Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen
übergingen.
Die Stimmung im Konvent war gedämpft, jeder hing seinen trüben Gedanken nach.
Lucia eilte die Treppe hinunter, ihre Schuhe klackerten auf den blankpolierten Stufen, ihre Finger glitten über den Handlauf. Sie wusste, dass es Zeit war zu gehen. Camilles Tod hatte eine Kette von Ereignissen ausgelöst, die der endgültige Ruin von St. Marguerite sein würden, und sie fragte sich, ob das die Absicht des Killers gewesen war. War der Mord an Camille ein öffentliches Statement oder ein persönlicher Racheakt? Ihre schwangere Freundin und sie hatten hier im Konvent so viel miteinander geteilt, waren als Kinder in derselben Gegend von New Orleans aufgewachsen und waren mit den Montoya-Brüdern ausgegangen … was Lucias Gedanken auf Cruz brachte.
Lieber Gott, sie wollte ihn nie wiedersehen.
Mit seinem älteren Bruder, dem Detective, zu reden war schlimm genug, aber die starke Ähnlichkeit zwischen den beiden hätte sie am liebsten davonlaufen lassen. Cruz Montoya war der einzige Mensch, der ihre Geheimnisse kannte, der einzige Mann, der ihre Seele berührt hatte – der Mann, der sie beinahe umgebracht hatte. Ihr Herz flatterte leicht. Manchmal, wenn sie sich zurückerinnerte, wenn sie an Cruz dachte und daran, was er mit ihr angestellt hatte, war sie wie verwandelt. Dann stiegen gefährlich sündhafte, sinnliche Erinnerungen in ihr auf. Vor ihrem inneren Auge sah sie kupferfarbene Haut, dichtes, dunkles Haar auf einer muskulösen Brust, einen Waschbrettbauch. Ihr Blut begann zu kochen, wenn sie daran dachte, wie seine Jeans tief auf seinen Hüften gesessen hatte, wie sich der verwaschene Stoff über seinen festen, glatten Pobacken straffte.
»Hör auf damit!«, wies sie sich selbst zurecht. Ihre anstößigen Erinnerungen waren mehr als sündig. Sie war jetzt mit der Kirche verheiratet, mit Jesus Christus, unkeusche Gedanken an einen sterblichen Mann waren ihr verboten. Und ganz besonders Gedanken an Cruz Montoya, der ihr so mühelos das Herz gebrochen hatte. Doch sein Bruder, dieser Detective, der Cruz so ähnlich sah, hatte eine Art Dominoeffekt in ihrem Gehirn ausgelöst: Immer mehr Bilder wurden vor ihrem inneren Auge sichtbar, Erinnerungen, die sie längst vergessen haben sollte.
»Gib mir Kraft«, flüsterte sie, als sie an Cruz’ unwiderstehliches Lächeln dachte, an das teuflische Funkeln in seinen Augen, das ihr Blut in Wallung brachte. Sie verdammte sich im Stillen und schwor sich: »Nie wieder!«
»Ihre Schwester war schwanger?« Montoya starrte Valerie Renard fassungslos an, nachdem diese die Bombe im Wohnzimmer ihrer kleinen ehemaligen Remise hatte platzen lassen. Das Gebäude war über einen schmalen Durchgang mit dem Haupthaus, in dem sich das Bed & Breakfast sowie Freyas private Räume befanden, verbunden, was Val einen gewissen Abstand zu den Gästen ermöglichte.
»Ja«, bestätigte Valerie mit Nachdruck. Um ihre Mundwinkel bildeten sich winzige Fältchen. »Sie hatte sich mit Frank O’Toole eingelassen.« Und als hätte sie die unausgesprochene Frage an Montoyas Gesichtsausdruck abgelesen, fügte sie hinzu: »Ich weiß, sie ist eine Nonne, er ein Priester, sie haben beide den Zölibatsschwur abgelegt, aber glauben Sie mir: Sie ist schwanger.« Etwas in ihrem Innern schien zu zerbrechen. Sie schluckte ein paarmal, blinzelte und lehnte sich gegen den Kaminsims. »Ich meine … ich meine, sie
war
schwanger. Um Himmels willen, ist sie wirklich tot?«
Ihr Ehemann versuchte, sie zu trösten, doch sie sträubte sich dagegen, hob abwehrend eine Hand, damit er ihr nicht zu nahe kam. Dann sah sie wieder Montoya an. »Sie erinnern sich an Frank auf der Highschool? An den Schwarm aller Mädchen? Offenbar hat sich daran nichts geändert, abgesehen von seiner Kleidung. Es war nicht das erste Mal, dass er eine Affäre mit einer der Nonnen hatte«, berichtete sie. »Camille hat mir erzählt, er habe ein Verhältnis gehabt mit einer gewissen … o Gott, wie hieß sie noch?« Sie blickte zur Decke, unfähig nachzudenken, mit dem Entsetzen über den Tod ihrer Schwester zurechtzukommen.
»Noch eine Nonne?«, fragte Bentz ungläubig. Scheinbar dachte er, sie stünde unter Schock. Sei hysterisch.
Valerie nickte. »Das hat mir Camille erzählt. Ich bin mir ganz sicher.«
»Ist Ihnen der Name wieder eingefallen?«
»Nein … doch, warten Sie. Lily oder Leanne … ach, keine Ahnung.« Sie schniefte und räusperte sich, drängte die Tränen zurück und fragte mit gebrochener Stimme: »Wie
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