Des Wahnsinns fette Beute: Macken und Marotten auf der Spur (German Edition)
ist einfach so wunderschön entspannend, und es gibt immer ein Happy End.
Das verstehe ich. Hast du als junger Mensch denn auch deutsche Autoren kennengelernt?
Nein. Das war etwas ganz Neues für mich, als ich hierhergekommen bin. Schiller und Goethe haben wir überhaupt nicht gelesen in meiner Heimat. Als ich das erste Mal hierherkam und Ulla Meinecke, Ideal oder Rio Reiser gehört habe, hatte ich zwar keine Ahnung, was die gesungen haben. Aber ich war fertig. Ich habe gedacht: «Das ist so schön!» Und jetzt, 20 Jahre später, wenn ich Rio Reiser höre und verstehe, fange ich an zu heulen.
Wir werden ihn gleich nach dem Interview auflegen. Was war denn das erste Buch, was du von einem deutschen Autor gelesen hast? Erinnerst du dich daran?
Das war von Matthias Frings. Er ist ein sehr, sehr guter Freund von mir und hat ein Buch geschrieben, «Der letzte Kommunist».
Haben Amerikaner einen anderen Aberglauben als die Deutschen? Wir haben hier in Deutschland: «Regenschirme soll man nicht im Zimmer aufspannen», wir haben hier: «Nicht unter der Leiter hergehen», wir haben: «Schwarze Katzen von links nach rechts, bringt’s was Schlechts.»
Ich kenne das vom Theater natürlich. Man spricht hinter der Bühne nicht das «scottische Play» aus.
Das «schottische Stück»? Was ist das denn?
(Gayle kommt ganz dicht an uns ran und flüstert.)
Sage nie «Macbeth» hinter der Bühne, niemals.
(Flüstert zurück:) Warum?
Das bringt Unglück.
Wir sind ja zum Glück nicht hinter einer Bühne. Man darf hinter einer Bühne nicht «Macbeth» sagen?
Nein, darf man nicht.
Ist das nur bei Amerikanern so?
Nein, in England, in Amerika, anybody with English speech. Die dürfen das nicht hinter der Bühne sagen. Man darf auch nicht pfeifen hinter der Bühne.
Okay, das kennen wir auch. Aberglaube heißt auf Englisch «Superstition», oder?
Ja.
Stevie Wonder, ich danke dir.
(Jetzt wird es laut, denn drei Weiber trällern:)
«Very superstitious …»
«Very superstitious …»
«Very superstitious …»
Du bist so lange in Deutschland und schreibst ganze Programme und Bücher über Deutschland und Amerika. Gibt es etwas, wo du sagst: «Da bin ich inzwischen sehr deutsch geworden?»
Ja. Lüften. Ich war in New York vor zwei Wochen, ich habe gedacht: «Open that fucking window!» Überall gibt es diese grauenvollen Klimaanlagen und die Fenster bleiben verschlossen. Ich war in einem Sportstudio, das war so klein wie ein Schuhkarton. Der Fußboden war mit einem dicken Teppichboden ausgelegt, und es roch im Raum muffig nach Schweiß. Die Klimaanlage lief auf Hochtouren, und ich habe gedacht, dass ist so hammerhart, das ist Hardcore. Meine Haare flogen wild umher, und ich schrie plötzlich los: «Es zieht, es zieht! Guckt mal, ich muss einen Rollkragenpullover anziehen.»
Wir Mädels in den Wechseljahren brauchen eh noch mehr frische Luft als vor zehn Jahren!
Ja, aber hallo! Mache im Sommer morgens die Fenster zu, öffne sie abends, statt einer Klimaanlage, die viel Energie benötigt und viel umweltunfreundlicher ist. Es ist natürlich. Es funktioniert. Gehe spazieren, wenn du deprimiert bist. Das kennt der Amerikaner nicht.
Was vermisst du als Amerikanerin am meisten in Deutschland?
Spontanität, Optimismus und ab und zu ein Eis.
Habt ihr etwa besseres Eis als wir? Wir haben doch so wunderbares italienisches Eis in Deutschland.
Bei uns gibt es so übersüßtes, sahniges Eis. Das ist Kiffer-Eis und der Wahnsinn. Außerdem fehlt mir meine Schwester. Ich vermisse, egal, wo ich bin, meine Schwester und meine beste Freundin.
Wie sehen bei dir Weihnachten, Silvester und Geburtstage aus? Bist du da ein durchritualisierter Mensch, oder feierst du jedes Jahr anders?
Ich spiele oft an Weihnachten und Silvester, denn das ist eine Zeit, wo man auf der Bühne viel Geld verdienen kann. Ich lebe hier in Deutschland ohne Familie. Diese Tage mit meiner Theaterfamilie zu verbringen, finde ich toll.
Du spielst aber doch nicht am Heiligabend?
Nein, natürlich nicht.
Hast du denn an dem Abend Rituale? Muss es ein Baum sein?
Wir wohnen in der vierten Etage ohne Aufzug, und ich bestehe jedes Jahr auf einer Riesentanne. Der Baum muss mindestens drei Meter hoch sein.
Und den schmückst du auch selber?
Ja.
Und hast du da traditionellen Schmuck von deiner Familie?
Wir haben ein bisschen Schmuck
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