Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen
seinem Gesicht. Er schaute Valerie an. Bildete sie es sich ein oder hatte sie ein Aufflackern von Hass in seinem Blick bemerkt, wenn auch nur für eine Sekunde? Im nächsten Augenblick schien sich der Vater gesammelt zu haben.
»Valerie, ja«, sagte er und nickte. »Ich hatte Sie schon erwartet.«
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Kapitel sechzehn
M ontoya zog seine Lederjacke aus und setzte sich an seinen Schreibtisch, um ein paar Anrufe und E-Mails zu beantworten. Er hatte die handgeschriebene Liste der Angestellten, Ehrenamtlichen und Bewohner von St. Marguerite überflogen und fluchte innerlich, dass die Ordensgemeinde keinen Computer besaß. Auf einer weiteren Seite waren die Leute aufgeführt, die sich am Tag der Ermordung von Camille Renard auf dem Klostergelände aufgehalten hatten – doch auf dem Gelände gab es nicht nur keine Computer, sondern auch keine Überwachungskameras. Es handelte sich wirklich um einen äußerst rückständigen Orden. Er machte sich eine Notiz, die ihn daran erinnern sollte, dass er sich nach Schwester Lea erkundigte, der anderen Nonne, der ein Verhältnis mit Vater Frank O’Toole nachgesagt wurde, dann suchte er im Internet nach Hintergrundinformationen über St. Marguerite. Inez Santiago, die zu dem Team der Kriminaltechniker gehörte, das den Tatort untersucht hatte, kam mit großen Schritten ins Zimmer gestiefelt.
Knappe dreißig und gesegnet mit dem Körper einer Tänzerin, war Santiago ein echter Hingucker, der Typ Frau, nach dem sich die Männer umdrehten. Sie hatte durchdringende Augen, braunes Haar mit leuchtend roten Strähnchen und einen selbstbewussten Gang. Montoya nahm an, dass sie es in ihrer Freizeit ganz schön wild trieb, aber bei der Arbeit war sie durch und durch professionell.
»Hast du was für uns?«, fragte Montoya, während sich Bentz, der hinter Santiago hereingekommen war, gegen den Türrahmen lehnte.
»Nur das Wesentliche. Die Fotos von Tatort und Opfer hatte ich euch bereits per E-Mail geschickt, aber ich dachte, ihr könntet vielleicht ein paar Standbilder von den Videos gebrauchen, also hab ich welche ausgedruckt.« Sie öffnete den braunen DIN -A 4 -Umschlag, den sie in der Hand hielt. »Sobald ich weitere Testergebnisse habe, schicke ich sie euch rüber. Vorläufig sieht es so aus, als sei der Fundort der Tatort. Bislang sind wir weder auf Blut noch auf irgendwelche Kampfspuren anderswo im Konvent gestoßen. Außerdem wissen wir, dass sie frühzeitig auf ihr Zimmer gegangen ist.«
»Und dort habt ihr nichts gefunden?«, erkundigte sich Montoya.
Bentz schüttelte den Kopf. »Nichts, das dort nicht hingehören würde, zumindest nicht, soweit ich das beurteilen kann. Es war nicht viel in ihrem Zimmer, sie hat nur wenig besessen. Etwas Straßenkleidung in einer kleinen Kommode, persönliche Gegenstände und ihre Schuhe, die sie ordentlich nebeneinander auf das Fußbrett eines briefmarkengroßen Kleiderschranks gestellt hatte, in dem ihre Ordensgewänder hingen. Alles sehr penibel.«
»Ihr Schlafanzug?«
»Nachthemd. Zusammengefaltet in einem Fach im Kleiderschrank.«
»Ich habe Marsolet gebeten, auch Fotos von ihrem Zimmer zu machen«, fügte Santiago hinzu. Sie breitete ein paar der ausgedruckten Bilder auf Montoyas Schreibtisch aus. Bentz stieß sich vom Türrahmen ab und ging dichter ran. Die Aufnahmen waren klar und scharf: ein asketischer Raum, der ganz und gar nicht zu der aufwendig hergerichteten toten Camille passen wollte.
Montoya betrachtete die Blutstropfen am Halsausschnitt des Hochzeitskleides: perfekte rote Perlen. »Er will, dass wir uns auf das Blut konzentrieren«, sagte er und deutete auf den Ausschnitt. »Es dient einem bestimmten Zweck.«
»Zum Beispiel als Nachricht?«, fragte Bentz, der nicht sonderlich überzeugt klang.
»Ja, oder als Ablenkungsmanöver«, schlug Montoya vor, ohne den Blick von dem gleichförmigen Muster zu wenden. Verhöhnte der Killer sie mit einer versteckten Botschaft, verspottete er sie, indem er ihnen einen Hinweis lieferte, oder versuchte er, seine Tat zu verschleiern und sie dazu zu bringen, in die entgegengesetzte Richtung zu ermitteln? Montoya hörte weitere Schritte den Gang hinunter auf sein Büro zukommen, dann steckte Brinkman, einen Pappbecher Kaffee in der Hand und nach Zigarettenrauch stinkend, seinen Kopf zur Tür herein.
»Das ist vielleicht ein Fall, den ihr euch letzte Nacht an Land gezogen habt!« Brinkman war schon seit Jahren beim Department. Er trug eine Jacke im Hahnentrittmuster, die ihm etwa
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