Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen
mit weit aufgerissenen Rehaugen, schockiert.
»Schsch«, machte Connies Ehemann Vince und warf seiner Frau einen ungehaltenen Blick zu.
»Nun lass mich doch! Es heißt, der Vater sei dieser Priester – ich kann ihr keinen Vorwurf machen, seht ihn euch doch nur mal an!«
»Connie!«, rief Vince tadelnd, sein Gesicht rötete sich. Aber die beschwipste Connie verschlang Vater Frank mit den Augen. »Ich frage mich, was mit der anderen ermordeten Nonne war. Vielleicht hatte sie ja auch ein Verhältnis mit dem Priester.« Connie lachte und wäre fast vom Stuhl gefallen. »Und jetzt habe ich von meiner Freundin, die dort arbeitet, gehört, dass zwei weitere Schwestern vermisst werden. Was für ein Kloster ist das denn? Da sterben die Nonnen ja wie die Fliegen!«
»Also bitte!« Der Mann war jetzt sauer. Verlegen.
Val hielt es nicht länger aus. Trotz eines warnenden Blickes von Slade sagte sie: »Camille Renard war meine Schwester.«
»Natürlich. Sie war unser aller Schwester«, nuschelte Connie mit leicht glasigem Blick und umklammerte ihr Glas. Vince dagegen versteifte sich, und die anderen Paare verstummten und legten ihre Gabeln auf den Tisch.
»Ich rede nicht von Camille Renards Ordenszugehörigkeit, sie war meine Blutsverwandte«, stellte Val mit ruhiger Stimme klar. Sechs Augenpaare starrten sie schockiert an. Slade sah aus, als hätte er sie am liebsten geschüttelt, aber Val war noch nicht fertig. »Wir sind nach dem Tod unserer Eltern nach St. Elsinore gebracht worden. Sie war eine liebenswerte Frau, und ich vermisse sie schrecklich.«
»Ach du liebe Güte«, flüsterte Neds Frau.
Die Gattin des kleineren Mannes bekreuzigte sich.
»Aber sie war schwanger, oder?« Connie hatte jegliches Gefühl für Anstand verloren.
»Es tut mir sehr leid«, sagte ihr Mann, und an seine Frau gewandt fügte er hinzu: »Komm, Liebling, wir gehen.«
»Aber die Auktion hat doch noch nicht mal angefangen.« Connie lallte jetzt, und Val, verärgert und bereit zu einer Auseinandersetzung, fragte sich, wie viel sie schon getrunken haben mochte, bevor sie durch diese Hoteltüren geschritten war.
»Ich werde auch brav sein, das verspreche ich«, schnurrte Connie süßlich.
Ihr Mann war offenbar anderer Meinung und führte seine angetrunkene Frau aus dem Saal. Die anderen nahmen ihre Gabeln wieder zur Hand und widmeten sich stumm ihrem Essen, ein stiller Tisch inmitten des lärmigen Trubels.
Slade legte eine Hand auf Vals Knie und warf ihr einen warnenden Blick zu, der so viel heißen sollte wie: Mach hier keine Szene. Er hatte natürlich recht. Vor allem, wenn sie daran dachte, was sie später vorhatte. Sie wollte niemandes Aufmerksamkeit erregen, damit sie nachher niemand vermissen würde.
Nun wurde auch der Hauptgang abgetragen und das Dessert, Bananas Foster, serviert.
Wieder flog Valeries Blick über die Menge. Verschiedene Polizeibeamte, die sie vom Department kannte, stachen ihr ins Auge. Sie begegnete kurz Bentz’ Blick, und sie sah Montoya an einem Türpfosten lehnen und Vater Thomas beobachten, der soeben Schwester Charity und den Chor von St. Marguerite vorstellte.
Die Klostervorsteherin schien in den vergangenen Tagen geschrumpft zu sein. Sie war blasser, als Val sie in Erinnerung hatte, und wirkte ziemlich erschöpft.
»Wie Sie alle wissen«, sprach Schwester Charity ins Mikrofon, nachdem sie dagegengetippt hatte, um festzustellen, ob es funktionierte, »haben wir in jüngster Zeit mehrere schreckliche Verluste in St. Marguerite erlitten.« Ihre Stimme klang klar und kräftig. »Auch unser Chor ist davon betroffen, doch zu Ehren derer, die von uns gegangen sind, und derer, die vermisst werden, zu Ehren Gottes und dieses bedeutenden Anlasses werden wir trotzdem auftreten.« Sie verzog leicht die Mundwinkel, dann sagte sie: »Aber zunächst möchte ich Sie bitten, mit mir zu beten und einen Moment der Stille einzulegen für Schwester Asteria und Schwester Camille, die Gott zu sich gerufen hat, und für die beiden Schwestern, die vermisst werden.« Sie blickte zu Vater Paul hinüber, der das Gebet leitete. Anschließend, nach einem Augenblick des Schweigens, ließ sie ihren Chor ein Lied anstimmen.
Val beobachtete, wie sie die Nonnen dirigierte, hörte zu und fragte sich, wie das Lied wohl geklungen hätte, wenn ihre Schwester und die Novizin mit der schönen Stimme, die stets vor sich hin summte, mitgesungen hätten.
Sie blickte in ihr Programm und sah, dass es noch vor den schrecklichen Vorkommnissen
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