Des Todes Liebste Beute
Sofort lief ihm das Wasser im Mund zusammen.
Auch Spinelli sog anerkennend das Aroma ein. »Ihre Mutter hat angeboten, für das Abendessen zu sorgen.« Er grinste. »Da konnte ich ja wohl schlecht ablehnen.«
Abe beugte sich herab und küsste seine Mutter auf die Wange. »Danke, Mom.« Sie errötete, und er fand, dass sie genauso hübsch aussah wie damals, als sie zu seiner Einschulung mit Schokoladenkuchen in seiner Klasse aufgetaucht war. »Das ist lieb von dir.«
»Natürlich.« Sie bückte sich, um Pappteller und Plastikbesteck aus der riesigen Tasche zu holen, ohne die sie niemals vors Haus ging. »Ich kann doch nicht zulassen, dass ihr hungert, nicht wahr?«
Mia beugte sich schnuppernd über den Topf. »Ist da Fleisch drin?«
Seine Mutter sah sie indigniert an, zog aber plötzlich besorgt die Stirn kraus. »Selbstverständlich ist da Fleisch drin. Sie sind doch nicht etwa Vegetarierin?«
Mia lachte. »Gott bewahre, Ma’am. Ich bin Detective Mia Mitchell, Abes neue Partnerin.«
Nun sah Becca noch besorgter aus. »Sie sind seine neue Partnerin?«
Mia lachte erneut, keine Spur beleidigt. »Keine Angst. Bei mir ist er in Sicherheit.«
Spinelli nickte bestätigend. »Mia kann hervorragend auf sich selbst aufpassen.«
Mit zweifelndem Blick ging Abes Mutter auf die Tür zu. »Also gut. Dann lasse ich euch mal arbeiten.«
Abe sah zu, wie Mia sich erst begeistert eine riesige Portion Eintopf nahm und den übervollen Teller dann knurrend vor sich auf den Tisch stellte. In aufgesetzter Panik riss Jack die Hände hoch und wich zurück.
»Ich bringe dich runter, Mom.«
Seine Mutter wartete, bis sie unten an der Treppe angekommen waren. »Und wer war die andere? Die in dem weißen Kittel?«
»Sie ist Gerichtsmedizinerin.« Abe lachte leise, als seine Mutter ein Gesicht zog. »Aber sie hat sich bestimmt die Hände gewaschen, bevor sie das Leichenschauhaus verlassen hat.«
»Lieber Himmel.« Sie zuckte die Achseln. »Nun ja, irgendjemand muss das ja machen. Und was ist mit deiner neuen Partnerin?« Sie schaute durch die Wimpern zu ihm auf. »Die ist niedlich.«
Abe lachte. »Vergiss es, Mom. Es würde dir gar nicht gefallen, wenn sie auf mich stehen würde. Wir beide wären nur abgelenkt und könnten uns nicht mehr um die bösen Buben kümmern.«
Seine Mutter grinste. »Gutes Argument. Bringst du mir das Geschirr zurück?«
»Am Sonntag, wenn ich zum Essen komme. Vielleicht sogar früher.«
»Ah, du hast schon mit Sean gesprochen.« Ihr Lächeln verblasste. »Dann weißt du es schon.«
Ja, er wusste es. Er hatte geschafft, es in den Hintergrund seines Bewusstseins zu drängen, aber es hatte den ganzen Tag an ihm genagt. Nun sah er Sharon und Jim vor seinem inneren Auge, und sein Magen krampfte sich zusammen.
Er und Debras Eltern hatten sich noch nie besonders gut verstanden, aber ihre Beziehung war rundheraus feindselig geworden, als es mit seiner Frau zu Ende gegangen war. Er drückte den Arm seiner Mutter. »Mach dir keine Sorgen. Ich habe versprochen, Sean und Ruth die Taufe nicht zu verderben.«
»Nein, auf den Gedanken wäre ich auch nicht gekommen, Abe. Ich wollte nur nicht, dass du unvorbereitet bist.«
Nein, das würde sie niemals zulassen. Sie stand zu ihren Kindern, was immer geschehen würde, und dafür liebte er sie umso mehr. »Ich bin gewarnt.« Er küsste sie wieder. »Danke für das Essen, Mom. Ich komme vorbei, sobald ich kann.«
Sie legte ihre Hände an sein Gesicht, bevor er sich wieder aufrichten konnte, und sah in seine Augen. »Ich bin so froh, dass du eine neue Stelle hast«, flüsterte sie eindringlich.
»Ich weiß.«
»Ich habe mir jeden Tag die größten Sorgen gemacht.«
Sie war die Frau eines Berufspolizisten und Mutter von Männern, die ebenfalls diese Laufbahn eingeschlagen hatten. Sie kannte die Gefahr, und sie lebte damit, aber sein Undercover-Einsatz hatte die ganze Familie belastet, und das war ihm immer bewusst gewesen. Zu Anfang der verdeckten Ermittlung hatte er ungefähr einmal im Monat gewagt, sie zu besuchen, aber je weiter die Operation fortschritt, desto größer die Abstände. In der Nacht, in der Debra gestorben war, hatte er das letzte Mal einen Besuch zu Hause riskiert. Das war ein volles Jahr her. Und er hatte es bei Nacht und Nebel getan. Doch nun war es vorbei. Ab jetzt konnte er nach Hause gehen, wann immer er wollte. »Ich weiß, Mom. Aber ich bin okay, wirklich.«
Ihre Hände hielten noch immer sein Gesicht, und er begann, seinen Nacken zu
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