Désirée
Füße und breitete zuletzt noch den Zobelpelz des Kaisers über meine Decke. »Alle Frauen behaupten, eine böse Schwiegermutter zu haben«, murmelte ich. »Aber meine – du, Marie, meine ist es wirklich!«
Am nächsten Abend tanzten wir in den Festräumen des Königs und der Königin. Zwei Tage später gab Stockholms Bürgerschaft in der Börse einen Ball zu meinen Ehren. Ich trug meine weißen Toiletten und legte einen goldenen Schleier über Haare und Schultern. Die schwedischen Adelsdamen besaßen wunderbare Familienjuwelen. Große Brillanten und tiefblaue Saphire. Ich bewunderte ihre Diademe. Weder bei den Clarys noch den Bernadottes hat es jemals kostbaren Familienschmuck gegeben.
Am Tag nach dem Ball der Bürgerschaft brachte mir die Gräfin Lewenhaupt ein Paar Ohrgehänge aus Brillanten und Smaragden. »Ein Geschenk der Königin?«, nahm ich an. Wahrscheinlich findet sie, dass ich zu armselig gewirkt habe. »Nein, ein Geschenk der Königinwitwe«, sagte die Lewenhaupt, ohne die Miene zu verziehen. »Die Königinwitwe hat diese Ohrgehänge früher oft getragen. Jetzt trägt sie stets Trauer und keinerlei Schmuck.« Ich trug die Ohrgehänge am 26. Januar, dem Geburtstag Jean-Baptistes. Die Königin gab ihm zu Ehren ein Fest, bei dem Theater gespielt wurde. Leider nicht von richtigenSchauspielern. Schwedens junge Adelsherren und Adelsdamen tanzten uns eine Quadrille in den Nationalkostümen der verschiedenen Gebiete des Landes vor. Zuletzt bildeten die Paare einen Kreis, und so genannte Walküren trippelten herein. Man erklärte mir, dass die Völker des Nordens in alter Zeit an Walküren geglaubt haben – es sind Göttinnen des Schlachtfeldes oder Musen des Kampfes, so genau weiß ich es nicht. Jedenfalls hatten die Damen, die sie darstellen sollten, eine Art Nachthemd aus Metallstückchen angezogen, es klirrte und klingelte, und trugen einen Schild und einen Speer. In ihrer Mitte stand Fräulein Koskull in einem goldenen Panzer und lächelte siegesgewiss. Die anderen sangen: »Oh Brünhilde, oh Brünhilde …!« Dann neigte die Koskull ihren Schild und ihr Haupt und blickte schließlich Jean-Baptiste tief in die Augen. Zuletzt tanzten sämtliche Walküren mit zierlichen Menuettschrittchen auf uns zu, verneigten sich vor Oscar, und ehe wir es uns versahen, hoben sie Oscar in die Höhe und trugen ihn unter dem jubelnden Applaus aller Zuschauer aus dem Saal. Das Ganze war ein Einfall der schönen Koskull, und niemand konnte sich ein lustigeres Geburtstagsfest vorstellen. Jean-Baptiste saß zwischen der Königin und mir. Seine Augen lagen tief in ihren Höhlen. Während der Musikstücke kaute er unruhig an der Unterlippe. »Wird Davout Pommern angreifen?«, flüsterte ich. Unmerkliches Nicken. »Große Sorgen, Jean-Baptiste?« – Unmerkliches Nicken. Dann: »Ich habe einen Kurier an den russischen Zaren geschickt.« – »Der ist doch Napoleons Verbündeter, was versprichst du dir davon?« – Achselzucken. »Alles. Der Zar rüstet.« – Und plötzlich: »Désirée, wenn du mit Schweden sprichst, erwähne niemals Finnland. Verstanden?« – »Ich weiß nicht, wo Finnland liegt. Ist ihnen Finnland so wichtig?« – Jean-Baptiste nickte wieder. »Eine Herzensangelegenheit. Sie hoffen, ichwerde den Zaren dazu bringen, das Land wieder an Schweden abzutreten.« – »Und?« – Jean-Baptiste schüttelte den Kopf: »Kann der Zar nicht machen. Warum schaust du dir nie die Landkarten an?« – In diesem Augenblick tanzten die klirrenden Walküren ihr Menuett. Es war schauerlich, und ich applaudierte begeistert.
Am übernächsten Tag hatte König Carl XIII. Namenstag. Diesmal gaben wir für die Majestäten ein Fest. Alles war längst vor meiner Ankunft besprochen worden. »Der Barbier von Sevilla« wurde aufgeführt, und die Koskull sang die Hauptrolle. Der kindische König verschlang sie mit den Blicken und hob die zittrigen Arme, um immer wieder zu klatschen. Als der Ball eröffnet wurde, forderte Jean-Baptiste die Koskull zum ersten Tanz auf. Sie sind ein schönes Paar. Die erste Frau, die beinahe so hoch gewachsen ist wie er selbst. Vor mir jedoch verbeugte sich ein kleiner Mann in nagelneuer schwedischer Hoftracht. Er verbeugte sich leicht und sehr elegant. »Darf ich bitten, Mama?« Es war Oscars erster Hofball.
Ein paar Tage später erlitt der alte König einen Schlaganfall. Ich saß gerade in meiner neuen Badewanne, die eigentlich als Waschzuber geboren wurde. Der Waschzuber wird in einer Ecke meines
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