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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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Verwalterposten, den dir Hoheit verschafft hat.« Pierre zeigte blitzende Zähne. »Mama, man muss doch dabei sein! Mit der großen Armee marschieren, Russland unterwerfen, Moskau erobern! Der Kaiser ruft uns zu den Waffen, um Europa endlich zu einigen, denk an all die Möglichkeiten, Mama, man kann –«
    »Was kann man?«, fragte Marie bitter. »General werden, Marschall, Kronprinz, König – was weiß ich!« Seine Worte überstürzten sich. Nein, man kann nicht auf einem Weingut in der Nähe von Marseille verkommen, wenn der Kaiser die größte Armee aller Zeiten unter die Fahnen gerufenhat. Tag und Nacht ziehen sie an meinem Fenster vorüber: Regimenter auf dem Weg nach Russland. Mit klingendem Spiel, ihr Marschtritt lässt die Häuser erzittern, die Trommeln wirbeln, man hängt aus den Fenstern und jubelt ihnen zu. »Mama, du musst mir den Gewehrlauf mit Rosen schmücken!« Die Soldaten der größten Armee aller Zeiten haben Blumen angesteckt. Im Garten blühten die ersten Rosen. Marie sah mich fragend an. »Nimm sie, Marie, steck sie ihm an, schau – die Knospe dort, die tiefrote, die steckst du ihm oben in den Gewehrlauf!« Marie ging in den Garten und schnitt die ersten Rosen ab. »Ich werde immer daran denken, dass ich die Rosen einer Marschallin von Frankreich am Gewehr getragen habe«, versicherte Pierre, dem ich die Muttermilch weggetrunken habe. – »Einer ehemaligen Marschallin von Frankreich«, sagte ich. »Ich hätte am liebsten unter dem Herrn Gemahl gedient«, begann er. – »Es wird Ihnen auch in einem der Korps des Marschalls Ney gefallen«, tröstete ich ihn. Marie kehrte aus dem Garten zurück. Wir steckten Pierre Rosen in alle Knopflöcher, banden zwei gelbe Blüten um den Säbelknauf und setzten die rote Knospe in den Gewehrlauf. Pierre stand stramm und salutierte. »Kommen Sie gesund wieder, Pierre!« Marie begleitete ihn bis an die Haustür. Als sie zurückkam, waren die Furchen ihres Gesichtes noch tiefer geworden, sie hielt einen Putzlappen in der Hand und begann leidenschaftlich die silbernen Leuchter zu polieren. Unten zog gerade wieder ein Regiment mit klingendem Spiel vorbei. Villatte war eingetreten. Seitdem die große Armee zu marschieren begonnen hat, ist er seltsam ruhelos. »Warum marschieren eigentlich Soldaten immer mit einer Musikkapelle in den Krieg?«, erkundigte ich mich. – »Weil Marschmusik anfeuert, weil man dabei nicht denken kann und leichter den Takt einhält.« – »Warum müssen denn Soldaten unbedingt im Takt marschieren?« – »Hoheit, versuchenSie sich doch einmal eine Schlacht vorzustellen. Befehl zum Angriff. Wie würde das aussehen, wenn der eine mit langen und der andere mit kurzen Schritten vorwärts stürmen würde?« Ich dachte darüber nach. »Ich verstehe es noch immer nicht. Es macht doch nichts, wenn der eine mit langen und der andere mit kurzen Schritten den Feind angreift.« – »Es sieht nicht gut aus. Außerdem könnte es geschehen, dass der eine oder andere im letzten Moment Angst bekommt und überhaupt nicht angreift. Verstehen Sie, Hoheit?« Ja, das verstand ich. »Deshalb geht es nicht ohne Regimentsmusik«, schloss Villatte seinen Vortrag. Die Regimentsmusik klang auf ein Mal leer. Blechtrompeten, dachte ich, Trommeln und Blechtrompeten. Es ist lange her, seitdem ich das Lied von Marseille ohne Musikbegleitung gehört habe. Einfach von Hafenarbeitern, Bankbeamten und Handwerkern gesungen. Jetzt schmettern tausend Trompeten die Melodie, wenn sich Napoleon zeigt … Graf Rosen kam auf mich zu. Er hielt eine Depesche in der Hand und sagte etwas. Ich konnte ihn nicht verstehen, die Trompeten auf der Straße schmetterten zu laut. Wir wandten uns vom Fenster ab. »Ich habe Hoheit eine wichtige Mitteilung zu machen. Schweden hat am 5. April ein Bündnis mit Russland abgeschlossen.«
    »Oberst Villatte!« Meine Stimme war tonlos. Jean-Baptistes Kamerad in den Schlachten des Jahres 1794, in denen es um die Republik ging, sein Mitarbeiter im Kriegsministerium, der Adjutant aller Feldzüge, der treue Freund, der uns nach Schweden folgte und mit mir zurückkehrte, weil Stockholm über unsere französischen Freunde murrte. Unser Villatte …
    »Hoheit befehlen?«
    »Wir haben soeben erfahren, dass eine Allianz zwischen Schweden und Russland abgeschlossen worden ist.« Die Militärmusik verklang, man hörte nur noch Stiefel. Ichkonnte Villatte nicht ansehen. Aber ich musste weitersprechen … »Sie sind französischer Staatsbürger und

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