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Dessen, S

Dessen, S

Titel: Dessen, S Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Because of you
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das nicht großartig? Überlegen Sie doch mal. Die Leute können sich festlich anziehen, wir wählen eine Ballkönigin mitsamt König, spielen schmalzige Tanzmusik   …«
    Ich ging wieder in mein Zimmer, zu meinen Büchern und Notizen. Machte es mir zum Lernen auf dem Bett bequem, aber ich konnte mich nicht konzentrieren. Mein Blick fiel auf den Laptop auf dem Nachttisch. Ehe ich mich bremsen konnte, war ich online und gab HOPPER BIKE SHOW RANDALLTON ein.
    Zehn Videos wurden angezeigt. Ich klickte auf eins, das RAMPE hieß.
    Es war das Video, das die anderen sich auch angeschaut hatten: Am Helm und am Hintergrund erkannte ich es wieder. Im Vergleich zu allem, was ich bei den anderen im Jump-Park beobachtet hatte, sahen Elis Sprünge anders aus. Er wirkte so elegant, so unangestrengt, dass umso deutlicher wurde, wie schwer es tatsächlich sein musste. Während er jedes Mal höher sprang – und noch höher und noch höher   –, sprang mein Herz gleich mit. Es war so gefährlich – man konnte beim Zuschauen richtig Angst kriegen – und gleichzeitig so schön. Wenn man etwas wirklich Großes vollbringen wollte   … vielleicht
durfte
es einem dann gar nicht leicht gemacht werden. Denn wenn es zu einfach war, wäre ja
alles
groß, großartig, grandios. Am wertvollsten waren die Dinge, um die man kämpfen,für die man sich quälen musste. Und wenn man sie erreicht hatte, kämpfte man umso mehr darum, dass man sie nicht verlor.
    ***
    Am nächsten Morgen, nach einer Woche beklommener kurzer Telefonate, ging ich schließlich zum
Condor
, um meinen Vater zu besuchen. Er hatte die Vorhänge in seinem Zimmer zugezogen und sich einen Bin-auf-einer-einsamen-Insel-verschollen-Bart zugelegt. Nachdem er mir die Tür geöffnet hatte, ließ er sich auf das ungemachte Bett fallen, streckte die Arme über dem Kopf aus und schloss die Augen.
    »Also, erzähl mal.« Er stieß einen langen, lauten Seufzer aus. »Wie ist mein Leben ohne mich?«
    Ich schaffte es, zwei Impulse gleichzeitig zu unterdrücken: die Augen zu verdrehen und seine Frage zu beantworten. Stattdessen konterte ich mit einer Gegenfrage: »Redest du denn nicht mehr mit Heidi?«
    »Reden.« Er winkte spöttisch ab. »Oh, wir reden schon. Wir reden ununterbrochen. Doch gesagt wird nichts. Um es kurz zu machen: Wir sind unterschiedlicher Meinung. Und ich fürchte, das wird sich nicht ändern.«
    Ich wollte die schmutzigen Details ihrer Beziehung gar nicht erfahren. Es langte mir völlig zu wissen, dass es Probleme gab, die unüberwindlich und unlösbar waren. Doch da außer mir niemand da war, hatte ich das Gefühl, nachfragen zu müssen. »Hat es mit   … ist es wegen des Babys?«
    Er richtete sich etwas auf, bedachte mich mit einem waidwunden Blick. »Ach, Auden. Behauptet sie das?«
    »Sie behauptet gar nichts. Sie erzählt eigentlich sehr wenig.« Ich schob die schweren Vorhänge beiseite. »Ich frage nur, weil ich möchte, dass ihr beiden das wieder hinkriegt. Das ist alles.«
    Ich fing energisch an, leere Kaffeebecher und Imbisstüten einzusammeln. Er beobachtete mich. Schließlich meinte er: »Ich bin verblüfft, dass du dir deswegen überhaupt den Kopf zerbrichst. Ich dachte, du kannst Heidi nicht einmal leiden.«
    »Bitte?« Ich warf ein paar klebrige, mit Ketchup verschmierte Servietten in den überquellenden Papierkorb. »Natürlich kann ich sie leiden.«
    »Du hältst sie nicht für irgendeine hirn- und seelenlose Barbiepuppe?«
    »Nein.« Dass das vielleicht einmal der Fall gewesen war, verdrängte ich geflissentlich. »Wie kommst du darauf?« Ich ging ins Bad, um mir die Hände zu waschen.
    »Weil deine Mutter sich in etwa so ausgedrückt hat«, sagte er. »Und ihr zwei habt die Tendenz, ähnlich zu denken.«
    Ich schaute überrascht auf, in den Spiegel. Sah mir in die Augen und dann wieder weg. Vielleicht hatte auch das einmal gestimmt. »Nicht in allem«, antwortete ich.
    »Das ist das Wunderbare an deiner Mutter«, fuhr er versonnen fort, während ich vergeblich nach einem sauberen Handtuch Ausschau hielt. »Man weiß immer, was sie denkt. Muss nicht rumraten, die verdeckten Signaleund Codes deuten. Wenn sie unglücklich war, wusste ich es sofort. Heidi hingegen   …«
    Ich kehrte ins Zimmer zurück, setzte mich auf das zweite Bett. »Was ist mit Heidi?«
    Erneuter schwerer Seufzer. »Sie verbirgt so viel. Vergräbt es tief in sich. Man denkt, alles ist in Ordnung, doch dann explodiert sie plötzlich und man bekommt die ganze Ladung mitten ins

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