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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Schrotpatrone.
Etwas war an ihre Stelle getreten: ein Stück steifes Papier.
»David?« rief Steve vom offenen Fenster des Busses her.
»Stimmt was nicht?«
Er schüttelte den Kopf, machte mit einer Hand die Autotür
auf und zog mit der anderen das zusammengefaltete Stück
Papier aus der Tasche. Es war blau. Und es kam ihm bekannt
vor, obwohl er sich nicht erinnern konnte, daß er gestern
schon so ein Stück Papier in der Tasche gehabt hatte. Es war
ein unregelmäßiges Loch darin, als wäre es irgendwo festgesteckt worden. Als ob
Laß deinen Ausweis hier.
Das hatte die Stimme an jenem Tag im vergangenen Herbst
als letztes gesagt, als er zu Gott gebetet hatte, er möge dafür sorgen, daß es Brian besser ging. Er hatte es nic ht verstanden, aber
er hatte gehorcht und den blauen Ausweis an einen Nagel
gehängt. Als er den Vietcong-Wachposten das nächste Mal besucht hatte - eine Woche später? zwei? - war der Ausweis nicht
mehr da gewesen. Von einem Jungen mitgenommen, der die
Telefonnummer eines Mädchens aufschreiben wollte, oder
möglicherweise vom Wind fortgeweht. Aber… nun war er hier. Wait a minute baby, let it happen to you.
Steve Winwoods Gesang, ausgesprochen cool.
Nein, dachte er. Das kann nicht sein.
»David?« Mary. Weit entfernt. »David, was ist denn?« Kann nicht sein, dachte er wieder, aber als er das Papier auseinanderfaltete, waren die Worte darauf altbekannt für ihn:
WEST WENTWORTH MIDDLE SCHOOL
101 Viland Avenue
     
Dann, in großen schwarzen Druckbuchstaben:
     
VOM UNTERRICHT BEFREIT
     
Und zuletzt:
    Ein Elternteil des befreiten Schülers muß diesen Ausweis unterschreiben. Der Ausweis muß im Sekretariat abgegeben
werden.
Aber es kam noch mehr. Unter der letzten gedruckten Zeile
stand eine kurze, mit der Hand gekritzelte Botschaft.
Etwas bewegte sich in ihm. Etwas Riesiges. Seine Kehle war
wie zugeschnürt, dann wurde sie wieder frei und stieß einen
langen, wimmernden Schrei aus, der nur oberflächlich Kummer ausdrückte. David schwankte und hielt sich am Dach des
Acura fest, ließ den Kopf auf den Arm sinken und fing an zu
schluchzen. Aus weiter Ferne hörte er, wie die Türen des Busses geöffnet wurden und Steve und Cynthia zu ihm gelaufen
kamen. Er weinte. Er dachte an Törtchen, die ihre Puppe hielt
und lächelnd zu ihm aufschaute. Er dachte an seine Mutter,
die in der Wäschekammer zu der Musik im Radio tanzte, das
Bügeleisen in einer Hand, und über ihre eigene Albernheit
lachte. Er dachte an seinen Vater, der auf der Veranda saß, die
Füße aufs Geländer gelegt, in einer Hand ein Buch, in der anderen ein Bier, und ihm zuwinkte, als er von Brian nach Hause
kam und in der zunehmenden Dämmerung sein Fahrrad die
Einfahrt hinauf in die Garage schob. Er dachte daran, wie lieb
er sie hatte und immer haben würde.
Und Johnny. Johnny, der am dunklen Eingang des ChinaSchachts stand und sagte: Manchmal läßt er uns leben. David weinte mit gesenktem Kopf und hielt den VOM-UNTERRICHT-BEFREIT-Ausweis zusammengeknüllt in der geballten Faust, während dieses riesige Ding sich in ihm bewegte, so etwas wie ein Erdrutsch … nur vielleicht nicht ganz
so schlimm.
Am Ende vielleicht nicht ganz so schlimm.
»David?« Das war Steve, der ihn schüttelte. »David!«
»Mir geht es gut«, sagte er, hob den Kopf und wischte sich
mit einer zitternden Hand die Augen.
»Was ist passiert?«
»Nichts. Alles okay. Fahren Sie los. Wir folgen Ihnen.«
Cynthia sah ihn zweifelnd an. »Sicher?«
Er nickte.
Sie gingen zurück, warfen ihm aber über die Schultern Blicke
zu. Es gelang David, ihnen zuzuwinken. Dann stieg er in den
Acura ein und schlug die Tür zu.
»Was war denn?« fragte Mary. »Was hast du gefunden?«
Sie streckte den Arm nach dem zerknüllten, steifen Stück
blauen Papiers aus, aber David behielt es vorerst in der Hand.
»Erinnern Sie sich, als der Cop Sie in den Zellentrakt gestoßen
hat, wo wir waren?« fragte er. »Wie Sie nach der Schrotflinte
gegriffen haben?«
»Das werde ich nie vergessen.«
»Während Sie mit ihm gekämpft haben, ist eine Schrotpatrone vom Schreibtisch gefallen und zu mir gerollt. Als ich die
Möglichkeit hatte, hab ich sie aufgehoben. Johnny muß sie
mir aus der Tasche gestohlen haben, als er mich festgehalten
hat. Im Schacht. Nachdem mein Dad getötet worden war.
Johnny hat die Patrone benutzt, um das ANMO zu zünden.
Und als er sie mir aus der Tasche genommen hat, hat er das
dafür reingetan.
»Was reingetan? Was ist das?«
»Das ist ein VOM-UNTERRICHT-BEFREIT-Ausweis

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