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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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Schweden noch nicht, Oscar«, sagte ich. »Aber ich werde mich sehr bemühen, mich zu freuen.« »Mehr kann das schwedische Volk nicht verlangen, Königliche Hoheit«, sagte Graf von Essen gemessen. Sein hartes Französisch erinnerte mich an Persson. Ich wollte so gern etwas Freundliches sagen. »Ich habe einen Bekannten aus meiner Jugend in Stockholm. Er heißt Persson und hat ein Seidengeschäft. Kennen Sie ihn vielleicht, Herr Feldmarschall?«
    »Ich bedauere, Königliche Hoheit«, kam es knapp. »Vielleicht Sie – Baron Friesendorff?«
    »Ich bedauere sehr, Königliche Hoheit.« – »Vielleicht kennt Graf Brahe zufällig einen Seidenhändler Persson in Stockholm!«, versuchte ich. Graf Brahe lächelte freundlich: »Wirklich nicht, Königliche Hoheit.« – »Und Baron Mörner?« – Mörner, Jean-Baptistes erster Freund in Schweden, wollte mir helfen. »Es gibt sehr viele Perssons in Schweden, Königliche Hoheit. Es ist ein bürgerlicher Name, der sehr häufig vorkommt.« Jemand löschte Kerzen aus und zog die Vorhänge auseinander. Die Sonne war längst aufgegangen. Jean-Baptistes Marschallsuniform funkelte. »Ich denke nicht daran, irgendein Parteimanifest zu unterschreiben, Oberst Wrede«, sagte er gerade. »Auch nicht das der Unionspartei.« Neben Wrede stand derstaubige, erschöpfte Mörner. »Königliche Hoheit haben doch damals in Lübeck gesagt –«
    »Ja, dass Norwegen und Schweden eine geographische Einheit bilden. Wir werden uns bestreben, die Union durchzuführen. Dies ist Sache der schwedischen Regierung, aber nicht die einer einzigen Partei. Übrigens, der Kronprinz steht über allen Parteien. Gute Nacht – vielmehr guten Morgen, meine Herren!« Ich weiß nicht mehr, wie ich in mein Schlafzimmer hinaufkam. Vielleicht hat mich Jean-Baptiste hinaufgetragen. Oder Marie mit Hilfe Fernands. »Du darfst deine neuen Untertanen nicht so anschreien, Jean-Baptiste.« Meine Augen waren zugefallen, aber ich spürte, dass er an meinem Bett saß. »Versuche einmal, Carl Johan auszusprechen!«, schlug er vor. – »Wozu?« – »So werde ich heißen! Carl nach meinem Adoptivvater, dem schwedischen König, und Johan ist die schwedische Form für Jean. Charles Jean in unserer Sprache.« – Er spielte mit den Worten: »Carl Johan … Carl XIV. Johan. Auf den Münzen wird Carolus Johannes stehen. Und Kronprinzessin Desideria.« Mit einem Ruck setzte ich mich auf: »Du – das führt zu weit! Ich lasse mich nicht Desideria nennen. Unter keinen Umständen, verstehst du!«
    »Ein Wunsch der schwedischen Königin, deiner Adoptiv-Schwiegermutter. Désirée ist ihr zu Französisch. Außerdem klingt Desideria eindrucksvoller. Das musst du doch zugeben.« Ich ließ mich in die Kissen zurückfallen. »Glaubst du denn, man kann sich selbst auslöschen? Vergessen, wer man ist, was man war, wohin man gehört? Nach Schweden fahren und – Kronprinzessin spielen? Jean-Baptiste, ich glaube, ich werde sehr unglücklich sein.« Aber er hörte mir nicht zu. Spielte noch immer mit den neuen Namen. »Kronprinzessin Desideria – Desideria heißt auf Lateinisch: die Erwünschte. Gibt es einen schöneren Namen für eine Kronprinzessin, die sich ein Volkselbst wählt?« – »Nein, Jean-Baptiste, ich bin den Schweden nicht erwünscht. Die brauchen einen starken Mann. Aber eine schwache Frau, die noch dazu die Tochter eines Seidenhändlers ist und nur einen Monsieur Persson kennt, ist bestimmt nicht erwünscht.« Jean-Baptiste stand auf. »Ich nehme jetzt ein kaltes Bad und diktiere mein Gesuch an den Kaiser.« Ich rührte mich nicht. »Schau mich an, Désirée – schau mich an! Ich suche für meine Frau, für meinen Sohn und mich um Entlassung aus dem französischen Staatsverband an. Zwecks Erwerbung der schwedischen Staatsbürgerschaft. Es ist dir doch recht?« Ich gab keine Antwort. Sah ihn auch nicht an. »Désirée – ich will nicht darum ansuchen, wenn du dagegen bist! Hörst du mich nicht?« Ich gab noch immer keine Antwort. »Désirée, begreifst du nicht, worum es geht?« Da sah ich ihn an. Es war, als ob ich ihn zum ersten Mal sehen würde. Die wissende Stirn, in die unordentlich die dunklen krausen Haare fallen. Die kühn vorspringende Nase, die tief liegenden Augen, suchend und ruhig zugleich. Der schmale leidenschaftliche Mund. Ich dachte an die Lederfolianten, in denen ein ehemaliger Sergeant Jurisprudenz studierte. An die Zollgesetze von Hannover, die das Land aufleben ließen … Er hat seine Krone aus der Gosse

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