, als er mit der Zunge abwärts über ihre Schulter glitt.
»Ist dir kalt?«, murmelte er.
»Nein«, flüsterte sie.
»Hm. Gut.« Seine Hände kneteten geschickt die angespannten Muskeln ihrer Schultern, dann führte er sie zu dem Stuhl vor ihrem Schminktisch.
»Setz dich.«
Sie setzte sich und beobachtete aus gesenkten Lidern ihr Spiegelbild, während er ihr die Nadeln aus dem Haar zog. Sie wusste instinktiv, dass er eine Gewohnheit schaffen wollte. Eine nach der anderen fielen die Nadeln auf die Oberfläche der Kommode, bis ihr Haar befreit war. Er nahm die Bürste und fuhr ihr damit durch die Locken, wobei er sanft ihre Kopfhaut massierte. Unwillkürlich schloss sie die Augen.
Es fühlt sich so gut an.
»Gut«, sagte er leise. »Ich würde sofort aufhören, wenn es dir wehtut.«
Ihre Lider flogen auf, und sie blickte ihn an. »Wie machst du das? Wie schaffst du es, dass ich meine Gedanken immer laut ausspreche?«
»Ich glaube, du sagst es laut, weil du im Grunde deines Herzens willst, dass ich es höre.« Er hielt inne und sah sie wieder ernst an. »Was ist los, Kristen? Du bist so ruhig heute Abend.«
Jetzt, Kristen. Sei nicht so feige.
Sie stand auf, nahm sich ihren Morgenmantel und streifte ihn über. »Ich muss mit dir reden. Und du musst bitte nur zuhören, denn es fällt mir sehr schwer.«
Seine Brauen zogen sich zusammen. Er legte die Bürste zurück und setzte sich wieder aufs Bett. »Ich höre dir zu.«
Sie zog die Schublade ihres Schminktischs auf und nahm das Album heraus. Sie presste es an ihre Brust, drehte sich zu ihm um und sah ihm in die besorgten Augen. »Ich weiß von eurem Baby.«
Er wurde bleich. »Woher?«
»Aidan hat es versehentlich erwähnt. Er dachte, ich wüsste Bescheid. Und dann hat mir dein Vater ein Bild von Debra gezeigt, das kurz vor … Du weißt schon.«
Sein Nicken war abgehackt, sein Gesicht blass unter den Bartstoppeln. »Tut mir Leid, Kristen. Ich wollte dir das nicht vorenthalten. Ich rede nur einfach nicht darüber.«
»Ich weiß.« Sie setzte sich so auf das Bett, dass sie ihn ansehen konnte. »Und das verstehe ich.« Sie schluckte, legte das Album neben ihn und sprang plötzlich auf die Füße. Er nahm es, schlug es auf und betrachtete das erste Foto, das ein Kleinkind mit roten Locken und riesigen grünen Augen zeigte. Sofort begriff er.
»Sie ist von dir«, sagte er tonlos. Sie schwieg, und er sah sich das nächste Bild an, dann das nächste, bis er am Ende angelangt war. »Elf Bilder.«
Kristen zitterte nun heftig, und diesmal konnte sie es nicht unterdrücken. »Eins zur Geburt und an jedem Geburtstag ein weiteres.«
»Sie ist hübsch.«
»Danke.«
»Wie heißt sie?«
Sie schlang die Arme um ihren Körper. »Sie haben sie Savannah genannt.«
Er nickte, ohne den Blick von ihr zu nehmen. »Wo ist sie?«
»In Kalifornien.«
»So weit weg.«
»Ihre Eltern sind aus Chicago weggezogen, als sie vier war.«
Wieder sah er auf eines
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