Des widerspanstigen Zaehmung
entgangen."
„Mich wundert, dass der andere Despot, der nebenbei mein Vater ist, ein solches Versäumnis zugelassen hat."
„Ich glaube, er war zu aufgewühlt", sagte er und küsste sie rasch, ehe der eben erwähnte Vater zusammen mit seiner Frau zur Tür hereinkam.
„Wollt ihr zwei den ganzen Abend einfach nur dastehen oder uns zur Oper begleiten?", fragte Lord Belshire, der mit seinem schroffen Ton überspielte, wie froh er war, dass Jane einen Mann wie Sedgecroft gefunden hatte, der sich um sie kümmern würde. „Es gibt nichts Schlimmeres, als erst mitten in einer verdammten Arie dort einzutreffen."
„Wir werden so oder so eine Szene verursachen, egal wann wir eintreffen", sagte Athena, die hinter ihm stand und in ihrem eisblauen Taftkleid mit dem weißen Satinschal schlank und elegant aussah. „Die Leute wollen doch um jeden Preis erfahren, welche Abmachung Grayson mit Jane getroffen hat. Ich werde ihnen den ganzen Abend eine Abfuhr nach der anderen erteilen müssen."
Der von Lady Belshire vorhergesagte gesellschaftliche Aufruhr setzte in dem Moment ein, als sie ihre Loge im Opernhaus erreicht hatten.
Selbst diejenigen im Publikum, die eingeweiht waren, wussten nicht so recht, was sie von dem Ganzen halten sollten -Lord Belshire, seine Familie, dazu seine vor Leben sprühende älteste Tochter untergehakt bei einem gut aussehenden Halunken. Für jemanden, der sein Leben ruiniert haben sollte, sah die Dame erstaunlich strahlend aus. War in den Gazetten nicht noch vor zwei Wochen berichtet worden, ein gewisser Marquess habe die Garderobe für seine Geliebte gekauft? Die Indiskretionen einer Verkäuferin hatten dabei eine höchst ungehörige Unterhaltung in einem bestens bekannten Geschäft in der Bond Street ans Tageslicht gebracht ...
Ehefrauen und Töchter borgten sich Monokel aus, um Janes elfenbeinfarbenes Satinkleid genauer zu betrachten, das eindeutig die Arbeit der berüchtigten Modistin Madame Devine war. Niemand konnte sich erinnern, Jane jemals zuvor in diesem Kleid gesehen zu haben. Und dann küsste dieser Sedgecroft Jane aufs Ohr! Der Mann wusste, wie er eine Menschenmenge begeistern konnte. Ja, er hatte sie in aller Öffentlichkeit geküsst! Im selben Augenblick bückten sich die beiden, um das Programmheft aufzuheben, das Jane aus der Hand geglitten war.
„Das hat aber jeder gesehen", flüsterte sie ihm zu. Ihre Wangen waren gerötet, während Grayson sie einfach nur anlächelte.
„Aber nicht dein Vater", erwiderte er. „Und er ist der Einzige, auf den ich achten muss."
„Die Lästermäuler werden behaupten, es von Anfang an gewusst zu haben, und die Gazetten werden weiter schreckliche Dinge über uns verbreiten."
„Klatsch kann uns nicht umbringen, Jane, sonst würde ich schon lange nicht mehr unter den Lebenden weilen."
Sie tat so, als lese sie in ihrem Programm, obwohl sie sich eigentlich viel mehr versucht fühlte, die Arme um seinen Hals zu schlingen und den Kuss zu erwidern. „Vermutlich hast du recht."
„Die Wahrheit ist, mein Liebling”, entgegnete er und lehnte sich nach hinten, „dass jeder, der sich für wichtig hält, darauf hoffen wird, zu allen gesellschaftlichen Anlässen eingeladen zu werden, die von der neuen Lady Sedgecroft - also von dir -veranstaltet werden."
„Meinst du?" Ihr gefiel die Vorstellung, dass sie beide im Ballsaal seines Hauses an der Park Lane vornehme Gäste empfingen.
„Ich bin das Oberhaupt der Familie", fügte er an. „In dieser Funktion ist es mein Privileg, mit Genuss zuzusehen, wie die anderen heiratsfähigen Boscastles bei den Abendessen meiner Gattin in die Ecke getrieben werden." Er beugte sich vor und flüsterte: „Damit meine ich ebenfalls dich."
Sie sah in sein Gesicht und fühlte sich fast schon erschreckend glücklich. Ja, dieser Boscastle gehörte ihr, und nur ihr allein. Ihre Kinder würden seine wundervolle, verruchte Art erben. Diese Aussicht hätte sie eigentlich auf ein Sofa sinken und nach dem Riechfläschchen greifen lassen sollen, doch Jane hatte dem Schicksal schon immer gern die Stirn geboten.
„Wer aus deiner Familie wird wohl als Nächstes heiraten? Drake?"
„Im Augenblick bin ich ganz darauf konzentriert, selbst erst einmal in den Stand der Ehe zu treten. Vielleicht sollte ich dafür sorgen, dass du mich mehr begehrst."
„Und wie?", flüsterte sie, da sie sich nicht vorstellen konnte, wie das überhaupt möglich sein sollte.
„Nach heute Abend werde ich dich nicht mehr anrühren, Jane. Nicht einmal
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