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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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wird sich Russland anschließen. Und derKronprinz hat Recht«, hörte ich. Hat mir jemand diese Worte zugeflüstert oder habe ich sie nur geträumt? Talleyrand war vorübergehinkt. Ich möchte nach Hause, ich bin müde. Jetzt kommt der Kaiser auf mich zu, die Kaiserin am Arm, man darf nicht Rosa tragen, wenn man so rosa Wangen hat … »Da haben wir ja meine Geisel – meine schöne kleine Geisel«, sagte der Kaiser freundlich. Die Umstehenden brachen wohl erzogen in Gelächter aus. »Aber Sie wissen doch gar nicht, worum es sich handelt, meine Damen und Herren!« Manchmal irritiert es den Kaiser, dass man bereits lacht, bevor er noch die Pointe eines Witzes erzählt. »Ich fürchte nur, Ihrer Hoheit ist nicht zum Lachen zumute. Marschall Davout ist leider gezwungen, einen Teil der nordischen Heimat Ihrer Hoheit zu besetzen.« Wie still es geworden war. »Ich nehme an, der Zar hat mehr zu bieten, Madame. Ich höre, er bietet sogar die Hand einer Großfürstin an. Könnten Sie sich vorstellen, dass dies unseren ehemaligen Marschall lockt?« »Die Ehe mit einem Mitglied eines alten Fürstenhauses ist immer verlockend für einen Mann bürgerlicher Abstammung«, sagte ich langsam. Die Umstehenden zuckten zusammen. »Zweifellos«, lächelte der Kaiser. »Aber eine derartige Verlockung könnte Ihre eigene Stellung in Schweden gefährden, Madame. Deshalb rate ich Ihnen als alter Freund, an Bernadotte zu schreiben und ihm zu einer Allianz mit Frankreich zuzureden. Im Interesse Ihrer eigenen Zukunft, Madame!«
    »Meine Zukunft ist gesichert, Sire.« Ich verneigte mich. »Zumindest als – Königinmutter.« Er sah mich überrascht an. Donnerte dann: »Madame, bevor die schwedisch-französische Allianz abgeschlossen ist, möchte ich Sie nicht mehr bei Hofe sehen!«, und ging mit Marie-Luise weiter. Zu Hause erwartete mich Marie. Yvette und den anderen Mädchen hatte ich freigegeben, sie sollten dieNeujahrsnacht feiern. Marie löste mir die Brillanten aus den Ohren und öffnete die Goldspangen an meinen Schultern. »Prosit Marie, der Kaiser hat die größte Armee aller Zeiten aufgestellt, und ich soll an Jean-Baptiste wegen einer Allianz schreiben. Kannst du mir eigentlich sagen, wie ich in die Weltgeschichte gekommen bin?«
    »Schau, wenn du damals im Maison Commune nicht eingeschlafen wärest, hätte dich dieser Herr Joseph Bonaparte nicht aufwecken müssen. Wenn du dir nicht in den Kopf gesetzt hättest, dass er und Julie –«
    »Ja, und wenn ich nicht so neugierig auf seinen Bruder, den kleinen General, gewesen wäre! Wie schäbig der in seiner abgewetzten Uniform ausgesehen hat …« Ich stützte die Arme auf den Toilettentisch und schloss die Augen. Neugierde, dachte ich, aus lauter Neugierde habe ich mir das alles eingebrockt. Aber der Weg über Napoleon hat zu Jean-Baptiste geführt. Und ich bin sehr glücklich mit ihm gewesen. »Eugénie«, kam es vorsichtig von Marie. »Wann wirst du wieder nach Stockholm reisen?« Wenn ich mich beeile, komme ich vielleicht noch zurecht, um die Verlobung meines Mannes mit einer russischen Großfürstin zu feiern, dachte ich verzweifelt und rührte mich nicht. »Prosit Neujahr!«, murmelte Marie schließlich. Das Jahr 1812 hat zwar erst begonnen, aber ich sehe schon, dass es abscheulich werden wird.

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    Paris, im April 1812.
    P ierre kam, der Sohn meiner Marie. Er kam ganz überraschend. Hatte sich freiwillig zur größten Armee aller Zeiten gemeldet und war einem Regiment zugeteilt worden, das von Paris aus den Feldzug antreten sollte. Bisher habe ich regelmäßig achttausend Francs jährlich bezahlt, um Pierre vom Militärdienst zu befreien. Ich habe es von Herzen getan, ich kann mir nicht helfen, ich habe Pierre gegenüber ein schlechtes Gewissen. Nach seiner Geburt gab Marie ihn in Pflege, um als Amme zu mir zu kommen und ihren Unterhalt zu verdienen. Ich habe Pierre seine Muttermilch weggetrunken und bin von Marie geküsst worden, wenn sie sich nach ihm sehnte. Muttermilch oder nicht – Pierre ist ein sehniger, baumlanger Kerl, von südlicher Sonne gebräunt, er hat Maries dunkle Augen, aber einen lachenden Blick. Den muss er von seinem Vater geerbt haben. Er trug eine funkelnagelneue Uniform und eine ebenso neue Bärenfellmütze. Sogar die blauweißrote Kokarde schimmerte, so neu war sie. Marie war wie vor den Kopf geschlagen. Schüchtern streichelten ihre knochigen Hände seine Arme. »Warum?«, fragte sie nur immer wieder. »Du warst doch so zufrieden mit dem

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