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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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den Nebel, der seine Gedanken verdrängen wollte, und gegen seine zunehmende Schwäche. Schließlich berührten seine Finger etwas, rutschten ab,
berührten es wieder, bekamen es zu fassen und zogen es heraus.
Eine fette grüne Schrotpatrone.
Johnny schob sie in die Öffnung auf dem Grund des ini und
war nicht überrascht, daß sie wie angegossen paßte und das
stumpfe, kreisrunde Ende fest auf den ANMO-Kügelchen
ruhte.
»Jetzt bist du fällig, du Drecksack«, krächzte er.
Nein, flüsterte eine Stimme in seinem Kopf. Nein, das wagst
du nicht.
Johnny betrachtete den kleinen Messingkreis, der das Loch
auf dem Grund des ini verstopfte. Er umklammerte mit rapide schwindender Kraft den Griff des Hammers und dachte
daran, was der Cop gesagt hatte, als er ihn auf den Rücksitz
des Streifenwagens schubste. Du bist ein trauriger Abklatsch von
einem Schriftsteller, hatte der Cop gesagt. Und du bist ein trauriger Abklatsch von einem Mann.
Johnny benützte die freie Hand, um den Helm mit dem
Handballen der linken Hand hochzuschieben. Er lachte wieder, als er den Hammer hoch über den Kopf hob, und er lachte
auch noch, als er damit genau auf den Messingboden der
Schrotpatrone schlug.
»GOTT VERGIB MIR, ICH HASSE KRITIKER!«
Ihm blieb ein Sekundenbruchteil Zeit, um sich zu fragen, ob
er es geschafft hatte, dann wurde seine Frage von einem erblühenden, gleißenden und lautlosen Weiß beantwortet. Es war,
als würde er in eine Rose hineinfallen.
Johnny Marinville ließ sich fallen, und seine letzten Gedanken galten David
- war David entkommen, war David in
Sicherheit, ging es ihm gut, würde es ihm später gutgehen? Vom Unterricht befreit, dachte Johnny, und dann war auch
das verschwunden.
Fünfter Teil
Highway 50:
Vom Unterricht befreit
1
    Tote Tiere lagen in einem ungefähren Kreis um den Bus herum
- hauptsächlich Geier und Kojoten -, aber Steve bemerkte sie
kaum. Das Bedürfnis, hier rauszukommen, fraß ihn förmlich
von innen her auf. Die Steilhänge der China-Grube ragten
über ihm auf wie die Wände eines frisch ausgehobenen Grabes. Er erreichte den Bus ein wenig vor den anderen (Cynthia
und Mary flankierten David, jede hielt einen Arm des Jungen,
aber es sah nicht so aus, als würde er stolpern) und riß die
Beifahrertür auf.
»Steve, was -« begann Cynthia.
»Einsteigen! Fragen kannst du später!« Er half ihr auf den
Sitz. »Rutsch rüber! Mach Platz!«
Sie gehorchte. Steve drehte sich zu David um. »Wirst du
Schwierigkeiten machen?«
David schüttelte den Kopf. Seine Augen blickten
stumpf
und gleichgültig, aber das überzeugte Steve nicht völlig. Der
Junge war erfinderisch, das hatte er schon unter Beweis gestellt, bevor er und Cynthia ihn kennengelernt hatten. Er
hievte David auf den Sitz und drehte sich zu Mary um. »Rein
mit Ihnen. Wir müssen ein wenig zusammenrücken, aber
wenn wir bis jetzt keine Freunde sind -«
Sie stieg in die Kabine ein und machte die Tür hinter sich
zu, während Steve um den Bus herumlief und dabei auf einen
Geier trat. Es war, als wäre er auf ein mit Knochen gefülltes
Kissen getreten.
Wie lange war der Boß fort? Eine Minute? Zwei? Er hatte
keine Ahnung. Sein Zeitgefühl, das er einmal gehabt haben
mochte, war völlig dahin. Er schwang sich auf den Fahrersitz
und dachte nur einen Augenblick daran, was sie tun sollten,
wenn der Motor nicht anspringen würde. Die Antwort,
nichts, fiel ihm sofort ein. Er nickte, drehte den Schlüssel
herum, und der Motor heulte auf. Einen Augenblick später
fuhren sie an.
Er wendete den Ryder in einem großen Kreis und passierte
dabei die schweren Maschinen, das Pulvermagazin und das
Bürogebäude. Zwischen den beiden letzteren stand der staubige Streifenwagen, Fahrertür offen, Sitze mit Collie Entragians Blut verschmiert. Als er ihn ansah hineinsah -, wurde
Steve kalt und ein wenig schwindlig, als würde er von einem
hohen Gebäude hinuntersehen.
»Hol dich der Teufel«, sagte Mary leise und drehte sich um,
damit sie den Streifenwagen sehen konnte. »Hol dich der Teufel. Und ich hoffe, du hörst mich.«
Sie fuhren über eine Unebenheit, und der Bus wurde
schrecklich durchgeschüttelt. Steve flog vom Sitz hoch und
stieß sich die Oberschenkel am Lenkrad und den Kopf an der
Decke an. Er hörte ein gedämpftes Scheppern, als das Zeug
hinten in der Kabine herumflog. Hauptsächlich das Zeug vom
Boß.
»He«, sagte Cynthia nervös. »Glaubst du nicht, daß du für
eine Schotterstraße ein bißchen zu sehr auf den Pinsel trittst,
Großer?« fragte

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