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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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eine breite Straße und bogen schließlich in eine schmale Gasse ein. Ich zog den Schleier noch mehr über die Wangen, weil ich fühlte, dass Oscar mich von der Seite ansah. Dann blieb er vor einem kleinen Café mit ein paar armseligen Tischchen und zwei verstaubten Palmen in Töpfen stehen. »Darf ich meine reizende Landsmännin auf ein Glas Wein einladen?« Ich sah entsetzt die abscheulichen Topfpflanzen an. Das schickt sich nicht, dachte ich und wurde rot. Sieht er denn nicht, dass ich eine ältere Dame bin? Oder pflegt Oscar jede zufällige Damenbekanntschaft einzuladen? »Es ist nur, weil er endlich seinem grässlichen Löwenhjelm entschlüpft ist, beruhigte ich mich und nickte. Es ist hier nicht sehr elegant, aber wir können wenigstens ungestört plaudern, Madame«, meinte er liebenswürdig. Dann fragte er zu meinem Entsetzen: »Kellner, haben Sie französischen Champagner?« »Doch nicht jetzt am Vormittag«, wehrte ich erschrocken ab.
    »Warum nicht? Jederzeit, wenn es etwas zu feiern gibt«, lächelte er. »Aber es gibt doch nichts zu feiern«, protestierte ich. »Doch. Ihre Bekanntschaft, Madame. KönnenSie nicht den hässlichen Schleier etwas zurückschieben, damit ich Ihr Gesicht sehen kann? Ich sehe nur die Nasenspitze.«
    »Meine Nase ist ein großes Malheur«, sagte ich. »Als ich jung war, habe ich mich über sie sehr gekränkt. Wie merkwürdig, dass niemand die Nase hat, die er sich wünscht.« »Mein Vater hat eine phantastische Nase. Vorspringend wie ein Adlerschnabel. Sein Gesicht besteht überhaupt nur aus Nase und Augen.« Der Kellner brachte den Champagner und schenkte ein. »Skal – unbekannte Landsmännin! Französisch und schwedisch zugleich, nicht wahr?« »Genau wie Eure Hoheit«, sagte ich. Der Champagner war viel zu süß. »Nein, ich bin nur noch Schwede, Madame«, sagte er schnell. »Übrigens auch Norweger. Der Champagner schmeckt abscheulich, finden Sie nicht auch?« »Zu süß, Hoheit.« »Wir haben anscheinend denselben Geschmack, Madame. Das freut mich. Die meisten Frauen bevorzugen zuckersüße Weine. Unsere Koskull zum Beispiel –« Ich zog scharf den Atem ein. »Was bedeutet das – unsere Koskull?« »Das Hoffräulein Mariana von Koskull. Zuerst der Sonnenstrahl des verstorbenen Königs. Dann Papas Liebling. Und, wenn ich mich seinem Wunsch gefügt hätte, meine – Mätresse. Was überrascht Sie daran, Madame?« »Dass Sie es einer Fremden erzählen«, sagte ich zornig. »Einer Landsmännin! Die verstorbene Königin Hedvig Elisabeth hat nicht viel für die primitiven Scherze ihres Gemahls übrig gehabt. Die Koskull pflegte ihm vorzulesen, und er war so glücklich, wenn er dabei ihren Arm streicheln durfte. Papa hat das schwedische Hofzeremoniell übernommen, wie es war. Wollte nicht daran rühren, wollte nichts verändern. Vielleicht, um niemanden zu kränken. Er hat auch die Koskull übernommen.« Ich starrte ihn fassungslos an. »Meinen Sie das im Ernst?« »Madame, mein Vater ist dereinsamste Mensch, den ich kenne. Meine Mutter hat ihn seit Jahren nicht aufgesucht. Papa arbeitet sechzehn Stunden am Tag und verbringt die späten Abendstunden ausschließlich in Gesellschaft von ein bis zwei Freunden aus seinen Kronprinzentagen. Zum Beispiel dem Grafen Brahe, wenn Ihnen dieser Name etwas sagt. Auch die Koskull pflegt zu erscheinen. Mit einer Gitarre. Dann singt sie Papa schwedische Trinklieder vor, die Lieder sind sogar ganz lustig, aber er versteht leider den Text nicht.« »Und Hofbälle, Empfänge? Man kann doch nicht ohne Feste Hof halten?« »Papa kann. Vergessen Sie nicht, Madame, wir haben keine Königin bei Hof.« Ich trank langsam mein Champagnerglas aus. Er füllte sehr schnell nach. »Alles wird sich ändern, wenn Hoheit heiraten«, murmelte ich. »Glauben Sie, dass sich eine junge Prinzessin in einem eiskalten, riesigen Schloss wohl fühlen wird, in dem sich der König weigert, irgendjemanden außer seinen Staatsräten und alten Freunden zu empfangen, Madame? Mein Vater ist sehr seltsam geworden. Ein König, der die Landessprache nicht versteht, ist von der krankhaften Angst besessen, er könnte gestürzt werden. Wissen Sie, wozu es gekommen ist? Mein Vater lässt Zeitungen, die irgendeinen Artikel veröffentlichen, der ihm persönlich unangenehm ist, glatt verbieten. Dabei sieht die schwedische Verfassung völlige Pressefreiheit vor. Madame, der König bricht die Konstitution – begreifen Sie, was das bedeutet?« Oscars Gesicht war blass vor Leidenschaft. Ich

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