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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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platzte Graf von Rosen heraus. »Wer soll wem Finnland versprechen?«, fragte Fouché erstaunt. »Finnland? Wiekommen Sie nur darauf, Herr Graf?«, erkundigte sich Talleyrand. Ich versuchte es zu erklären: »Schweden hofft noch immer auf eine Rückgabe Finnlands. Finnland liegt den – ich meine, liegt meinen Landsleuten sehr am Herzen.«
    »Und dem verehrten Herrn Gemahl, Hoheit?«, wollte Talleyrand wissen. »Jean-Baptiste meinte, dass der Zar auf Finnland nicht verzichten wird. Dagegen wünscht er sich sehr, Norwegen mit Schweden zu vereinen.« Talleyrand nickte langsam. »Mein Gewährsmann deutet mir an, dass der Zar dem schwedischen Kronprinzen versprochen hat, diese Union zu unterstützen. Natürlich erst nach Beendigung des Krieges.« »Ist denn der Krieg nicht beendet, wenn der Kaiser in Moskau einzieht?«, fragte ich. Talleyrand zuckte die Achseln: »Mir sind die Ratschläge, die der Herr Gemahl dem Zaren aller Reußen gegeben hat, nicht bekannt.« Eine neue bleischwere Pause. Fouché nahm ein Marzipankügelchen und schmatzte. »Diese Ratschläge jedoch, die angeblich Seine Königliche Hoheit dem Zaren erteilt haben soll –«, begann Graf von Rosen. Fouché grinste über das ganze Gesicht. »Die französische Armee rückt in Dörfer ein, die von ihren Bewohnern niedergebrannt worden sind. Die französische Armee findet nur ausgebrannte Kornspeicher vor. Die französische Armee marschiert von Sieg zu Sieg und – hungert. Der Kaiser ist gezwungen, Proviant aus dem Hinterland herbeizuschaffen. Damit hat der Kaiser nicht gerechnet. Übrigens auch nicht mit den Flankenangriffen der Kosaken, die sich nicht richtig zur Schlacht stellen wollen. Aber der Kaiser hofft, seine Truppen in Moskau auffüttern zu können. Die Armee wird in Moskau überwintern. Moskau ist eine reiche Stadt und kann die Truppen verköstigen. Sie sehen, alles hängt vom Einmarsch in Moskau ab.« – »Zweifeln Sie denn an diesem Einmarsch?«, fragte Graf von Rosenerstaunt. »Seine Exzellenz, der Fürst von Benevent, sagte doch soeben, dass die Glocken jeden Augenblick den Sieg von Borodino verkünden werden. Der Weg nach Moskau ist frei. Der Kaiser steht wahrscheinlich schon übermorgen im Kreml, lieber Graf«, erklärte Fouché und grinste noch immer. Eine große Angst begann meine Kehle zuzuschnüren. Verzweifelt sah ich von einem zum anderen. »Bitte, sagen Sie mir aufrichtig, meine Herren – warum sind Sie eigentlich zu mir gekommen?« – »Ich wollte Ihnen schon lange einen Besuch abstatten, Hoheit«, sagte Fouché. »Und da ich erfahren habe, welche bedeutende Rolle der hohe Gemahl in diesem Völkerringen spielt, ist es mir ein Herzensbedürfnis, Hoheit meiner Sympathie zu versichern. Meiner jahrelangen Sympathie, wenn ich so sagen darf.«
    Ja, jahrelang hat uns der Polizeiminister Napoleons bespitzelt. »Ich verstehe Sie nicht«, sagte ich nur und sah Talleyrand an. »Ist ein ehemaliger Rechenlehrer wirklich so schwer zu durchschauen, Hoheit?«, erkundigte sich Talleyrand. »Kriege sind wie Gleichungen in der höheren Mathematik. Auch im Kriege rechnet man mit einer Unbekannten. In diesem Kriege handelt es sich um – einen Unbekannten. Und dieser Unbekannte ist seit seinem Zusammentreffen mit dem Zaren nicht mehr – unbekannt. Der schwedische Kronprinz hat eingegriffen, Madame.« »Und welchen Vorteil hat dieses Eingreifen für Schweden? Anstatt bewaffneter Neutralität ein Pakt mit Russland«, fuhr Graf von Rosen leidenschaftlich auf. »Ich fürchte, die bewaffnete Neutralität Schwedens imponiert dem Kaiser nicht mehr. Seine Majestät hat Schwedisch-Pommern besetzt. Sie sind doch mit der Politik Ihres Kronprinzen nicht unzufrieden, junger Mann?«, meinte Talleyrand freundlich. Aber mein blonder junger Graf gab nicht nach. »Die Russen haben hundertvierzigtausend Mann unterden Waffen und Napoleon –« »Beinahe eine halbe Million«, nickte Talleyrand. »Aber ein russischer Winter ohne geeignete Quartiere erschlägt die größte, die beste Armee, junger Mann.« Ich begriff. Ohne geeignete Quartiere … Mein Gott – ich begriff. In diesem Augenblick setzten die Glocken ein. Die La Flotte riss die Tür auf und schrie: »Ein neuer Sieg! Die Schlacht bei Borodino gewonnen!« Wir rührten uns nicht. Das Meer der Glockenstimmen schlug über mir zusammen. Napoleon will in Moskau überwintern. Welchen Rat hat Jean-Baptiste dem Zaren gegeben? Fouché und Talleyrand halten sich Spione und Kuriere in allen Lagern, sie werden immer auf der

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