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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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Adoptiveltern nicht warten. Oscar und ich wurden Marmortreppen hinaufgejagt und hatten kaum Zeit, unsere Pelze abzulegen. Wo war Yvette mit meiner Schminkkassette? Yvette war nicht zu sehen, ich trat vor einen Spiegel, mein Gesicht war weiß, die Nase rot, ich sah abscheulich aus, meine Puderdose fand ich im Muff, eine Stupsnase passt nicht in ein Königsschloss, ich wollte mein Hütchen zurechtrücken, aber die seidenen Rosen darauf waren von den Schneeflocken durchweicht, ich nahm den Hut ab – zum Teufel, wo ist denn Yvette? Gottlob, auf die La Flotte kann man sich verlassen, sie reichte mir einen Kamm. Die Schuhe klebten nass an meinen Füßen, wir sind doch durch Eis und Schnee hinter unseren Kaleschenhergelaufen. Schon wurde eine Flügeltür aufgeschlagen, strahlende Helle strömte mir entgegen, dann stand ich in einem weißen Salon. »Meine Frau Desideria, die Majestät eine gute Tochter zu sein wünscht. Und mein Sohn Oscar!« Zuerst glaubte ich nicht richtig zu sehen. Denn sie hatte wirklich gepuderte Haare. Das muss ich Julie schreiben. Die Königin trägt gepudertes Haar und ein schwarzes Samtband um den Hals. Ich verneigte mich. Ihre hellen Augen waren zusammengekniffen, sie schien kurzsichtig zu sein. Der helle Blick bohrte sich in mein Gesicht. Sie lächelte, aber es war kein frohes Lächeln. Sie war viel höher als ich und wirkte in ihrer altmodischen blassblauen Satintoilette sehr königlich. Die Hand hielt sie mir unter die Nase – zum Kuss wahrscheinlich. »Meine liebe Tochter Desideria – willkommen!«, sagte sie gemessen. Ich berührte ihre Hand mit der Nase, küssen wollte ich sie nicht. Dann stand ich schon vor einem Greis mit wässrigen Augen und ein paar dünnen weißen Haaren auf dem rosigen Schädel. »Liebe Tochter, liebe Tochter …«, wimmerte der alte Herr gerührt. Jean-Baptiste war schon neben ihm und reichte ihm stützend seinen Arm. Im gleichen Augenblick trat die Königin neben mich. »Ich möchte Sie der Königinwitwe vorstellen«, sagte sie ruhig und führte mich zu einer mageren blassen Frau in Schwarz. Das kokette schwarze Witwenhäubchen auf dem gepuderten Haar schwebte über völlig starren Gesichtszügen. »Ihre Majestät, Königin Sophia Magdalena«, sagte die kalte, gemessene Stimme. Um Himmels willen, wer ist das? Wie viele Königinnen gibt es denn an diesem Hof? Königinwitwe – das muss die Frau des ermordeten dritten Grafen sein, die Mutter des vierten Gustaf, der vertrieben worden ist. Die gibt es also noch, die wohnt hier, die lässt sich sogar die neue Verwandtschaft vorstellen … Ich verneigte mich tief. Tiefer sogar als vor der Königin. Die Mutter des Mannes, denJean-Baptiste beerbt, klopfte mein Herz. Die Großmutter des Knaben, dessen Stelle Oscar einnimmt. »Ich hoffe, Sie werden sich an unserem Hofe sehr wohl fühlen, Hoheit«, sagte sie. Sie sprach leise und öffnete dabei kaum die Lippen. Es schien ihr nicht dafürzustehen. »Ihre Königliche Hoheit, Prinzessin Sofia Albertina, die Schwester Seiner Majestät«, stellte die Königin vor. Ein Ziegengesicht unbestimmbaren Alters zeigte in süßlichem Lächeln seine langen Zähne. Ich verneigte mich und steuerte dann auf den großen weißen Porzellanofen zu. In den meisten schwedischen Räumen gibt es keine Kamine wie bei uns in Frankreich, sondern hohe runde Öfen, an die ich mich an den Abenden meiner Reise gern angelehnt hatte. Meine Hände und Füße waren noch immer wie Eis. Es war herrlich, sich an diesen heißen Ofen zu pressen. Lakaien servierten Glühwein. Ich faltete meine Hände um das warme Glas und fühlte mich etwas wohler. Graf Brahe stand in meiner Nähe. Mein junger Ritter verlässt mich nicht, dachte ich. Wo war Jean-Baptiste? Der beugte sich über den zittrigen König, der jetzt im Lehnstuhl saß und mit einer von Gicht gekrümmten Hand Oscars Wange tätschelte. Plötzlich spürte ich, dass alle Blicke auf mich gerichtet waren. Was erwartete man von mir? Mit meinem ganzen Ich fühlte ich die Welle von Enttäuschung, die mir entgegenschlug. Ich war keine königliche Erscheinung, keine auffallende Schönheit, keine grande dame. Da stand ich beim Ofen und fror und hatte eine Stupsnase und meine kurzen Haare klebten in feuchten Ringeln. »Wollen Sie nicht Platz nehmen, Madame?« Das war die Königin. Langsam, wohl einstudiert, rauschend ließ sie sich in einem Fauteuil nieder. Wies mit der Hand auf den leeren Stuhl an ihrer Seite. »Verzeihung, aber ich habe so nasse Füße – Jean-Baptiste,

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