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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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einsam bis zu diesem Augenblick«, sagte ich und setzte mich auf das Sofa unter dem Porträt des Ersten Konsuls. Die beiden Herren nahmen mir gegenüber Platz. Yvette brachte Tee herein. »Das ist Frankreichs berühmter Polizeiminister, der sich aus Gesundheitsrücksichten auf seine Güter zurückgezogen hat«, erklärte ich dem Grafen von Rosen. Graf von Rosen reichte den Herren ihre Teetassen. »Man scheint auf den Gütern des Herzogs von Otranto ebenso gut informiert zu sein wie im Außenministerium in Paris«, bemerkte Talleyrand. »Gewisse Dinge sprechen sich schnell herum.« Fouché trank in wohl erzogen kleinen Schlückchen. »Was spricht sich herum?«, fragte ich höflich. »Die großen Siege der französischen Armee sind doch kein Geheimnis mehr. Die Glocken sind nach der Einnahme von Smolensk noch kaum verstummt.«
    »Ja, Smolensk…«, meinte Talleyrand und öffnete endlich die Augen und betrachtete Napoleons Jugendporträt sehr interessiert. »Übrigens werden die Glocken in einer halben Stunde wieder läuten, Hoheit.«
    »Was Sie nicht sagen, Exzellenz!«, rief Fouché. Talleyrand lächelte: »Überrascht Sie das? Der Kaiser führt doch die größte Armee aller Zeiten gegen den Zaren. Die Glocken werden natürlich bald wieder läuten. Es stört Sie doch nicht, Hoheit?« »Nein, natürlich nicht. Im Gegenteil, ich bin doch –« Ich brach ab. Ich bin doch Französin, wollte ich sagen. Aber ich bin ja längst keine Französin mehr. Und mein Mann hat mit Russland einen Freundschaftspakt abgeschlossen. »Glauben Sie eigentlich an den Sieg des Kaisers, Hoheit?«, erkundigte sich Talleyrand. »Der Kaiser hat doch noch nie einen Krieg verloren«, antwortete ich. Eine seltsame Pause entstand. Fouché musterte mich neugierig, während Talleyrand langsam und genießerisch den wirklich sehr guten Tee austrank. »Der Zar hat sich Rat geholt«, bemerkte er ganz zuletzt und setzte die leere Tasse nieder. Ich gab Yvette ein Zeichen, nachzuschenken. »Der Zar wird um Frieden bitten«, meinte ich gelangweilt. Talleyrand lächelte: »Das hat der Kaiser nach dem Sieg bei Smolensk erwartet. Aber der Kurier, der vor einer Stunde in Paris eingetroffen ist, um den Sieg bei Borodino zu melden, weiß nichts von Friedensverhandlungen. Dabei gibt dieser Sieg den Weg nach Moskau frei.« War er gekommen, um mir das zu erzählen? Siege, Siege, seit vielen Jahren nichts als Siege. Ich werde Marie berichten, dass Pierre bald in Moskau einmarschieren wird. »Damit ist wohl der russische Feldzug zu Ende? Nehmen Sie doch ein Stückchen Marzipan, Exzellenz!« »Haben Hoheit in letzter Zeit etwas von Seiner Königlichen Hoheit, dem Kronprinzen, gehört?«, erkundigte sich Fouché. Ich lachte: »Richtig – Sie überwachen ja nicht mehr meineKorrespondenz! Ihr Nachfolger könnte Ihnen erzählen, dass mir Jean-Baptiste seit vierzehn Tagen nicht mehr geschrieben hat. Aber von Oscar habe ich Post. Es geht ihm gut, er –« Ich verstummte. Es langweilt die Herren, dass ich von meinem Kind erzählte. »Der schwedische Kronprinz war verreist«, sagte Fouché und ließ mich nicht aus den Augen. Verreist? Ich sah erstaunt von einem zum anderen. Auch von Rosen öffnete vor Überraschung die Lippen. »Seine Königliche Hoheit war in Abo«, fuhr Fouché fort. Von Rosen zuckte zusammen. Ich sah ihn an: »Abo? Wo liegt Abo?«
    »In Finnland, Hoheit«, sagte von Rosen. Seine Stimme war ganz heiser. Schon wieder Finnland … »Finnland ist doch von den Russen besetzt, nicht wahr?« Talleyrand trank seine zweite Tasse Tee. »Der Zar hat den schwedischen Kronprinzen gebeten, mit ihm in Abo zusammenzutreffen«, sagte Fouché genießerisch. »Sagen Sie das noch einmal, und zwar ganz langsam«, bat ich. »Der Zar hat den schwedischen Kronprinzen gebeten, ihn in Abo zu treffen«, wiederholte Fouché triumphierend und sah Talleyrand an. »Was will denn der Zar von Jean-Baptiste?«
    »Ratschläge«, antwortete Talleyrand gelangweilt. »Ein ehemaliger Marschall, der die Taktik des Kaisers ganz genau kennt, ist doch ein ausgezeichneter Ratgeber in einer derartigen Situation.«
    »Und auf Grund dieser Ratschläge sendet der Zar keine Unterhändler zum Kaiser, sondern lässt unsere Armee weiter vorrücken«, sagte Fouché ausdruckslos. Talleyrand sah auf seine Uhr. »Jetzt werden die Glocken jeden Augenblick zu läuten beginnen, um den Sieg bei Borodino zu verkünden. Unserer Truppen werden in wenigen Tagen in Moskau einziehen.« »Hat er ihm Finnland versprochen?«,

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