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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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Ich lachte ihn aus und verwandelte den einsamen Junggesellenhaushalt im Stockholmer Schloss und in Drottningholm in einen anständigen Hofstaat. Ein Regiment von Hofdamen und Kammerherren wurde ernannt. Die Lakaien wurden in nagelneue Livreen gesteckt. Tapezierer und Tischler, Schneider und Modistinnen und Frisöre hatten alle Hände voll zu tun. Alle verdienten daran, und alle freuten sich. Und nicht zuletzt meine lieben Seidenhändler … Oscar schlug vor, großartige Manöver in Südschweden abzuhalten und mit dem ganzen Hofstaat nach Skane zu reisen. Wozu?, fragte Jean-Baptiste und wehrte sich dagegen. Natürlich erfolglos. Oscar und ich setzten unseren Willen durch. Südschweden bekam die königliche Familie zu sehen, abends tanzten wir in den Schlössern des Landadels, vormittags stand ich stundenlang bei Paraden, und nachmittags empfing ich eine Bürgerdeputation nach der anderen. Marie – so gut und selbst so müde – massierte meine armen Beine. Und die neuenHofdamen hörten mir schwedische Vokabeln ab. Es war entsetzlich, aber ich habe es im wahrsten Sinne des Wortes – durchgestanden. Jetzt sind wir in Drottningholm und sollen uns ausruhen. Gestern habe ich mich zeitig niedergelegt, aber ich konnte nicht einschlafen. Die Uhr schlug Mitternacht. Der 16. August, fiel mir ein. Der 16. August ist angebrochen … ich schlüpfte in einen Schlafrock und begann herumzugeistern. Ich wollte zu Jean-Baptiste. Überall war es totenstill, nur die Parkettfußböden knarrten. Wie ich diese Schlösser hasse … In Jean-Baptistes Arbeitskabinett stieß ich beinahe mit der weißen Marmorbüste Moreaus zusammen, die Jean-Baptiste mit sich führt. Schließlich tastete ich mich zu seinem Ankleidezimmer durch, trat ein und – wurde beinahe erschossen.
    Blitzschnell wurde nämlich eine Pistole auf mich gerichtet. Und auf Französisch zischte er: »Wer da?«
    »Ein Gespenst, Fernand«, lachte ich. »Nur ein Gespenst!«
    »Majestät haben mich sehr erschreckt«, warf mir Fernand beleidigt vor. Dann verließ er sein Feldbett und verneigte sich. Er trug ein langes Nachthemd und hielt noch immer die Pistole in der Hand. Das Feldbett verstellte den Weg zu Jean-Baptistes Schlafzimmer. »Schlafen Sie immer vor der Tür Seiner Majestät?« erkundigte ich mich. »Immer«, versicherte Fernand. »Der Marschall fürchtet sich nämlich.« Da wurde die Tür aufgerissen. Jean-Baptiste war noch angekleidet. Den grünen Augenschirm, den er im Geheimen trägt, wenn er über seinen Akten sitzt, hatte er achtlos emporgeschoben. »Was bedeutet die Störung?«, donnerte er gereizt. Ich machte einen Hofknicks. »Majestät, ein Gespenst sucht um Audienz an.«
    »Schieb das Bett weg, damit Ihre Majestät eintreten kann«, befahl Jean-Baptiste und nahm hastig den Augenschirm ab. Fernand schob das Feldbett zur Seite und hieltdabei verschämt sein Nachthemd zusammen. Dann stand ich zum ersten Mal seit unserer Ankunft in Drottningholm in Jean-Baptistes Schlafzimmer. Auf dem Schreibtisch türmten sich Akten, und auf dem Fußboden lagen Lederfolianten aufgestapelt. Er lernt also noch immer, dachte ich. Wie einst in Hannover. Wie einst in Marienburg … Jean-Baptiste streckte sich müde, und seine Stimme klang zärtlich. »Was will denn das Gespenst?« »Das Gespenst meldet sich nur«, sagte ich und ließ mich in einem Lehnstuhl häuslich nieder. »Es ist das Gespenst eines jungen Mädchens, das einst einen jungen General geheiratet und sich in ein Hochzeitsbett voll Rosen und Dornen gelegt hat.« Jean-Baptiste setzte sich auf die Lehne meines Fauteuils und legte den Arm um mich. »Und warum meldet sich das Gespenst gerade heute Nacht?«
    »Weil es genau fünfundzwanzig Jahre her ist«, sagte ich leise. »Mein Gott, dann haben wir silberne Hochzeit!«, entfuhr es ihm. Ich drückte mich an ihn. »Ja – und im ganzen Königreich Schweden wird niemand außer uns beiden daran denken. Keine Kanonenschüsse, keine Schulkinder, die Gedichte aufsagen, nicht einmal eine Regimentskapelle, die einen von Oscar zu diesem Anlass komponierten Marsch vorspielt. Wie schön, Jean-Baptiste.« »Wir sind beide einen weiten Weg gegangen«, murmelte er müde und bettete seinen Kopf an meine Schulter. »Und zuletzt bist du doch noch zu mir gekommen.« Er schloss die Augen. »Du bist am Ziel, Jean-Baptiste«, flüsterte ich. »Und trotzdem fürchtest du – Gespenster?« Er antwortete nicht. Sein Kopf lag schwer auf meiner Schulter. Er schien müde zu sein, sehr müde. »Du

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