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Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen

Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen

Titel: Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen Kostenlos Bücher Online Lesen
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dem Gesicht hielt. »Ich mache nur Spaß, wenn ich von den anderen Nonnen erzähle. Manche der Frauen sind so strenggläubig, ihr Glaube so fest, dass ich wünschte, ich hätte dasselbe Vertrauen in Gott. Ich bete jeden Tag darum, zu einem solchen Glauben zu finden, aber …« Sie hatte den Kopf geschüttelt, und zwischen ihren Augenbrauen bildeten sich Falten. »Schwestern wie Louise, Angela oder Dorothy gehören dorthin. Auch wenn sie alle ein wenig in Vater O’Toole verliebt sind – das ist der junge, sexy Priester, der sie alle in seinen Bann schlägt.« Sie grinste. »Vielleicht sogar mich.« Sie knibbelte an einem Stück abblätternder Farbe an der Bank.
    »Im Ernst«, fuhr sie fort. »Aber sie sind gute Menschen. Nimm zum Beispiel Louise. Sie zählt zu diesen unverbesserlichen Optimisten, die ich einfach nicht verstehe. Außerdem ist sie sehr musikalisch. Singt oder summt die ganze Zeit über, was der Mutter Oberin total auf die Nerven geht.« Camille lächelte, als würde dieser Gedanke sie amüsieren. »Louise arbeitet manchmal mit mir in St. Elsinore.« Sie warf ihrer Schwester einen Blick zu. »Ich weiß, dass du der Meinung bist, wir sollten das Waisenhaus meiden, aber ich denke, ich kann dort gut etwas zurückgeben.«
    »Tatsächlich?« St. Elsinore war ein Ort, an den Val nicht gern zurückdachte.
    »Tatsächlich.« Camille ließ ein breites Lächeln aufblitzen. »Ich versuche es zumindest. Aber« – sie zuckte die Achseln, und ihr Lächeln verblasste – »die Wahrheit ist, dass es mir schwerfällt, mich einzuordnen.«
    »Schwerer als den anderen?«
    »Wer weiß? Viele der anderen Frauen wirken nicht wie typische Nonnen. Irene zum Beispiel war mal Ballerina. Das muss man sich vorstellen! Sportlich, durchtrainiert und alles andere als ausgeglichen. Eine echte Diva unter den Nonnen. Ich vermute, sie hat eine dunkle Seite.« Camilles Gesicht wurde nachdenklich. »Vielleicht haben wir die ja alle.« Sie blinzelte und beobachtete einen Falken, der hoch über ihren Köpfen seine Kreise zog. »Aber die Sache ist doch die: Sie alle sind überzeugt davon, das Richtige getan zu haben, als sie dem Orden beigetreten sind.«
    »Und du nicht?«
    »Ich nicht.«
    »Niemand hält dir eine Pistole an den Kopf und zwingt dich zu bleiben. Dir bleibt noch genug Zeit, deine Meinung zu ändern.«
    »Und wohin sollte ich gehen?«
    »Wohin du möchtest, Cammie. Du bist jung und schön und schlau. Wenn du deine Gelübde ablegen möchtest, gut. Wenn das Leben im Konvent deinen Wünschen entspricht, großartig. Aber wenn du den Eindruck hast, du gehörst nicht dorthin, dann geh!«
    Camille hatte den Blick abgewendet und über ein großes Büschel Rosmarin hinweg an einen Ort geblickt, den nur sie sehen konnte. »Nun, genau das ist das Problem … Ich denke, ich gehöre nirgendwohin.« Sie zog eine Sonnenbrille hervor und bedeckte damit ihre Augen.
    Val verspürte einen Stich im Herzen. »Es tut mir so leid«, sagte sie mit einem Kloß im Hals, da sie erkannte, dass auch sie ihren Teil zu der Entscheidung ihrer Schwester beigetragen hatte. »Ich hätte dich an jenem Abend nicht rauswerfen dürfen. Ich hätte mit dir reden, dir zuhören müssen.«
    »Nein, das hättest du nicht. Ich war mit deinem Mann zusammen. Und das ist etwas, was die Mutter Oberin besser nicht wissen sollte. Ich habe meine Sünden dem Priester gebeichtet, aber …«
    »Du hast Schwester Charity belogen.«
    »Nein, ich habe ihr lediglich ein paar Informationen vorenthalten.« Camille schniefte laut, als würde sie gegen Tränen ankämpfen.
    »Es war alles eine Fehlentscheidung.«
    »Ja, und zwar mein ganzes Leben.« Und damit war Camille aufgestanden und durchs Gartentor geeilt.
    Jetzt, fast ein Jahr später, zog sich Valeries Herz schmerzhaft zusammen bei der Überlegung, wie sie womöglich das Leben ihrer Schwester hätte retten können. Hätte es Camilles Schicksal beeinflusst, wenn sie an jenem Tag anders reagiert hätte?
    Wahrscheinlich nicht. Aber das Schuldgefühl blieb, bedrückte sie, ohne je ganz zu verschwinden.
    Val machte sich ein paar Notizen zu Camilles Bemerkungen über ihre Mitschwestern in St. Marguerite und fügte ihre eigenen Eindrücke von den Menschen, die sie heute kennengelernt hatte, hinzu. Dann überflog sie die anderen Namen, die sie zuvor aufs Papier gekritzelt hatte: Vater Paul Neland, Regina St. James, Terri Sue Irgendwer – Leute, die Camille irgendwann einmal erwähnt hatte. Laien, die für die Gemeinde arbeiteten.

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