Des Wahnsinns fette Beute: Macken und Marotten auf der Spur (German Edition)
Mittwochabend hatten wir uns um 22 : 30 Uhr für das Interview in unserem Wohnzimmer verabredet. Bereits zwei Stunden vorher waren alle Vorbereitungen erledigt, und wir saßen aufgeräumt vor diversen Tapas und Fladenbroträdern. Schweigend betrachteten wir den Sekundenzeiger der Uhr bei seinen ruckartigen Spaziergängen ums Zifferblatt. In die Stille fragte eine von uns: Champagner? Und sie war noch nicht bei der letzten Silbe angekommen, da ließ die andere in der Küche bereits den Korken ploppen. Diese Idee stellte sich als perfekt heraus, da Gayle nach einer erfolgreichen Fernsehaufzeichnung, in der sie ihren Song «I want to be Michelle Obama! I want to have her Oberarma!» performt hatte, bester Laune war. Sie kam uns lachend und winkend auf dem Flur entgegengetanzt. Und obwohl wir, den Schaumwein betreffend, ein bis zwei Gläschen Vorsprung hatten, stellte sie uns mit ihrer guten Laune und ihrem Temperament in den Schatten. Sie kam, saß und siegte mit ihrer fröhlichen und direkten Art.
CS: Wie schön, dass du zu vorgerückter Stunde bei uns zu Gast bist.
HvS: Gibt es in deinem Leben ein Ritual, wo du sagst: «Das muss ich immer vor einem Auftritt oder in meinem Privatleben machen!?»
GT: Ja. Seit ich in Berlin bin, gehe ich vor einer Premiere immer mittags um 13 Uhr zum KaDeWe und esse ein Stück Fisch. Ich glaube, ich gönne mir dieses Ritual, da ich lange Zeit in meinem Leben kein Geld gehabt habe. Als ich nach Berlin kam, symbolisierte das KaDeWe für mich das Nonplusultra an Luxus. Dass ich mir dort ein Stück Fisch leisten kann, ist noch immer keine Selbstverständlichkeit für mich. Es bedeutet: «Sei gut zu dir», vor einer Premiere. Das Protein vom Fisch ist gesund und gibt mir die nötige Kraft für den Abend. Das ganze Ambiente dort füttert meine Seele. Ich denke jedes Mal happy: «Oh my God. Was ist das für ein Leben?!»
Ist das immer derselbe Fisch?
Nein, es sind verschiedene Fische. Es sind ja auch verschiedene Shows. Ich habe das einmal nicht gemacht, und das war nicht so gut.
Das heißt, dieses Ritual und dieser Aberglaube sind schon sehr wichtig für dich?
Ist Aberglaube Aberglaube? Oder ist Aberglaube Glaube?
Das fragen wir dich.
Ich finde, es ist Glaube. Ich glaube dran. Es gibt ein großes Stück Gott da drin, Spiritualität. Das ist etwas, das ich habe. Ich respektiere Theater wahnsinnig. Ich habe dieses Privileg, im Theater zu arbeiten. Das war mein Traum, seit ich ein Kind war. Dabei ging es mir nicht darum, ein Star zu sein. Ich wollte einfach im Theater arbeiten. Theater ist ein soziales Feld. Man darf mit anderen Leuten etwas machen, um die Welt zu verändern. Oder mindestens den Moment zu verändern. Ich finde, das ist ein großes Geschenk. Um am Premierenabend körperlich und seelisch in Topform zu sein, halte ich an diesem KaDeWe-Ritual fest.
Macht Seezunge bessere Premieren als Forelle?
Ich glaube, ein netter Rotbarsch ist vielleicht das Beste. Der freundliche Mann da hinter dem Tresen sieht zudem immer sehr unterstützend aus. Das gibt mir zusätzlich noch ein gutes Gefühl für den Abend.
Wenn du dann im Theater bist und alle Vorbereitungen abgeschlossen hast, gibt es dann noch etwas, was du tun musst, bevor der Vorhang aufgeht?
Ja, klar. Ich huste sehr gerne. Was für eine Sängerin eigentlich total bescheuert ist. Aber ich muss mindestens dreimal husten, bevor ich auf die Bühne gehe. Wirklich nicht nur hüsteln,
(Gayle demonstriert dieses zarte Hüsteln mit abgespreiztem Finger an der Hand, die sie sich artig vor den Mund hält.)
sondern bellen.
(Wir kommen leider auch in den Genuss dieser lauten Demonstration und fangen im letzten Moment die auf dem Tisch tanzenden Champagnergläser auf.)
Lautes Husten ist für eine Frau wirklich sehr unschicklich. Aber ich huste wie ein Fußballspieler.
(Keine von uns möchte ihr jetzt widersprechen.)
Du musst dabei aber bitte nicht ausspucken? Ich hasse das, wenn Fußballspieler dauernd auf den Rasen spucken.
Nein, das mache ich überhaupt nicht. Das finde ich auch grauenvoll.
Danke.
Ein wichtiger Glücksbringer ist mein Handtuch, das ich immer dabeihabe. Das ist ein Geschenk von meinem ersten großen Choreographen, David Gordon, mit dem ich in New York gearbeitet habe. Er hat mir das damals als Premierengeschenk gegeben. Was ich von einem Choreographen ein sehr praktisches und tolles Geschenk finde.
Wie lange ist das
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