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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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scheint schon so lange zurückzuliegen. Dabei ist es erst sechs Wochen her. Aber in diesen sechs Wochen haben wir von früh bis abends im Wagen gesessen. Und jeden Abend hat man uns zu Ehren ein Fest gegeben. In Amsterdam, in Hamburg. Wir haben in Orten mit so seltsamen Namen wie Itzehoe und Apenrade übernachtet. Erst in Nyborg in Dänemark nahmen wir einen längeren Aufenthalt. Von dort aus sollten wir nämlich von der Insel Fünen miteinem Schiff zur Insel Seeland, auf der Kopenhagen liegt, hinüberfahren. Hier erreichte uns ein Kurier Napoleons. Es war ein junger Kavallerieoffizier, der ein großes Paket trug. Und gerade als wir uns auf das Schiff begeben wollten, holte er uns ein. Sein Pferd hatte er auf dem Kai festgebunden. Keuchend lief er mir mit seinem großen Paket nach. »Melde gehorsamst – die herzlichsten Grüße von Seiner Majestät!«
    Graf von Brahe nahm ihm das unförmige Paket ab, und Villatte fragte: »Haben Sie keinen Brief für Ihre Hoheit?« Der junge Offizier schüttelte den Kopf: »Nein, nur diesen mündlichen Gruß. Als der Kaiser hörte, dass Ihre Hoheit abgereist war, murmelte er: ›Schreckliche Jahreszeit, um nach Schweden zu fahren!‹, und sah sich um. Sein Blick fiel zufällig auf mich. Ich erhielt den Befehl, Eurer Hoheit nachzureisen und dieses Geschenk zu überbringen. Der Kaiser sagte: ›Beeilen Sie sich, Ihre Hoheit wird es dringend brauchen.‹ Melde gehorsamst – hier ist das Paket!« Der Offizier schlug die Hacken zusammen. Der kalte Wind trieb mir die Tränen in die Augen. Ich reichte ihm die Hand. »Danken Sie Seiner Majestät und grüßen Sie mir Paris!« Dann musste ich das Schiff besteigen. In der Kajüte packten wir das Geschenk des Kaisers aus. Mir blieb das Herz stehen. Ein Zobelpelz. Der kostbarste Pelz, den ich je gesehen habe. »Einer der drei Pelze des Zaren«, flüsterte die La Flotte ergriffen. Alle haben von den drei Zobelpelzen, die der Zar dem Kaiser geschenkt hat, gehört. Den einen gab er Josephine, den zweiten seiner Lieblingsschwester Polette, und der dritte – ja, der dritte liegt jetzt auf meinen Knien. Weil ich ihn so dringend brauche … Aber ich friere trotzdem. Die Generalsmäntel in alten Tagen haben mich besser gewärmt. Napoleons Mantel in jener Gewitternacht. Jean-Baptistes Mantel in einer Pariser Regennacht. Sie waren nicht mit Gold bestickt wie dieGeneralsmäntel von heute, sondern rau und armselig und schlecht geschneidert. Aber es waren die Uniformen der tapferen jungen Republik.
    Wir schaukelten drei Stunden von Nyborg nach Korsör. Die La Flotte war seekrank und wünschte nicht, dass Graf Brahe ihr den Kopf hielt. Ein sicheres Zeichen, wie sehr sie in ihn verliebt ist. Villatte stand ihr treu zur Seite. Dabei wäre dies die Pflicht meines Leibarztes gewesen. Aber der Doktor war verschwunden. Oscar fand ihn schließlich. »Er ist auf Deck gegangen und kotzt«, sagte er. – »Er erbricht sich, Hoheit, bitte – er erbricht sich«, verbesserte Graf Brahe schnell. »Wie heißt das auf Schwedisch?«, wollte Oscar wissen. Marie hielt mir irgendein Riechfläschchen unter die Nase. In Korsör durften wir uns kaum einen Tag ausruhen, da wir am 17. Dezember in Kopenhagen eintreffen mussten. »Der dänische König hat alles zum Empfang vorbereitet, Hoheit zu Ehren wird ein Galasouper mit anschließendem Konzert stattfinden«, erklärte uns Graf Brahe. In dieser Jahreszeit wird es in Dänemark bereits um fünf Uhr nachmittags dunkel. Wir drückten uns alle zusammen in einen Wagen, um uns zu erwärmen. Erzählen Sie uns vom dänischen König, Graf Brahe«, schlug ich vor. »Er heißt Frederik, nicht wahr?« – »Alle dänischen Könige heißen Frederik oder Christian«, wusste Oberst Villatte. – »Frederik, König Frederik VI.«, sagte Graf Brahe eindringlich. Der hat sich doch auch um die Kronprinzenstellung in Schweden beworben, fiel mir ein. »Wie alt ist dieser Frederik?« – »Anfang vierzig. Und bei seinen Dänen sehr beliebt. Er hat nämlich die Leibeigenschaft aufgehoben«, berichtete uns Graf Brahe. »Wenn die Französische Revolution nicht gewesen wäre, hätten wir heute noch in Europa lauter Sklavenvölker!«, sagte Villatte. »War seine Mutter nicht die Königin, die mit ihrem Staatsminister ein Verhältnis hatte?«, mischte sichMadame La Flotte ins Gespräch. »Wie hat der Staatsminister doch geheißen?« – »Struensee. Und die Königin hieß Caroline Mathilde und war eine englische Prinzessin«, ergänzte Brahe aus dem Dunkel

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