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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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warum spanische Pluderhosen, Napoleon, warum Pluderhosen? Die Kaiserin dagegen, die an seiner Linken gesessen hatte, wirkte so schön wie nie zuvor. In den Kinderlöckchen flimmerten die größten Brillanten, die ich jemals gesehen habe. Obwohl Josephine sehr stark geschminkt war, so spürte ich sofort, dass ihr Lächeln – strahlend und jung, mein Gott, wie jung! – von Herzen kam. Der Kaiser hatte sie kirchlich geheiratet und ließ sie krönen, sie hatte keine Angst mehr … Als jedoch Joseph und Louis, die die Vordersitze der kaiserlichen Kutsche eingenommen hatten, an mir vorbeigingen, konnte ich meinen Augen nicht trauen: Die beiden hatten sich furchtbar ausstaffiert! Von oben bis unten in Weiß, sogar weiße Seidenschuhe mit goldenen Rosetten, und ich entdeckte plötzlich, dass sich Joseph ein Spitzbäuchlein zugelegt hat. Während er jedoch wie das frisch lackierte Schaukelpferd meines Oscar grinste, stapfte Louis mit düsterem Blick plattfüßig ins Palais. Im Palaislegten Napoleon und Josephine schnell die Krönungsmäntel an. Sekundenlang presste Josephine vor Anstrengung die Lippen zusammen, um sich nicht vom Gewicht ihres Purpurmantels niederbeugen zu lassen. Aber dann griffen Julie und Hortense, Elisa, Polette und Caroline nach der Schleppe, und sie atmete erleichtert auf. Während Napoleon mühsam ein Paar Handschuhe, deren Finger vor lauter Goldstickerei ganz steif waren, anzuziehen versuchte, glitt sein Blick zum ersten Mal über uns. »Können wir antreten?« Despreaux hatte bereits die verschiedenen Insignien unter uns verteilt. Nun warteten wir nur auf sein Zeichen, um uns wie bei den Proben aufzustellen. Aber das Zeichen blieb aus. Despreaux flüsterte mit Joseph, und Joseph zuckte ratlos die Achseln. Napoleon hatte sich unterdessen abgewandt und blickte ernsthaft in einen Spiegel. Kein Muskel bewegte sich in seinem Gesicht, nur die Augen wurden plötzlich schmal, als ob er versuchte, sich selbst wie ein Außenstehender zu betrachten. Er sah einen kaum mittelgroß gewachsenen Mann, dem der Hermelinkragen seines Krönungsmantels beinahe bis zu den Ohren reichte. Frankreichs Königskrone liegt in der Gosse, man müsste sich nur bücken, um sie aufzuheben … Nun, Napoleon hat sich gebückt und die Krone aus der Gosse gefischt. Dabei war sie zur Kaiserkrone geworden. Unser verlegenes Geflüster und hilfloses Herumstehen erinnerten mich an ein Begräbnis. Meine Augen suchten Jean-Baptiste. Er stand bei den anderen Marschällen und hielt das Samtkissen mit der Kette der Ehrenlegion des Kaisers, das er in der Prozession zu tragen hatte. Nachdenklich nagte er an der Unterlippe. Jetzt tragen wir die Republik zu Grabe, dachte ich. Papa, dein Sohn hat eine Eintrittskarte erhalten, und deine Tochter Julie ist sogar eine Prinzessin und trägt eine kleine Goldkrone … »Worauf warten wir noch, Despreaux?«Napoleons Stimme klang ungeduldig. »Sire, es war doch besprochen, dass Madame Mère den Krönungszug eröffnen soll, und Madame Mère ist –« »Mutter ist nicht zurückgekehrt!«, kam es von Louis. Schadenfreude schwang in seiner Stimme. Napoleon hatte einen Kurier nach dem anderen nach Italien gesandt, um die Mutter zu bitten, rechtzeitig zur Krönung in Paris zu erscheinen. Schließlich wagte Madame Letitia nicht länger, seinem Drängen zu widerstehen. Sie hatte von ihrem verbannten Sohn Lucien Abschied genommen und sich auf die Reise gemacht.
    »Wir bedauern es sehr«, sagte Napoleon ausdruckslos. »Despreaux, wir begeben uns in den Dom.« Fanfaren schmetterten. Langsam und feierlich schritten die lilagoldenen Herolde auf Notre-Dame zu. Pagen in Grün schlossen sich ihnen an. Dann kam die Reihe an Despreaux, den Zeremonienmeister. Hinter ihm trippelten paarweise und steif wie Marionetten die sechzehn Marschallsgattinen. Nun machten sich Securier und dicht hinter ihm Murat auf den Weg, Securier mit einem Kissen, auf dem der Ring der Kaiserin ruhte, Murat mit Josephines Krone. Eiskalt schlug mir die Luft entgegen, als ich ins Freie trat. Das Kissen mit dem Spitzentaschentuch hielt ich wie eine heilige Opfergabe vor mich hin. Als ich an den Volksmassen vorüberschritt, die von einem undurchdringlichen Soldatenkordon zurückgedrängt wurden, flatterten vereinzelte Rufe auf. »Vive Bernadotte – Bernadotte –!« Ich hielt den Blick starr auf Murats goldbestickten Rücken gerichtet. Als ich das Taschentuch Josephines durch Notre-Dame trug, löschten Orgelbrausen und Weihrauchduft alle Gedanken aus. Erst

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