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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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schluchzen. Vierundzwanzig Grad unter Null, und dieses Klima nennt Jean-Baptiste bereits – zu Hause. »Die Majestäten erwarten dich zum Tee im Salon der Königin. Du musst dich nicht umkleiden, die Majestäten wollen dich und Oscar nur begrüßen. Ganz ohne Zeremoniell. Morgen gibt Ihre Majestät einen Ball dir zu Ehren …« Er sprach rasch, gehetzt. »Bist du krank, Jean-Baptiste?« – »Natürlich nicht. Nur sehr erkältet und etwas überarbeitet.« – »Sorgen?« – »Mhm.« – »Große Sorgen?« Pause, dann ohne Übergang: »Alquier, du weißt, der französische Botschafter in Stockholm, hat eine neue Note Napoleons überreicht. Der Kaiser verlangt, dass wir ihm zweitausend Matrosen zur Verfügung stellen. So ganz ohne weiteres – zweitausend schwedische Matrosen! Um Schwedens Freundschaft mit Frankreich zu beweisen.«
    »Deine Antwort?«
    »Bitte – verstehe die Situation richtig! Es handelt sich um die Antwort der Regierung Seiner Majestät des Königs. Nicht um die des Kronprinzen.« – Wie ein Schulkind wiederholte ich: »Die Antwort der schwedischen Regierung, Jean-Baptiste?« »Wir haben uns geweigert, haben mitgeteilt, dass wir nicht zweitausend Seeleute entbehren können, wenn Frankreich uns gleichzeitig zwingt, England Krieg zu erklären.« – »Vielleicht gibt Napoleon Ruhe, Jean-Baptiste.« – »Während er Truppen an der Grenze von Schwedisch-Pommern zusammenzieht?Jeden Augenblick können seine Regimenter Schwedisch-Pommern überfallen. Davout kommandiert sie.«
    Vereinzelte Lichter auf beiden Seiten der Straße tauchten auf. »Wir sind beinahe in Stockholm, Hoheit«, sagte die Koskull aus dem Dunkel. »Sehnst du dich nach den Lichtern von Paris, Jean-Baptiste?« Seine Hand in meinem Muff presste meine Finger. Ich verstand, in Anwesenheit von Schweden wird niemals über Sehnsucht nach Paris gesprochen. »Wirst du Schwedisch-Pommern verteidigen?«, wollte ich wissen. Jean-Baptiste lachte auf. »Womit? Glaubst du wirklich, dass sich die schwedische Armee in ihrem heutigen Zustand gegen unse – ich meine, gegen eine französische Armee halten kann? Die unter dem Befehl eines Marschalls von Frankreich steht? Nie im Leben. Ich selbst habe doch seinerzeit die Schweden in Pommern –« Er unterbrach sich. »Ich habe begonnen, die schwedische Armee neu zu organisieren. Jeden Monat lasse ich ein anderes Regiment nach Stockholm kommen, um die Truppen selbst zu schulen. Wenn ich zwei Jahre Zeit hätte, nur zwei Jahre …« Die Lichter vermehrten sich. Ich beugte mich vor, um hinauszusehen. Aber es schneite stark, ich sah nur die wirbelnden Schneeflocken. »Hast du nicht einen neuen Pelz, Désirée?« »Ja, stell dir vor – ein Abschiedsgeschenk des Kaisers! Mit Kurier bis Nyborg in Dänemark nachgeschickt. Sonderbar, nicht wahr?« »Ich nehme an, du konntest ihn nicht ablehnen.«
    »Jean-Baptiste, die Frau ist noch nicht geboren, die einen Zobelpelz ablehnt! Es ist einer der drei Pelze, die der Zar dem Kaiser geschenkt hat.«
    »Ich weiß nicht, ob man dich mit den Einzelheiten der Etikette bei Hof vertraut gemacht hat. Haben Sie mit meiner Frau darüber gesprochen, Fräulein von Koskull?« Die Koskull behauptete, sie hätte es getan. Ich kann mich nicht daran erinnern. »Es ist alles noch ein wenig so wie –«Jean-Baptiste räusperte sich. »So wie – seinerzeit, weißt du.« Ich legte den Kopf an Jean-Baptistes Schulter. »Wie seinerzeit? Seinerzeit war ich nicht hier, ich weiß es daher nicht.«
    »Liebling, ich meine, wie seinerzeit in Versailles!«
    »Ich war auch seinerzeit nicht in Versailles«, seufzte ich. »Aber es wird schon irgendwie gehen, ich werde mich zusammennehmen.« Fackeln loderten zu beiden Seiten auf: Wir fuhren eine Auffahrt entlang. Der Wagen hielt. Jean-Baptiste hob mich heraus. Ich war steif vor Kälte und sah lange Reihen hoher, hell erleuchteter Fenster. »Den Mälar – sieht man von hier aus den Mälar?«
    »Morgen früh wirst du ihn sehen. Das Schloss liegt nämlich am Mälar«, sagte Jean-Baptiste. Plötzlich wimmelte es von Menschen. Kavaliere in kurzen Jacken und Pluderhosen in schwarz-roten Farben tauchten auf. »Um Gottes willen – doch kein Maskenball?«, entfuhr es mir. Schwarze Masken ermorden einen König, fiel mir ein. Eine Dame lachte klirrend. »Liebling, das sind keine Kostüme, sondern die Uniformen, die bei Hof getragen werden«, erklärte mir Jean-Baptiste. »Komm, die Majestäten erwarten dich!« Nein, Jean-Baptiste ließ seine lieben

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