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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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Mensch wird es bemerken. Désirée, findest du wirklich, dass die Uniform anständig sitzt?« In diesem Augenblick meldete Madame La Flotte Julie an. »Einen schwedischen Hofsäbel brauche ich auch«, hörte ich noch Jean-Baptiste sagen. Dann ging ich in den Salon hinüber. Julie wirkte klein und verloren in den schweren Faltenihres weinroten Samtmantels. Sie stand am Fenster und blickte nachdenklich in den Garten hinaus. »Julie, verzeih – ich habe dich warten lassen!« Bei meinem Eintritt fuhr Julie zusammen. Dann streckte sie den mageren Hals etwas vor, riss die Augen auf, als ob sie mich noch nie gesehen hätte, und versank ernsthaft in einen Hofknicks. »Du, mach dich nicht lustig, ich habe sowieso schon genug Sorgen!«, rief ich wütend.
    Julie blieb sehr ernst. »Königliche Hoheit, ich mache mich nicht lustig.« »Steh sofort auf! Steh sofort auf und ärgere mich nicht! Seit wann verneigt sich eine Königin vor einer Kronprinzessin?« Julie richtete sich auf. »Wenn es sich um eine Königin ohne Land handelt, deren Untertanen sich vom ersten Tag an gegen sie und den König gewehrt haben, und um eine Kronprinzessin, deren Mann einstimmig von einem Reichstag zum Thronfolger gewählt wurde, dann gehört es sich so. Ich gratuliere dir, Liebes, ich gratuliere dir von Herzen!«
    »Woher weißt du eigentlich alles? Wir selbst haben es erst heute Nacht erfahren«, sagte ich und setzte mich mit ihr auf das kleine Sofa. »Ich bitte dich, man spricht doch von nichts anderem in Paris! Uns hat der Kaiser einfach auf die Thronsessel gesetzt, die er erobert hat. Als seine Stellvertreter sozusagen. Aber in Schweden tritt der Reichstag zusammen und wählt freiwillig – Désirée, mir bleibt der Verstand stehen!« Sie lachte. »Übrigens habe ich heute in den Tuilerien gegessen. Der Kaiser hat lange darüber gesprochen und mich furchtbar geneckt.« – »Geneckt?« »Ja, er wollte mich zum Narren halten. Stell dir vor, er wollte mir einreden, dass Jean-Baptiste jetzt um Entlassung aus dem französischen Heeresdienst ansuchen und Schwede werden will. Wir haben schrecklich gelacht …« Ich sah sie erstaunt an: »Gelacht? Was gibt es da zu lachen? Mir tut das Herz weh, wenn ich daran denke.« – »Um Himmelswillen, Liebes – es ist doch nicht wahr?« Ich schwieg. »Aber keiner von uns hat jemals an so etwas gedacht«, stammelte sie. »Joseph ist doch König von Spanien und gleichzeitig Franzose. Und Louis König von Holland, aber er würde sich bedanken, wenn man ihn einen Holländer nennen wollte. Und Jérôme und Elisa und –«
    »Das ist eben der Unterschied«, sagte ich nur. »Du hast doch vorhin selbst gesagt, dass ein großer Unterschied zwischen uns und – euch besteht.«
    »Sag einmal, denkt ihr wirklich daran, nach Schweden überzusiedeln?« – »Jean-Baptiste bestimmt. Bei mir hängt es davon ab.«
    »Wovon hängt es ab?«
    »Ich werde natürlich hinfahren.« Ich senkte den Kopf. »Du, sie verlangen, dass ich Desideria heiße. Das bedeutet auf Latein: die Erwünschte. Nur wenn ich in Stockholm wirklich erwünscht sein sollte, bleibe ich.«
    »Was du für Unsinn zusammenredest, natürlich bist du erwünscht«, erklärte Julie. »Ich bin nicht so sicher«, meinte ich. »Die alten Adelsfamilien in Schweden und meine neue Schwiegermutter –« »Unsinn, Schwiegermütter hassen einen nur, weil man ihnen den Sohn wegnimmt«, widersprach Julie und dachte an Madame Letitia. »Und Jean-Baptiste ist doch nicht der richtige Sohn der schwedischen Königin. Außerdem hast du Persson in Stockholm. Der wird sich schon noch daran erinnern, wie gut Papa und Etienne zu ihm waren, du musst ihn nur in den Adelsstand erheben und hast dann gleich einen Freund bei Hof«, tröstete sie weiter. »Du stellst dir das alles ganz falsch vor«, seufzte ich und erkannte, dass Julie in Wirklichkeit überhaupt nicht begriff, was geschehen war. Ihre Gedanken wanderten auch bereits wieder in die Tuilerien zurück. »Du, etwas Unglaubliches hat sich ereignet! Die Kaiserin ist in Hoffnung. Was sagst du dazu? Der Kaiser ist ganzaußer sich vor Freude. Der Sohn soll den Titel König von Rom führen. Napoleon ist nämlich überzeugt, dass es ein Sohn wird.«
    »Seit wann ist die Kaiserin in Hoffnung? Wieder seit gestern?« »Nein, schon seit drei Monaten und –« Es klopfte. Die La Flotte meldete: »Die schwedischen Herren, die heute Abend nach Stockholm zurückreisen, fragen an, ob sie sich von Königlicher Hoheit verabschieden dürfen.«
    »Ich

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