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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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nannte diesen
Abschnitt der US 50 den »einsamsten Highway Amerikas«,
und Peter Jackson war der Meinung, daß diese Beschreibung
genau den Kern der Sache traf. Natürlich war er ein Junge
aus New York und vermutete, daß er an einem verschärften
Fall von Gruseln litt. Wüstenagoraphobie, Ballsaal-Syndrom,
etwas in der Art.
»Nein, eine Tigerkatze«, sagte sie. »Was spielt das für eine
Rolle?«
»Ich mußte an Satansjünger in der Wüste denken«, sagte er.
»Hier soll es von kaputten Typen nur so wimmeln, hat Marielle das nicht gesagt?«
>»Eindringlich< war das Wort, das sie benutzt hat«, sagte
Mary. »>Nevada ist voll von eindringlichen Menschen. < Zitat
Ende. Gary hat ziemlich dasselbe gesagt. Aber da wir niemand gesehen haben, seit wir über die kalifornische Grenze gekommen sind -«
»Nun, in Fallon -«
»Boxenstops zählen nicht«, sagte sie. »Obwohl die Leute
selbst dort …« Sie sah ihn mit einem komischen, hilflosen
Ausdruck an, den er in diesen Tagen nicht oft von ihr zu sehen
bekam, obwohl er in der Zeit nach ihrer Fehlgeburt ziemlich
häufig gewesen war. »Warum sind sie hier, Pete? Ich meine,
ich würde das nicht bei einer Cocktailparty sagen, nicht einmal zu Gary und Marielle, aber warum sind Leute hier? Ich
meine, in Vegas und Reno, das könnte ich verstehen … sogar
Winnemucca und Wendover …«
»Die Leute, die aus Utah zum Spielen dorthin kommen,
nennen Wendover Bend Over«, sagte Pete grinsend. »Das hat
mir Gary erzählt.«
Sie ging nicht weiter darauf ein. »Aber der Rest des Bundesstaats … die Leute, die dort sind, warum kommen die, und
warum bleiben sie? Ich weiß, ich bin in Queens geboren und
aufgewachsen, darum kann ich es wahrscheinlich nicht
verstehen, aber -«
»Bist du sicher, daß es keine weiße Katze war? Oder eine
schwarze?« Er sah in den Rückspiegel, aber bei knapp unter
siebzig Meilen pro Stunde war das Verkehrszeichen längst mit
dem scheckigen Hintergrund aus Sand, Mesquitesträuchern
und dunkelbraunen Vorbergen verschmolzen. Aber jetzt fuhr
endlich ein weiteres Fahrzeug hinter ihnen; er konnte die
gleißende Spiegelung der Sonne auf der Windschutzscheibe
sehen. Vielleicht eine Meile entfernt. Vielleicht zwei.
»Nein, wie schon gesagt, eine Tigerkatze. Beantworte meine Frage. Wer sind die Steuerzahler im zentralen Nevada, und
was hält sie hier?«
Er zuckte die Achseln. »Es ist ein weites Land, und es gibt nicht viele Steuerzahler hier draußen. Fallon ist die größte
Stadt am Highway 50 und lebt vorwiegend von der Landwirtschaft. Im Reiseführer steht, daß sie einen Stausee angelegt
und dadurch Bewässerung möglich gemacht haben. Hauptsächlich bauen sie Melonen an. Und ich glaube, es gibt einen
Militärstützpunkt in der Gegend. Fallon war eine Station des
Pony-Expreß. Hast du das gewußt?«
»Ich würde abhauen«, sagte sie. »Mir einfach meine Melonen nehmen und wegziehen.«
Er strich ihr kurz mit der rechten Hand über die linke Brust.
»Das ist ein hübsches Paar Melonen, Ma’am.«
»Danke. Aber nicht nur aus Fallon. Aus jedem Bundesstaat,
wo man weit und breit kein Haus sehen kann, nicht mal einen
Baum, und wo sie Katzen an Verkehrsschilder nageln, würde
ich wegziehen.«
»Nun, das ist eine Frage der Wahrnehmung«, sagte er mit
Bedacht. Manchmal konnte er nicht sagen, wann es Mary
ernst war und wann sie ihn veräppelte, und dies war eins
dieser Male. »Weil du jemand bist, der in einer Großstadtumgebung aufgewachsen ist, liegen Landstriche wie das
Große Becken ziemlich weit außerhalb deiner Wahrnehmung. Meiner übrigens auch. Der Himmel allein reicht
schon aus, daß ich ausflippe. Seit wir heute morgen losgefahren sind, spüre ich, wie er da oben ist und auf mich
runterdrückt.«
Mary nickte. »Ich auch. Es ist einfach zu gottverdammt viel
davon da.«
»Tut es dir leid, daß wir diesen Weg genommen haben?« Er
sah in den Rückspiegel und stellte fest, daß das Fahrzeug hinter ihnen aufgeholt hatte. Es war kein Lastwagen, wie sie sie
ausschließlich gesehen hatten, seit sie von Fallon aufgebrochen waren (und alle waren in die Gegenrichtung gefahren,
nach Westen), sondern ein Pkw. Und er hatte keinen schlechten Zahn drauf.
Sie dachte darüber nach, dann schüttelte sie den Kopf.
»Nein, es war schön, Gary und Marielle zu besuchen, den
Lake Tahoe zu sehen -«
»Der war wunderschön, nicht?«
»Unglaublich. Selbst das hier …« Mary sah zum Fenster
hinaus, »entbehrt nicht einer gewissen Schönheit, das will ich
nicht sagen. Und ich denke, ich werde

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