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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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gehüllt. Nun öffneten sie galant ihre weiten Mäntel, und die frierenden Damen ließen sich gern Schutz gewähren. Trotz der geschlossenen Fenster hörten wir grölendes Gelächter aus den Reihen der Zuschauer. Schließlich fuhren doch ein paar Wagen vor. Die ausländischen Fürsten, die als Ehrengäste betrachtet werden. »Dritte Besetzung«, murmelte Jean-Baptiste. Napoleon bezahlt diesen Hoheiten die ganzen Kosten ihrer Reise und ihres Aufenthaltes in Paris. »Da hast du den Markgrafen von Baden«, erklärtemir Jean-Baptiste. »Und hier haben wir auch den Prinzen von Hessen-Darmstadt und gleich hinter ihm den Prinzen von Hessen-Homburg!« Jean-Baptiste spricht diese unmöglichen germanischen Namen ohne Mühe aus, wie macht er das nur? Ich verließ das Fenster und stellte mich an den Kamin und bekam endlich eine zweite Tasse Kaffee zu trinken. Unterdessen war es an der Tür zu einer erregten Auseinandersetzung gekommen. Aber ich wurde erst richtig auf sie aufmerksam, als Madame Lannes auf mich zutrat und sagte: »Ich glaube, das Durcheinander an der Tür betrifft Sie, liebste Madame Bernadotte!«
    Weiß Gott, das Durcheinander betraf mich! Ein Herr in tabakbraunem Rock und verrutschtem Spitzenhalstuch kämpfte vergebens gegen die Posten an, die ihm den Eintritt verweigerten. »Lassen Sie mich zu meiner kleinen Schwester – zur Madame Bernadotte – Eugénie –!« Der Herr in Braun war Etienne. Als er mich erblickte, schrie er wie ein Ertrinkender: »Eugénie, Eugénie – hilf mir doch!« »Hören Sie einmal, warum lassen Sie denn meinen Bruder nicht herein?«, fragte ich die Posten und zog Etienne in den Raum. Die Posten murmelten etwas von »Befehl, nur Damen und Herren des Krönungszuges einzulassen«. Ich rief Jean-Baptiste, und wir setzten den vor Aufregung schwitzenden Etienne in einen Lehnstuhl. Tag und Nacht war er aus Genua nach Paris gereist, um bei der Krönung dabei zu sein. »Du weißt doch, Eugénie, wie nahe mir der Kaiser steht. Mein Jugendfreund, der Mann, auf den ich seit jeher alle Hoffnungen setzte –«, keuchte er und sah wie ein Häuflein Unglück aus. »Warum bist du denn so verzweifelt? Dein Jugendfreund wird jeden Augenblick zum Kaiser gekrönt werden, was willst du mehr?«, erkundigte ich mich. »Dabei sein!«, flehte Etienne, »bei der Zeremonie dabei sein!« »Sie hätten früher in Paris eintreffen müssen, Schwager, jetzt sind alle Eintrittskartenvergeben«, meinte Jean-Baptiste nüchtern. Etienne, der mit den Jahren sehr rundlich geworden ist, wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Durch das schlechte Wetter wurde meine Extrapost immer wieder aufgehalten«, entschuldigte er sich. »Vielleicht kann ihm Joseph helfen«, flüsterte ich Jean-Baptiste zu, »wir können doch jetzt nichts mehr machen.«
    »Joseph ist bei Seiner Majestät in den Tuilerien und kann niemanden empfangen, ich war bereits dort«, klagte uns Etienne sein Leid. »Schau, Etienne – du hast doch Napoleon nie leiden können, es kann dir doch nicht so viel daran liegen, seine Krönung zu sehen«, versuchte ich ihn zu beruhigen. Aber da fuhr Etienne auf: »Wie kannst du nur so etwas sagen! Weißt du nicht, dass ich in Marseille der engste Vertraute des Kaisers war, sein bester Freund, sein –«
    »Ich weiß nur, dass du entsetzt warst, weil ich mich mit ihm verloben wollte«, sagte ich. Da schlug Jean-Baptiste meinem Bruder auf die Schulter: »Wirklich? Wollten Sie Désirée diese Verlobung verbieten? Schwager Etienne, Sie sind mir ausgesprochen sympathisch, und wenn ich Sie in der überfüllten Kirche auf den Schoß nehmen müsste, ich bringe Sie hinein!« Lachend wandte er sich um und rief: »Junot, Berthier! Wir müssen Monsieur Etienne Clary in den Dom schmuggeln! Kommt, wir haben schon ganz andere Schlachten geschlagen!« Dann beobachtete ich vom Fenster aus, wie Bruder Etienne, von drei Marschallsuniformen gedeckt, in Notre-Dame verschwand. Die Marschallsuniformen kamen nach einer Weile wieder zum Vorschein, und mir wurde berichtet, dass Etienne inmitten des diplomatischen Korps untergebracht worden sei. »Er sitzt neben dem türkischen Gesandten«, teilte mir Jean-Baptiste mit. »Der Türke trägt einen grünen Turban und –« Er verstummte, denn jetzt wurde die Prozession desPapstes sichtbar. Ein Bataillon Dragoner ritt voran, dann folgte Schweizer Garde. Schließlich sahen wir einen Mönch, der auf einem Esel einherritt und ein Kreuz in den hocherhobenen Händen hielt. »Der Esel musste gemietet

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