Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen
ich.«
»Ihretwegen?«
Er schloss die Augen, als hätte er Schmerzen. »Ja.«
»Sie kapieren es einfach nicht, hab ich recht? Sie haben Gelübde abgelegt, die Sie an die Gesetze der Kirche binden, und Sie haben sie mit gleich mehreren Frauen gebrochen.«
Er presste die Lippen zusammen, dann sagte er: »Glauben Sie mir, ich weiß, was meine Gelübde bedeuten. Ich habe für meine Sünden gebüßt. Dafür bezahlt.«
»Wie bitte?« Sie konnte nicht fassen, wie egoistisch er war. »Meine Schwester ist tot, Vater, und ihr ungeborenes Kind ebenfalls. Wissen Sie, was ich glaube?« Ihre Blicke durchbohrten ihn. Noch bevor er etwas erwidern konnte, fuhr sie fort: »Ich glaube, sie war Ihnen sehr unbequem, und obwohl sie dabei war, Sie zu verlassen, haben Sie sie umgebracht.«
»Was sagen Sie da? Auf gar keinen Fall!« Er wurde bleich vor Schreck.
»Nicht?«
Er hob abwehrend die Hand. »Sie verdächtigen mich, ein Mörder zu sein? Meinen Sie das ernst? Und was heißt das, ›sie war dabei, mich zu verlassen‹? Es ist schließlich nicht so, dass wir offiziell ein Paar waren …« Wieder stieß er einen langen, schmerzlichen Seufzer aus. »Es tut mir wirklich leid um Schwester Camille, und ja, wir hatten ein Verhältnis, aber ich habe sie nicht umgebracht. Ich könnte doch nicht … ich würde niemals … Nein. Noch einmal: Meinen Sie das ernst?« Sein Kiefer sackte ungläubig nach unten.
»Todernst. Wie sieht es für einen Priester von Ihrem Format aus, wenn er öffentlich zugeben muss, eine Affäre gehabt und dabei ein Kind gezeugt zu haben?«
»Nicht gut, aber –«
»Sie würden alles verlieren. Ihr Priestertum würde Ihnen aberkannt werden. Vielleicht würden Sie sogar exkommuniziert, hab ich recht? Würden auf die Straße geworfen wie Müll!«
Zorn flammte in seinen pechschwarzen Augen auf, und die Temperatur im Garten schien um einige Grad zu sinken. »Ich habe sie nicht ermordet«, stieß er mit zusammengebissenen Zähnen hervor. Sein Gesicht rötete sich, und zu Vals Überraschung fasste er nach ihrem Arm, beugte sich vor und flüsterte: »Ich habe sie geliebt. Ich schwöre Ihnen und dem heiligen Vater, dass ich sie niemals verletzt hätte. Niemals!« Er war so ernst, dass sie ihm fast geglaubt hätte. Fast. »Bei meinem Leben, Valerie, niemals hätte ich ihr oder dem Kind etwas angetan.« Sein Blick war intensiv, leidenschaftlich, sein Griff um ihren Unterarm fest. »Ich habe sie geliebt.«
»So wie Sie Schwester Asteria lieben?«
»Wie bitte?« Erneut fiel ihm die Kinnlade hinunter. »Sie denken, dass ich –«
»Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was ich denken soll, aber meine Schwester war in Sie verliebt, und jetzt ist sie tot. Eine andere Frau, Schwester Lea, hat Ihretwegen den Konvent verlassen.«
Er atmete langsam ein und aus. Seine Gesichtsfarbe normalisierte sich wieder.
»Und gerade eben habe ich gesehen, wie Sie von dem nächsten Mädchen angehimmelt werden.«
»Schwester Asteria und ich …« Er ließ Vals Arm los, schloss für einen Moment die Augen und schüttelte langsam den Kopf. »Es tut mir so leid«, sagte er. »So unglaublich leid.«
»Mir auch.«
Als er die Augen wieder öffnete, berührte er sie sanft an der Schulter. »Es ist nicht so, wie Sie denken, Valerie«, sagte er bestimmt.
»Sie wissen doch gar nicht, was ich denke.« Wieder spürte sie es – das unheimliche Gefühl, beobachtet zu werden, die geheimnisvollen, unsichtbaren Augen, die jede ihrer Bewegungen verfolgten.
Verstohlen blickte Valerie hinauf zum Glockenturm. Ob dort oben jemand lauerte? Oder spähte jemand durch die Buntglasfenster der Kapelle? Verbarg er sich in den tiefen Nischen der Bogengänge, die sich zu diesem abgeschiedenen Garten hin öffneten?
Ein Luftzug spielte mit den Härchen in ihrem Nacken, eine unsichtbare Warnung, und für den Bruchteil einer Sekunde blitzte das Bild aus ihren Alpträumen vor ihrem inneren Auge auf.
Düster.
Tödlich.
»Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte O’Toole mit leiser Stimme.
Nein. Es würde nie mehr alles in Ordnung sein.
»Es … es geht mir gut.«
Hatte sie wirklich angenommen, dieser Mann könnte die Frau umgebracht haben, die er angeblich so leidenschaftlich liebte? Sagte er die Wahrheit? Oder fing sie langsam an, diesem Kerl im Priestergewand zu vertrauen wie so viele törichte Frauen vor ihr?
Sie schüttelte seine Hand ab, doch das schien nur noch mehr Gewissensbisse in ihm hervorzurufen. Wieder schwor er ihr: »Glauben Sie mir, Valerie,
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