Désirée
sein, so werden Sie sich gleichzeitig von mir verabschieden. Es wäre mir dann nicht mehr möglich, Sie bei Hof zu empfangen.« Ich verneigte mich. »Ich würde auch nicht mehr kommen, Sire.« Graf von Rosen begleitete den Kaiser und Caulaincourt hinaus. Auf dem Tisch vor dem Sofa lag der Bogen mit der ordentlichen Handschrift Caulaincourts. Finnland! Mit Ausrufungszeichen. Und Pommern. Norddeutschland von Danzig bis Mecklenburg. Früher hat er seine Marschälle ernannt, jetzt versucht er sie zu kaufen. Langsam ging ich von einem Kandelaber zum anderen und blies die Kerzen aus. Von Rosen kehrte zurück. »Werden Hoheit morgen an den Kronprinzen schreiben?« Ich nickte. »Und Sie werden mir dabei helfen, Graf.«
»Glauben Hoheit, dass der Kronprinz dem Kaiser antwortet?« »Ich bin überzeugt davon. Und es wird der letzte Brief sein, den mein Mann an den Kaiser schreibt.« Ich sah zu, wie die Flammen im Kamin starben. Sehr viel Asche blieb zurück. »Ich möchte Hoheit gerade jetzt nicht allein lassen«, kam es zögernd. »Das ist lieb von Ihnen. Aber ich bin allein. Furchtbar allein, und Sie sind zu jung, um das zu verstehen. Übrigens werde ich zu Marie gehen und sie trösten.« Den Rest der Nacht verbrachte ich an Maries Bett. Ich versprach ihr, an Murat zu schreiben und an den Marschall Ney und natürlich an Oberst Villatte, von dem ich seit Wochen nichts gehört habe. Ich versprach, im Frühling mit ihr in die russischen Steppen zu fahren und Pierre zu suchen. Ich versprach und versprach, und sie war in ihrer Angst wie ein Kind und glaubte wirklich, ich könne ihr helfen. – Heute verkünden Extra-Ausgaben, dass der Kaiser überraschend aus Russland zurückgekehrt ist. Die Gesundheit Seiner Majestät war nie besser.
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Paris, Ende Januar 1813.
E ndlich ist ein Kurier mit Briefen aus Stockholm eingetroffen. »Meine liebe Mama«, schreibt Oscar. Seine Schrift ist regelmäßig und sehr erwachsen. In einem halben Jahr wird er vierzehn Jahre alt sein. Manchmal könnte ich vor Sehnsucht schreien. Der zarte bräunliche Kinderhals, die Grübchen in den dicken Ärmchen … Aber das ist schon so lange her. Oscar ist heute ein magerer eckiger Junge in schwedischer Kadettenuniform, vielleicht rasiert er sich schon ab und zu, ich kann es mir nur nicht vorstellen … »Meine liebe Mama, wir waren am 6. Januar bei einer wunderschönen Vorstellung im Theater Gustafs III. Denk dir, eine berühmte französische Schauspielerin, Mademoiselle George, die früher in Paris am Théâtre Français engagiert war und dann in Moskau Gastspiele gegeben hat, ist hier aufgetreten. Sie hat die Marie Tudor gespielt, und ich war mit der Königin, der Prinzessin Sofia Albertina und dem Papa in einer Loge. Die Damen haben sehr geweint, weil es ein furchtbar trauriges Stück ist. Ich weine nie im Theater. Auch der Papa nicht. Nach der Vorstellung hat der Papa ein Souper für Mademoiselle George gegeben, der Königin war es gar nicht recht, dass Papa und die Künstlerin immerfort von Paris und alten Zeiten gesprochen haben, sie hat das Gespräch immer wieder unterbrochen und sehr oft ›Unser lieber Sohn Carl Johan‹ gesagt. Darüber musste Mademoiselle George schrecklich lachen. Schließlich zupfte sie Papa am Großkreuz der Ehrenlegion, das Papa immer trägt, und rief: ›General Bernadotte, dass ich Sie hier in Stockholm wieder finden würde und noch dazu als Sohn der schwedischen Königin – das habe ich mir auch nicht gedacht!‹ Da wurde die Königin so böse, dass sie mich schlafen schickte und sich mit allen Damenzurückzog. Die Künstlerin trank noch Kaffee und Likör mit Papa und dem Grafen Brahe. Das Hoffräulein Mariana Koskull legte sich vor Ärger und Eifersucht eine ganze Woche lang mit Schnupfen ins Bett. Papa arbeitet jeden Tag sechzehn Stunden lang und sieht sehr schlecht aus, die Theatervorstellung von Mademoiselle George war die erste, die er seit vielen Wochen besucht hat …« Ich lachte. Und weinte auch ein bisschen und hatte große Lust, mich mit einem Schnupfen auf eine Woche ins Bett zu legen wie Mariana von Koskull. Mademoiselle George in Stockholm … Vor zehn Jahren hat Josephine vor Eifersucht getobt, während der Erste Konsul mit seiner neuen sechzehnjährigen Geliebten in seinem Arbeitszimmer Verstecken spielte. Georgina nannte er sie, Georgina … Als er Kaiser wurde, verließ er sie, weil Mademoiselle George zu viel lachte. »Unser lieber Sohn Carl Johan …« Ich hoffe, sie lacht der schwedischen
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