Deshalb liebe ich mein Singleleben (German Edition)
dann?«, fragte ich.
Olivia zuckte die Achseln. »Weiß nicht. Sie hat mir aber erzählt, dass Mutter zu sein immer ihr wichtigster Job war. Ich glaube, ich habe ihr zuerst nicht geglaubt. Nicht bis sie krank wurde und ich sah, wie sehr sie sich Sorgen machte, was mit uns passieren würde. Davor fürchtete sie sich mehr als vor dem Sterben, glaube ich. Mittlerweile kann ich das total verstehen, ist ja klar.«
»Wow«, sagte ich und versuchte, das alles aufzunehmen.
»Zu der Zeit«, fuhr Olivia fort, »war ich so wütend auf sie – auf beide. Sie arbeitete so hart und verdiente die Beförderung genauso wie das extra Geld und die Zusatzleistungen. Ich dachte, Dad sei egoistisch, und das dachte sie auch. Aber ich denke, ich hätte dieselbe Entscheidung getroffen, wenn ich an ihrer Stelle gewesenwäre. Eine gute Mutter zu sein ist wichtiger als alles andere, wirklich.«
Diese Worte gaben mir einen Schlag in die Magengrube und ließen mich noch mehr wie ein Fremder fühlen, wie ein Bürger ohne Land, seit Dads Diagnose und Tod den letzten Teil der Familie, der noch übrig geblieben war, zerrissen hatte. Als ich noch jünger war, hatte ich mich gerne mit
der Kleinen Waise Annie
verglichen, aber selbst das fühlte sich heute wie ein falscher Vergleich an. Schließlich war sie niemals als einsam oder bedürftig beschrieben worden und sie kam gut zurecht mit Daddy Warbucks. Außerdem hatte sie diese liebliche Stimme und die süßen Locken und den verwahrlosten Hund, was alles für sie sprach. Ein Waisenkind zu sein war ungefähr genauso romantisch und glamourös wie ein Einsiedlerkrebs.
Nicht nur, dass ich eine Waise war, aber selbst nach all dieser Zeit hatte ich immer noch keine echte, eigene Familie. Nicht so wie Olivia.
»Du bist eine gute Mutter«, sagte ich und wünschte mir verzweifelt, dass man das Gleiche von mir sagen konnte.
Olivias Stimme klang bitter. »Ich hatte genug Übung für dieses ganze Mutter-Ding.«
»Hey«, sagte ich, »ich habe dich nie gebeten, meine Mutter zu sein.«
»Nein, aber du hast mich als eine gebraucht.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Ich brauchte
meine
Mutter als eine Mutter.«
Der laufende Wasserhahn klang wie ein Wasserfall zwischen uns. Ich glaube, keiner von uns hatte jemals anerkannt, welche Forderungen wir ohne zu fragen aneinander gestellt hatten. Noch hatten wir jemals verstanden, wie tief unser beiderseitiger Groll war. Das Seifenwasser verdünnte sich mehr und mehr, die Blasen platzten eine nach der anderen und teilten sich in kleine Inseln.
»Trotzdem danke«, sagte ich. »Du hast gute Arbeit geleistet unter diesen Umständen.«
Ich dachte, ich hätte sie eine Träne abwischen sehen. Oder vielleicht eine verirrte Seifenblase oder eine Haarsträhne aus ihrem Pony.
»Tut mir leid, dass ich dich zu meinem Versuchskaninchen gemacht habe«, sagte sie ruhig.
»Tut mir leid, dass ich dich gelassen habe.«
Ich betrachtete Olivias Spiegelbild in der Fensterscheibe, als sie den Finger ins Spülwasser tauchte, und ich sah ihr Gedankenspiel auf dem Gesicht, den Bruchteil einer Sekunde, bevor sie eine Handvoll Seifenschaum aus dem Spülwasser heraushob, ihn in meine Richtung warf und meinen Arm vollspritzte.
Ich schnappte nach Luft, dann schlug ich zurück. »Hey, Liv? Du hast da irgendwas auf deiner Wange.«
»Wa…«
»Das!« Ich schmierte ihr eine Handvoll Schaum ins Gesicht.
Als Tyler ein paar Augenblicke später in die Küche schlitterte, fand er uns beide vor Lachen kreischend und in lauwarmem Wasser und übrigen Seifenwasserbomben triefend vor. Er verschaffte sich einen kurzen Überblick über die Lage und ging wieder raus, um sich im Wohnzimmer in Sicherheit zu bringen.
»Mom und Tante Eva haben einen Seifenschaumkampf!«, verkündete er.
»Wenn du älter bist, wirst du so was viel eher zu schätzen wissen, Kleiner«, hörte ich Norman erwidern. Da rutschten Olivia und ich bereits auf dem Boden herum, über und über nass, und schrien vor Lachen.
Norman ging als Letzter und kaum dass ich ihm zum Abschied gewunken hatte und er in seinem Auto saß, rief ich ihn auf seinem Handy an. Ich stand in der Tür und beobachtete ihn.
»Nein, ich nehme den Auflauf nicht mit«, sagte er nach dem zweiten Klingeln.
»Ist mir egal, wie sehr dein Kühlschrank stinkt.«
Ich lachte. »Ich rufe nicht wegen des Auflaufs an.«
»Gut«, sagte er. »Weil ich nämlich nichts davon mitnehme.«
»Okay, okay, schon gut.«
Die Innenbeleuchtung seines Autos ging aus und sein
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