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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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angekommen. Mit seinen Attachés.« Wetterstedt?, überlegte ich. Natürlich – der Reichskanzler von Schweden. Brahe: »Wetterstedt hat sich bereits bei Metternich und den Engländern angesagt. Unser Hauptquartier wird übrigens gestürmt.« Jean-Baptiste: »Von den Passanten?« »Aber nein, die Straße ist längst geräumt worden, Gendarmen und Kosaken bilden Kordons. Der Zar hat ein ganzes Regiment zur Verfügung gestellt.« Jean-Baptiste sprach sehr schnell, ich verstand nur einzelne Worte: »Ausschließlich schwedische Dragoner … unter keinen Umständen russische Posten …« Kammerherr Baron Löwenhjelm: »–Hauptquartier von Besuchern gestürmt. Talleyrand will Hoheit im Namen der französischen Regierung begrüßen. Die Marschälle Ney und Marmont haben ihre Karte abgegeben. Der Personaladjutant des preußischen Königs hat vorgesprochen. Der englische Ambassadeur. Eine Abordnung der Bürgerschaft von Paris.« Brahe: »Oberst Villatte bittet, vorgelassen zu werden.« Jean-Baptiste: »Soll sofort hereinkommen. Habe wenig Zeit.« Leise trat ich in Jean-Baptistes Ankleidezimmer. Mein Mann stand vor dem hohen Ankleidespiegel und knöpfte gerade den Waffenrock der schwedischen Reichsmarschallsuniform zu. Fernand bespritzte ihn mit Eau de Cologne und reichte ihm dann das Großkreuz der Ehrenlegion. Jean-Baptiste nahm gewohnheitsmäßig die Kette und wollte sie um den Hals legen. Plötzlich erstarrte er. »Hoheit müssen sich bereits jetzt zur Parade ankleiden, nach dem Galafrühstück der russischen Majestät bleibt keine Zeit mehr«, ermahnte Löwenhjelm. Da legte sich Jean-Baptiste langsam die Kette um den Hals und befestigte den Stern der Ehrenlegion. Seine Augen wurden schmal. »Parade – Herr Marschall Bernadotte«, flüsterte er dem eingefallenen Gesicht in seinem Spiegel zu. Im gleichen Augenblick trat Villatte ein. Jean-Baptiste wandte sich rasch um, ging ihm entgegen und schlug ihm auf die Schulter. »Villatte! Wie ich mich freue, Sie wieder zu sehen!« Villatte stand stramm. Jean-Baptiste rüttelte an Villattes Schulter. »Na, alter Kamerad?« Aber Villatte rührte sich nicht. Sein Gesicht war starr. Da glitt Jean-Baptistes Hand von der Schulter des Freundes. »Kann ich etwas für Sie tun, Herr Oberst?« »Ich höre, dass die alliierten Mächte die Freilassung aller französischen Kriegsgefangenen angeordnet haben. Ich bitte daher um meine – Freilassung.« Ich lachte. Aber mein Lachen zerbrach. Villatte spaßte nicht, sein starres Gesicht wurde tieftraurig. »Natürlich, Herr Oberst, Sie sind selbstverständlich Ihreigener Herr«, sagte Jean-Baptiste. »Ich würde mich freuen, wenn Sie bis auf weiteres als Gast bei uns bleiben würden.«
    »Ich danke Eurer Hoheit für das freundliche Anerbieten. Ich muss es leider ablehnen und bitte die Hoheit, mich zu entschuldigen.« Dann ging er schnell auf mich zu und verbeugte sich tief, über seine Schultern hinweg sah ich, wie grau Jean-Baptistes Gesicht war. »Villatte«, flüsterte ich. »Sie sind einen langen Weg mit uns gegangen. Bleiben Sie bei uns, ja?« »Der Kaiser hat doch seine Armee ihres Eides entbunden«, sagte Jean-Baptiste heiser. »Ich höre, dass sogar Marschälle mir ihre Aufwartung machen. Weshalb wollen gerade Sie –« »Deshalb, Hoheit. Nur ein paar Garderegimenter halten sich noch in Fontainebleau auf. Die Marschälle haben es nicht der Mühe wert gefunden, sich von ihrem ehemaligen Oberstkommandierenden zu verabschieden. Ich bin nur Oberst, Hoheit. Aber ich weiß, was sich gehört. Zuerst nach Fontainebleau. Dann rücke ich zu meinem Regiment ein.« Als ich wieder aufsah, war Villatte verschwunden, und Jean-Baptiste wickelte sich die schwedische Schärpe um. »Bevor du fortgehst, möchte ich dich noch einen Augenblick allein sprechen, Jean-Baptiste«, sagte ich und kehrte in mein Boudoir zurück. Jean-Baptiste folgte mir. Ich wies auf den Stuhl vor dem Toilettentisch. »Setz dich!« Dann nahm ich mein Töpfchen Rouge und begann vorsichtig, sehr vorsichtig die grauen Wangen zu schminken. »Du bist verrückt, Désirée – ich will das nicht!«, wehrte er ab. Sorgfältig verwischte ich das Rot, es sah wirklich ganz natürlich aus. »So –«, sagte ich zufrieden. »Du kannst nicht mit totenblassem Gesicht an der Spitze deiner siegreichen Truppen über die Champs-Élysées reiten. Wenn du als Sieger einziehst, dann musst du auch wie ein Sieger aussehen.« Plötzlich schüttelte er angewidert den Kopf. »Ich kann nicht!« Es klang

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