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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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Republik entscheidende Mitteilung zumachen!« – »Hört, hört …«, vonseiten der Freunde der Bonapartes. Pfeifkonzert in den Reihen ihrer Gegner. Napoleon begann zu sprechen. Übereinstimmend behaupten alle Zeugen, er hätte gestottert, hätte etwas von einem Anschlag auf die Republik und einer Verschwörung gegen sein eigenes Leben gemurmelt, sei dann überschrien worden und schließlich verstummt. Ein allgemeiner Tumult entstand. Die Bonaparte-Anhänger drängten sich zur Tribüne durch, ihre Gegner – und diese Gegner gehörten allen Parteien an – sprangen auf, wandten sich den Ausgängen zu und fanden diese von Truppen verstellt. Wer diese Truppen eigentlich in den Saal kommandiert hatte, um die Abgeordneten »zu schützen«, ist noch nicht aufgeklärt worden. Jedenfalls sah man General Leclerc, den Mann Polettes, an ihrer Spitze. Die Nationalgarde, die ja die Aufgabe hat, die Abgeordneten zu beschirmen, schloss sich diesen Truppen an. Bald wirkte der ganze Saal wie ein Hexenkessel. Lucien und Napoleon standen dicht nebeneinander auf der Rednertribüne, eine Stimme stieß »Vive Bonaparte!« hervor, zehn Stimmen fielen ein, dreißig, achtzig. Die Galerie, wo zwischen den Journalisten plötzlich Murat, Masséna und Marmont auftauchten, brüllte. Und die Abgeordneten, denen Grenadierstiefel auf die Füße traten und die plötzlich nichts als Gewehrläufe sahen, jubelten verzweifelt: »Vive Bonaparte, vive – vive …!«
    Während sich die Soldaten in die Saalecken und auf die Galerie zurückzogen, erschien Polizeidirektor Fouché mit einigen zivil gekleideten Herren und ersuchte diskret jene Volksvertreter, von denen man befürchtete, sie würden die neue »Ruhe und Ordnung« stören, ihm zu folgen. Die Versammlung, die sich nun zu stundenlanger Beratung über eine neue Verfassung niederließ, wies Lücken auf. Der Vorsitzende verlas die Vorschläge zur Bildungeiner neuen Regierung, an deren Spitze drei Konsuln stehen sollten. Einstimmig wurde General Napoleon Bonaparte zum ersten Konsul gewählt, und als Dienstwohnung stellte man ihm auf seinen Wunsch die Tuilerien zur Verfügung. In den Abendstunden brachte Fernand die feuchten Extra-Ausgaben der verschiedenen Gazetten von der Straße. In Riesenlettern sprang der Name Bonaparte in die Augen. Ich stand bei Marie in der Küche und sagte: »Erinnerst du dich noch an das Flugblatt von damals? Bonaparte zum Militärgouverneur von Paris ernannt! Du hast mir das Flugblatt selbst auf die Terrasse gebracht, zu Hause in Marseille …« Marie füllte sorgsam die verdünnte Milch, die Oscar jetzt zu trinken bekommt, weil seine Mama eine schlechte Mama ist und ihn nicht richtig satt bekommt, in eine Flasche. »Und heute Nacht übersiedelt er in die Tuilerien, vielleicht schläft er sogar in demselben Zimmer, in dem früher der König geschlafen hat«, fügte ich hinzu. »Das würde ihm ähnlich sehen«, knurrte Marie und reichte mir die Flasche. Während ich im Schlafzimmer war und mein Kind im Arm hielt und zusah, wie gierig Oscar schluckte und schmatzte, kam Jean-Baptiste herauf und setzte sich zu mir. Fernand stampfte herein und reichte ihm einen Zettel. »Melde gehorsamst, das ist soeben von einer unbekannten Frauensperson abgegeben worden.« Bernadotte warf einen Blick auf das Blatt, dann hielt er es mir vor die Augen. Da stand in aufgeregt zittrigen Schriftzügen: »General Moreau soeben verhaftet worden.«
    »Eine Botschaft von Madame Moreau, die sie durch ihr Küchenmädchen überbringen ließ«, meinte Jean-Baptiste. Oscar schlief ein, und wir gingen hinunter, und seitdem warten wir auf die Staatspolizei. Ich begann in mein Buch zu schreiben.
    Es gibt Nächte, die kein Ende nehmen.
    Plötzlich hielt ein Wagen vor unserm Haus. Jetzt holen sie ihn, durchfuhr es mich. Ich sprang auf und ging in den Salon. Jean-Baptiste stand regungslos in der Mitte des Raumes und lauschte angespannt. Ich trat neben ihn, und er legte den Arm um meine Schultern. Noch nie in meinem Leben bin ich ihm so nahe gewesen. Einmal, zweimal, dreimal schlug der Türklopfer. »Ich werde öffnen«, sagte Jean-Baptiste und ließ mich los. Im gleichen Augenblick hörten wir Stimmen. Zuerst eine Männerstimme und dann das Lachen einer Frau. Meine Knie gaben nach, und ich fiel in den nächsten Stuhl und musste mir plötzlich Tränen aus den Augen wischen. Es war Julie. Mein Gott, es war nur Julie …
    Da standen sie alle im Salon. Joseph und Lucien und Julie. Mit zitternden Händen setzte ich

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