Desperation
meiner Schule in Ohio. Letzten Herbst hab ich ihn auf einem
Baum an einen Nagel gehängt und dort gelassen.«
»Auf einem Baum in Ohio. Letzten Herbst.« Sie sah ihn
nachdenklich an, mit sehr großen und ruhigen Augen. »Letzten Herbst!«
»Ja. Ich hab keine Ahnung, wo er ihn her hat … und ich
weiß nicht, wo er ihn hatte. Im Pulvermagazin habe ich ihn
sämtliche Taschen ausleeren lassen. Ich hatte Angst, er könnte
eines der can tahs aufgehoben haben. Da hatte er den Ausweis
noch nicht bei sich. Er hat sich bis auf die Unterwäsche ausgezogen, und er hatte ihn nicht bei sich.«
»Oh, David«, sagte sie.
Er nickte und gab ihr die blaue Ausweiskarte. »Steve wird
wissen, ob das seine Handschrift ist«, sagte er. »Ich wette eine
Million Dollar, daß sie es ist.«
Sie las die krakelige Botschaft, wobei sich ihre Lippen bewegten. »Ich würde eine Million wetten, daß es seine Handschrift
ist, wenn ich eine Million hätte«, sagte sie. »Verstehst du die
Verweisung, David?«
David nahm den blauen Ausweis. »Natürlich. Der erste
Brief des Johannes, Kapitel 4, Vers 8. >Gott ist Liebe.<«
Sie sah ihn lange an. »Stimmt das, David? Ist er die Liebe?«
»O ja«, sagte David. Er faltete den Ausweis an dem Kniff
entlang. »Ich schätze, irgendwie ist er … alles.«
Cynthia winkte. Mary winkte zurück und zeigte ihr den
aufwärts gestreckten Daumen. Steve fuhr an, und Mary folgte
ihm; die Reifen des Acura rollten widerwillig durch die erste
Sandverwehung, dann gewannen sie an Tempo.
David lehnte den Kopf an den Sitz zurück, machte die
Augen zu und fing an zu beten.
Bangor, Maine
1. November 1994-5. Dezember 1995
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